Nein, die Straße vermisst Svenja Betz überhaupt nicht. Nach zwei Jahren als Profi-Radsportlerin in Belgien begann für die 28-Jährige aus Nordheim vor der Rhön Anfang des Jahres ein neues Abenteuer. Gravel heißt die Disziplin, die immer beliebter wird und auf die sich Betz mittlerweile fokussiert. Das englische Wort "gravel" bedeutet übersetzt Kies oder Schotter. Gefahren wird auf verschiedenen Untergründen, neben Asphalt, Wald- und Wiesenboden eben auch auf Schotter. Im Herbst letzten Jahres war Svenja Betz bei der ersten Gravel-Weltmeisterschaft in Italien dabei und kam als Dreizehnte ins Ziel.
Deutsche Meisterschaft in der Vulkaneifel mit 3500 Höhenmetern
Seit dem vergangenen Wochenende darf sich Betz nun auch deutsche Vizemeisterin nennen. Bei den ersten nationalen Gravel-Meisterschaften schaffte die Lehramtsstudentin als Zweite auf Anhieb den Sprung aufs Podium und machte sich damit vor ihrem 28. Geburtstag an diesem Freitag selbst ein schönes Geschenk. "Mit dem zweiten Platz bin ich mega-zufrieden, zumal ich in der Woche zuvor noch total flach gelegen war. Ich wollte das Rennen einfach nur genießen und Spaß haben", sagt Betz.
Ausgetragen wurde die deutsche Meisterschaft in Daun in der Vulkaneifel. "Es war ein anspruchsvolles Rennen mit 3500 Höhenmetern auf 140 Kilometern und zahlreichen technischen Passagen. Es ging eigentlich immer hoch und runter", berichtet Betz. Ab Kilometer 43 sei sie fast permanent allein gewesen, was das Rennen zusätzlich erschwerte. Nach 6:03,10 Stunden erreichte Betz das Ziel und war damit gut acht Minuten langsamer als die Siegerin Carolin Schiff. "Mir war klar, dass ich sie im Normalfall nicht schlagen kann, auch wenn ich zwischenzeitlich einmal bis auf drei Minuten an ihr dran war. Sie fährt aktuell einfach unfassbar stark."
Svenja Betz erlebt tolle Abenteuer in den USA und in Island
Auf ihre erste Gravel-Saison blickt Svenja Betz vor der im Oktober noch kommenden Weltmeisterschaft in Italien bereits jetzt positiv zurück. "Gravel macht mir einfach unglaublich viel Spaß und passt genau zu mir. Ich war in diesem Jahr viel unterwegs und habe dabei tolle Abenteuer in der Natur erlebt", schwärmt Betz. Vor allem die zwei großen Reisen in die USA und nach Island haben bei der Nordheimerin Eindruck hinterlassen.
Im Juni nahm sie am "Unbound Gravel" in Kansas in den USA teil, einem der bekanntesten Gravel-Rennen über 330 Kilometer. Einige Wochen später folgte "The Rift" in Island, wo es vorbei an sprudelnden Vulkanen ging und zwischendurch auch schon einmal ein Fluss durchquert werden musste.
Enttäuscht über fehlende Wertschätzung vom eigenen Team
Enttäuscht zeigt sich Betz allerdings von der fehlenden Unterstützung ihres Teams Maxx-Solar Rose, für das sie seit dieser Saison fährt. "Im Prinzip bin ich auf mich alleine gestellt, es gibt keinerlei Support oder Wertschätzung. Das hatte ich mir schon etwas anders vorgestellt." Auch die Kosten für die Reisen müsse sie aktuell selbst tragen. Nach dieser Saison werde die Nordheimerin daher das Team Maxx-Solar Rose wieder verlassen und sich einem reinen Gravel-Team anschließen.
"Die Entwicklung im Gravelradsport ist wirklich rasant", hat Betz beobachtet und sieht das nicht nur positiv. "Die Professionalisierung wird zunehmen, wodurch der ursprüngliche Charakter, ohne große Unterstützung im Gelände auf sich allein gestellt zu sein, etwas verloren geht." Auf der anderen Seite könne die Professionalisierung aber durchaus auch eine Chance sein, vor allem für den Frauenradsport: "Beim Gravel sind Frauen und Männer von Anfang an gleichberechtigt, auch in Sachen Preisgeld."