
Zur Halbzeit des Regionalligaspiels zwischen dem TSV Aubstadt und dem 1. FC Nürnberg II (2:1) wussten die über 1000 Zuschauerinnen und Zuschauer nicht so recht, was sie vom 0:0-Pausenstand halten sollten. War doch mit diesen rotzfrech und dennoch total diszipliniert aufspielenden Jungspunden vom Valznerweiher eine wesentlich härtere Nuss zu knacken, als viele im Vorfeld angenommen hatten. Gewiss hatte Aubstadt in sechs Begegnungen mit dem 1. FC Nürnberg II noch nie gewonnen. Aber als unbesiegter Tabellenführer mit erst einem Gegentor in fünf Spielen sollten die größere Reife und das grenzenlose Selbstvertrauen der Truppe von TSV-Trainer Julian Grell diesmal doch dafür sorgen.
Auch gegen den 1. FC Nürnberg II kommen wieder mehr als 1000 Zuschauerinnen und Zuschauer
Dann lief es jedoch zunächst wieder wie gegen Türkgücü München zwei Wochen zuvor. 0:0 zur Halbzeit und sogar die Mehrheit der Spielanteile auf Seiten der Youngster von Trainer Andreas Wolf. Den Ex-Profi beim Club, der da nicht ganz so strahlte wie Michael Wiesinger, der Leiter des Nachwuchsleistungszentrums, der ihm da einen Haufen technisch begnadeter Fußball-Individuen übergeben hatte. Die es nur noch teamfähig zu erziehen gilt. Eigentlich sah das aber schon sehr Regionalliga-reif aus. Nur das Zählbare fehlte, die Tore.
Während Grells Elf noch nicht einmal in Sachen Chancen bemerkenswert fündig geworden war. Kaum Lücken gab es in der Gäste-Abwehr. Und wenn doch, dann waren die Abschlüsse zu halbherzig. Aber jetzt sollte es doch wie gegen Türkgücü werden, rauschender Angriffsfußball ab dem Anpfiff zur zweiten Halbzeit. Die Kulisse war ja fast die gleiche: Neuer Saisonrekord sogar, nach 1024 und 1079 nun 1088. Dazu die gleißende Abendsonne – auch wie gegen Türkgücü.
Doch diese Nürnberger, die bisher daheim auf dem Max-Morlock-Platz zwei Mal verloren hatten, auswärts noch ungeschlagen waren, aber nur vier Punkte hatten, wankten nur ein paar Mal, fielen aber nicht. Weil Grells Forderung, mit dem Ball besser zu spielen als in Würzburg, noch unerfüllt blieb. Dann kam die 70. Minute, Aubstadt hatte mehr riskiert, aber weit vorne den Ball verloren. Blitzschnell liefen die Stafetten der Gäste in den Aubstädter Strafraum und zu Tim Janischs Abschluss ins TSV-Tor.
Zwei Einwechselspieler sorgen in der Schlussphase für die Wende
Nicht unverdient, das erste Heim-Gegentor der Saison, der zweite Rückstand. Wieder ein Alleinstellungsmerkmal dahin. Fiele noch eines weg, wäre es die erste Saisonniederlage. Grell brachte anschließend mit Max Schebak, Christopher Bieber und Philipp Harlaß viel Angriffspotenzial rein. Der 1. FC Nürnberg II aber, typisch Jugendfußballer, ergötzte sich an der Situation, wollte das zweite Tor.
Zwei Wechselspieler, einer hüben, einer drüben, wendeten, gewollt und ungewollt, fortan das Spiel. Die TSV-Bank forderte Christian Köttlers Einwechslung noch vor einem Eckball: Auftrag Kopfballtor und dann hinten rein. Es war Köttlers erster Einsatz in dieser Regionalliga-Saison nach Achillessehnen-Problemen. Sein 1:1 wurde ein Stochertor aus dem Gewühle – lange Kerle haben auch lange Beine.

Der Wechselspieler von der Nürnberger Bank war gerade einmal zwei Minuten auf dem Feld, fabrizierte im Strafraum gegen Martin Thomann ein Foul und produzierte so den Elfmeter in der 90. Minute, den Marco Nickel eiskalt zum fünften Saisonsieg verwandelte - dem ersten gegen den 1. FC Nürnberg II im achten Anlauf. So dass fünf Nachspielminuten später einige Jung-Clubberer auf dem Platz lagen und enttäuscht auf den Rasen einschlugen. Sie waren ja auch nicht unbedingt die schlechtere Mannschaft gewesen.
Marco Nickel übernimmt Verantwortung und bleibt beim Elfmeter eiskalt
"Jeder von uns hat daran geglaubt, dass wir das Spiel drehen können", sprudelte es aus dem coolen Elfmeter-Schützen Nickel nur so heraus. Wie geklärt worden sei, wer den Elfmeter schießt? "Ich habe mich gut gefühlt, einfach den Ball genommen und geschossen. Wer ihn schießt, ist doch am Ende egal. Die Hauptsache, er ist drinnen. Ich war schon immer ein Spieler, der bereit ist, Verantwortung zu übernehmen. In solchen Situationen wie heute in der letzten Minute war das nicht anders als sonst – und hat doch ganz gut funktioniert."
TSV-Trainer Julian Grell war hinterher diesmal mehr geschafft als an den ersten fünf Spieltagen. "Großer Respekt vor meiner Mannschaft. So etwas, gegen diesen starken Gegner, schafft man nicht, wenn man so daher gelaufen kommt. So etwas muss man sich hart erarbeiten." Und – logischer Zusatz diese Runde - "man muss an sich glauben. Wir müssen uns aber noch steigern".
Wie sah Christian Köttler sein Tor im ersten Punktspiel-Kurzeinsatz? "Julian wollte, dass ich unbedingt vor der Ecke noch rein gehe. Dann ist mir der Ball halt vor die Füße gefallen. Ein bisschen Glück war da auch dabei." Sein Temperament lässt Köttler halt eher auf dem Platz raus als danach vor dem Mikro.