Die Franken und die Thüringer sind an sich keine Emotionsmonster. Diejenigen, die regelmäßig in die Shakehands-Arena zu den Spielen des Tischtennis-Bundesligisten TSV Bad Königshofen kommen, vielleicht schon ein bisschen. Am Sonntagabend brachen die Gefühle gar eruptionsartig aus ihnen heraus, als Jin Ueda um 18.03 Uhr seinen Matchball zum 11:9 verwandelte, und damit sich und seiner Mannschaft den Sieg sowie Rang drei in der Tabelle sicherte. Angesichts des Play-off-Einzugs rockte die Arena, lagen sich Bekannte und Wildfremde wie beste Freunde in den Armen.
Die als Tischtennis-Tempel dienende Dreifach-Schulturnhalle erlebte an diesem Wochenende das größte sportliche Ereignis, seit sie vor knapp 50 Jahren erbaut worden war. Dasselbe gilt für den TSV 1861 Bad Königshofen und seine Abteilung Tischtennis, der mit Rang drei im Endklassement der Tischtennis-Bundesliga historisches gelungen war.
Eine Saison, von der man anfangs dachte, dass es sie angesichts extremer personeller Engpässe nur zu überstehen gelte, wurde mit der Teilnahme am Halbfinale um die deutsche Meisterschaft gekrönt. Die Play-offs werden von Bad Königshofen (3./24:16), Saarbrücken (1./34:6), Düsseldorf (2./26:14) und Bremen (4./22:18) im Modus "Best of three" ausgetragen. Für die Unterfranken geht´s am Pfingstmontag mit einem Heimspiel gegen Borussia Düsseldorf los, den 33-fachen deutschen Meister und sechsmaligen Champions-League-Sieger. Mit den Weltklasse-Athleten Timo Boll, dem Europameister Dang Qiu und dem Schweden Anton Källberg.
Diesen Triumph machten Bastian Steger, Filip Zeljko und Jin Ueda mit einer höchst ambitionierten und konzentrierten Leistung perfekt, nachdem das Team acht Tage zuvor seinen ersten Matchball gegen Mühlhausen noch vergeben hatte. Der bisher unbesiegte Martin Allegro musste gar nicht mehr antreten.
Dabei ist es schon Ironie des Schicksals, dass die Mannschaft, die sukzessive um Lokalmatadors Kilian Ort herum aufgebaut worden war, ausgerechnet in der Saison diesen Erfolg feiern darf, die er wegen zweier Rücken-Operationen verpasste. Lobeslieder sangen die Fans und Josef Weber, der Frontsänger der Ping-Pong-Ultras, immer wieder auch auf ihn, obwohl er am Sonntag in der Halle nicht anwesend war. Und zwar so laut, als solle er sie bis Düsseldorf hören: Empathische Emotionen, die unter die Haut gingen.
Betrachtet man dieses mit 123 Minuten kürzeste Spiel der Saison nur von den Spiel- und Satz-Ergebnissen her, 3:0 und 9:1, könnte man es als eine lockere Einheit zum Saisonabschluss wahrnehmen. Was es mitnichten war und was die jeweiligen Spielverläufe auch zum Ausdruck brachten. Was mag allerdings den Mainzer Trainer Tomasz Kasica dazu bewogen haben, dass er seinen Besten, den Chinesen Yongyin Li, an drei stellte, wo er nur ein Einzel bestreiten durfte? Wohl nur, dass er hinten raus das Doppel hätte spielen können.
Es blieb aber beim Konjunktiv. Bad Königshofen spielte mit hohem Aufwand, machte letztendlich aber auch kurzen Prozess. Fünf der zehn Sätze wurden mit dem Minimalabstand von zwei Bällen entschieden, nur einer ging in die Verlängerung bis 12:10. TSV-Leitwolf Bastian Steger höchst persönlich sorgte mit drei Satzgewinnen (11:9; 11:7; 11:9) gegen den Rumänen Rares Sipros für einen gelungenen und stimmungsvollen Auftakt.
Auch im zweiten Einzel, Filip Zeljko gegen den Italiener Carlo Rossi, gab es nichts zu holen für die Mainzer. Nur im ersten Satz hatte Zeljko seine Nerven - und die der Fans strapaziert, musste er doch beim Stand von 8:10 zwei Satzbälle abwehren. Dann aber war auch seine Mission erfüllt (12:10; 11:6; 11:5).
Würde ausgerechnet der in der ersten Saisonhälfte wegen eines Wechselfehlers gesperrte Jin Ueda im Duell gegen Yongyin Li den Sack zumachen? Machte er, auch wenn er den ersten und einzigen Satz mit 8:11 verlor. Doch Mitte des zweiten bei 6:6 hatte er sich den Gegner zurechtgedengelt, ließ nichts mehr anbrennen. Um dann sich und das Team feiern zu lassen, mit "Oh, wie ist das schön"- und "Deutscher Meister wird nur der TSV"-Gesängen. Basti Steger war so gerührt, dass ihm die Augen feucht wurden: "Das ist die Leistung jedes Einzelnen im Verein." Und Filip Zeljkos Augen glänzten ähnlich: "Ich bin einfach überglücklich gerade."
Tischtennis: Bundesliga, Männer
TSV Bad Königshofen - 1. FSV Mainz 3:0
Einzel: Steger – Sipos 3:0 (11:9/11:8/11:9); Zeljko – Rossi 3:0 (12:10/11:6/11:5); Ueda – YongYin Li 3:1 (8:11/11:9/11:6/11:9).
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