Was unterscheidet die beiden unterfränkischen Regionalligisten TSV Aubstadt und SV Viktoria Aschaffenburg, die diesen Samstag um 14 Uhr in der NGN-Arena aufeinandertreffen? Zunächst einmal ihre Tabellensituation: Die Gastgeber sind Fünfter (55 Punkte), gefühlt jenseits von Gut und Böse. Wobei das Gefühl von Spiel zu Spiel mehr die Leistungen und Ergebnisse beeinflusst, auch wenn man es nicht wahrhaben will. Die Gäste sind 13. (35) mit fünf Punkten Vorsprung auf den Relegationsplatz: Vor diesem Spiel und dem in einer Woche gegen Ansbach fast gesichert, mit einem Sieg auf jeden Fall.
Weitere Gemeinsamkeiten? Altersdurchschnitt des Kaders 25,7 zu 25,3 Jahre, dessen fiktiver Gesamtwert laut dem Onlineportal transfermarkt.de 1,46 zu 1,30 Millionen Euro. Vereinsmitglieder 475 zu 480. Die Direktbilanz der Dorf-Mannschaft (700 Einwohner) gegen die aus der Stadt (70.000) in den vergangenen zehn Jahren Bayernliga und Regionalliga: fünf Siege, zwei Unentschieden, sechs Niederlagen. Das Hinspiel der laufenden Runde endete 0:0. Die relative Erfolglosigkeit nach der Winterpause haftet beiden Teams gleichermaßen an. Aubstadt mühte sich in zwölf Spielen zu drei 1:0-Siegen, sechs Unentschieden und drei Niederlagen, erzielte dabei nur zwölf Tore.
Die Viktoria blieb auf ihrem Weg zum Klassenerhalt (2-4-5) die vergangenen vier Spiele ungeschlagen, Aubstadt zuletzt sechsmal sieglos. Die gegenläufigen Formkurven der beiden Kontrahenten sollten Warnung genug sein für die TSV-Truppe, die im Sommer und Herbst noch deutlich besseren Fußball gespielt hatte. Es war die Zeit, in der man sich das eigene Selbstbewusstsein dermaßen aufgebaut hatte, dass man sich im Vorfeld mehr der eigenen Stärken besann als den Gegner in den Fokus zu rücken.
Umschaltspiel von Viktoria Aschaffenburg sticht hervor
Beim Gegner vom Untermain fällt auf, dass vier Protagonisten, weil jenseits von 30 Jahren, legitim in der Altherren-Mannschaft spielen dürften. Torhüter Max Grün (37) aus Karlstadt ist beim FC Bayern München ausgebildet worden und hat für Wolfsburg und Mönchengladbach in der ersten, für Fürth und Darmstadt zudem in der zweiten Bundesliga gespielt. Zuletzt beim 0:0 gegen Illertissen hatte Trainer Simon Goldhammer auch Daniel Cheron (37), Hamza Boutakhrit (31) und Benjamin Baier (35) nominiert.
Goldhammer hatte nach dem Unentschieden gegen die stärkste Rückrundenmannschaft der Regionalliga Bayern (2,55 Punkte pro Spiel) viel Lob für sein Team zur Verfügung. "Ein leidenschaftlicher Kampf" sei es gewesen. Sogar ein Sieg war drin, hätte Florian Piepers Lattenschuss gesessen. Besonders das Umschaltspiel der griffigen Viktoria funktionierte bestens. Und Lars Kleiner, ein wieselflinker offensiver Mittelfeldspieler, versteckt sich hinter der defensiven Rückennummer 3.
Was aber hatte Julian Grell über die Vorstellung seiner Mannschaft in Ansbach (1:4) zu sagen: "Wir brauchen eigentlich gar nicht drüber reden, dass wir zurzeit zu viele einfache Gegentore bekommen." Acht in den letzten drei Spielen. "Das war ein desaströses Abwehrverhalten, das in der Regionalliga knallhart bestraft wird. Hinzu kommt, dass wir momentan nach vorne viel zu harmlos sind und zu wenig Tore schießen. Wir müssen schauen, dass wir schnellstmöglich wieder aufstehen und eine Mannschaft auf den Platz bringen, die füreinander läuft und kämpft und alles raushaut für den TSV Aubstadt", forderte der TSV-Trainer.
Wie die Form einer einst so stabilen Mannschaft den Bach runter gehen kann, ist ein Rätsel. Vielleicht fällt momentan der Mannschaft vor die Füße, was sie sich in jener besten Hinrunde der Vereinsgeschichte aufgebaut hat: Einen satten Vorsprung als Tabellendritter und die Option auf Platz zwei. Dann ließen erst die Ergebnisse nach, dann die Leistungen.
TSV-Trainer Julian Grell will Unruhe vermeiden
"Wir sind in einer schwierigen Situation, das ist allen bewusst", hat Grell erkannt. "Das Letzte, was wir jetzt brauchen, ist Unruhe." Als er vor 14 Monaten zusammen mit Josef Francic zum Retten des Klassenerhalts angetreten war, war die Situation auch schwierig gewesen, nur anders. Im Vergleich dazu ist es aktuell ein Jammern auf hohem Niveau. "Wir wollen wieder unser wahres Gesicht zeigen, uns in den letzten zwei Spielen voll rein hängen, damit man uns zumindest keinen Vorwurf von dritter Seite aus machen kann", sagte Grell.