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SPORT UND GESELLSCHAFT
Aus Marktheidenfeld zu Olympia: Eva Werthmann begleitet "Team Deutschland" nach Paris
In organisatorischer Hinsicht ist Olympia ein Marathon. Was die Kommunikationschefin des Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) und ihr Team erwartet, verrät sie im Interview.
Eva Werthmann wird auch während der Olympischen Spiele in Paris stellvertretend für den Deutschen Olympischen Sportbund Rede und Antwort stehen. Das Foto zeigt sie auf der Mitgliederversammlung des DOSB in Frankfurt.
Foto: Frank May, picture-alliance/DOSB | Eva Werthmann wird auch während der Olympischen Spiele in Paris stellvertretend für den Deutschen Olympischen Sportbund Rede und Antwort stehen. Das Foto zeigt sie auf der Mitgliederversammlung des DOSB in Frankfurt.
Felix Hüsch
 |  aktualisiert: 25.03.2024 02:47 Uhr

Eva Werthmann aus Marktheidenfeld wird im Sommer die Olympischen Spiele hautnah erleben. Die 40-Jährige ist Leiterin der Verbandskommunikation des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) und wird im Juli und August mehrere Wochen in Paris verbringen. Im Interview erklärt sie, welche Disziplinen das deutsche Presseteam abseits der Stadien meistern muss.

Frage: Die Olympischen Spiele in Paris 2024 kommen näher, und mit den Spielen im Nachbarland rückt das größte Sportereignis der Welt auch nah an uns ran. Wie ist Ihre Gefühlslage?

Eva Werthmann: Bei mir herrscht große Vorfreude, da das größte Sportereignis der Welt in unsere Nachbarschaft kommt und in unserer Zeitzone stattfindet. Es ist so nah, und wir hoffen, dass die Begeisterung, die Olympia auslöst, auch auf viele Menschen in Deutschland überschwappen wird.

Ist die Vorbereitung auf die Spiele heute schon Kern Ihrer täglichen Arbeit oder können Sie sich noch um andere Dinge kümmern?

Werthmann: Meine Arbeit besteht bisher nicht nur aus Paris. Wir kümmern uns auch um Themen wie die Nachwehen der Pandemie oder die Folgen der Energiekrise für unsere rund 86.000 Vereine. Olympia nimmt aber immer mehr Raum ein. Die Vorbereitung der Spiele wird vor allem ab Mai spürbar zunehmen. Aktuell sind wir schon mit Presseakkreditierungen beschäftigt, sammeln Daten ein und stehen mit dem IOC, dem Organisationskomitee sowie mit den Kolleginnen und Kollegen aus den Presseteams der Sportverbände in Kontakt.

Wie sieht Ihr Team aus?

Werthmann: Wir haben ein Team für die Verbands- und eins für die Markenkommunikation. Die Kollegen von der Markenkommunikation kommunizieren als "Team Deutschland" auf Social Media mit den Fans. Wir in der Verbandskommunikation kümmern uns um die Kommunikation auf den DOSB-Kanälen und platzieren dort relevante Themen. Zudem gehört zu unseren Aufgaben die klassische Pressearbeit, das heißt Presseanfragen beantworten, Interviews koordinieren, Statements oder Pressekonferenzen vorbereiten. Es geht viel um sportpolitische Themen. Wir sind insgesamt zu zehnt in der Verbandskommunikation und decken die Bereiche PR, Media Relations, digitale Kommunikation und Athletenkommunikation ab.

"Die Vorbereitung der Spiele wird ab Mai spürbar zunehmen."
Eva Werthmann über den Arbeitsaufwand ihres Teams
Was sind Ihre Aufgaben während der 16 Wettkampftage?

Werthmann: Unsere Aufgabe ist, den Kontakt zur Presse zu halten. Wenn wir Anfragen für Interviews bekommen, koordinieren wir das mit den Sportlerinnen und Sportlern und mit den Verbänden. Wir halten einmal am Tag eine Pressekonferenz im Deutschen Haus ab, die akkreditierte Medienvertreterinnen und -vertreter auch über Livestream verfolgen können. Ansonsten ist unser Tagesablauf stark davon abhängig, was über den Tag passiert, ob es zum Beispiel Medaillen für Deutschland gibt. Wir organisieren dann, dass die Athletinnen und Athleten in die Fernsehstudios kommen oder von dort aus wieder zurück ins Deutsche Haus, wo sie gebührend empfangen werden.

Laut Umfragen freuten sich vor einem halben Jahr nur 56 Prozent der Franzosen auf Olympia in Paris. Zwei Jahre zuvor waren es noch 76 Prozent. Wie schätzen Sie die Stimmung vor Ort ein?

Werthmann: Diese Entwicklung des Stimmungsbildes im Ausrichter-Land ist nicht untypisch. Den Menschen wird nun, kurz vor Beginn der Spiele, bewusst, welchen Einfluss die Spiele auf das Leben in der Stadt nehmen können und dass es zu Einschränkungen kommen kann. Genauso typisch aber ist, dass all das vergessen ist, sobald die Spiele losgehen. Dann überstrahlt die Begeisterung alles. Trotzdem darf man die Probleme vor Ort nicht außer Acht lassen. Ich weiß aber, dass die Kolleginnen und Kollegen in Paris gute Lösungen finden werden.

An welchen Stellen hakt es Ihrer Meinung nach?

Werthmann: Wenn man die aktuellen Presseberichte verfolgt, gibt es beim öffentlichen Nahverkehr Unsicherheiten, ob die Kapazitäten ausreichend sind, um alle Zuschauerinnen und Zuschauer von A nach B zu bringen. Dazu kommt das Thema Sicherheit. Das hat durch den Angriff der Hamas auf Israel noch mal eine andere Dimension bekommen. Der Konflikt stellt große Herausforderungen an die Sicherheitsvorkehrungen vor Ort und führt zu Einschränkungen rund um die Sportstätten.

Im Dezember 2023 hat das IOC entschieden, russische und belarussische Sportlerinnen und Sportler zu den Spielen zuzulassen, Mannschaften aus beiden Ländern jedoch nicht. Schnell war zu lesen, dass der DOSB diese Entscheidung begrüßt. Wie kam es dazu?

Werthmann: Für Einzelsportlerinnen und -sportler gelten strikte Auflagen. Sie wären nur zugelassen, wenn sie weder dem Militär angehören noch den Krieg aktiv unterstützen oder gegen Anti-Doping-Regeln verstoßen haben. Solchen Positionierungen geht immer eine Abwägung voraus, bei der man versucht, alle Perspektiven mit einzubeziehen. Vergangenes Frühjahr wurde nach einem intensiven Meinungsbildungsprozess mit Mitgliedsorganisationen und Athletenvertretern zunächst entschieden, sich gegen eine Wiederzulassung neutraler Athleten aus Russland oder Weißrussland auszusprechen. Nun hat sich die Situation in den vergangenen Monaten im Weltsport weiterentwickelt. Als Teil der internationalen Sportgemeinschaft müssen wir im Blick haben, wie international mit einem Thema umgegangen wird. Dabei haben sich einige Rahmenbedingungen entscheidend geändert, unter anderem, dass ukrainische Sportler bereit sind, gegen neutrale Athleten anzutreten.

Sportpolitik ist schon lange ein gängiger Begriff. Wie bewerten Sie die zunehmende Vermischung von Sport und Politik?

Werthmann: Sport ist politisch, das ist so. Er sollte aber parteipolitisch neutral sein, und wir betonen stets die Autonomie des Sports. Das heißt, dass die Einflussnahme der Politik in den Sport begrenzt, beziehungsweise der Sport davon möglichst unabhängig ist. Eine Instrumentalisierung des Sports für politische Zwecke darf es nicht geben.

Vor ein paar Monaten hat der DOSB mit der Kampagne "Sport ist Mehrwert" kritisch auf die Kürzungen für den Sport im Bundeshaushalt reagiert. Hatten Sie Erfolg?

Werthmann: Unser Ziel war es, zu zeigen, was der Sport leistet und warum es sich lohnt, in ihn zu investieren. Die Kampagne hat auch Entscheiderinnen und Entscheider in Berlin erreicht, die uns nach dem Launch schnell Rückmeldung gegeben haben. So wie die Kürzungen zunächst vorgesehen waren, sind sie nicht eingetreten.

"Wir heißen die Menschen willkommen, in Sporthallen ist aber keine menschenwürdige Unterbringung möglich."
Eva Werthmann zur Belegung der Turnhallen durch Geflüchtete
Die Kampagne zielte auch auf die Wichtigkeit des Schulsports ab. Inwiefern beschäftigt sich der DOSB mit den aktuellen Turnhallenbelegungen durch Geflüchtete?

Werthmann: Wir bekommen mit, dass wieder Hallen belegt werden. Sporthallen zu belegen, sollte das letztmögliche Mittel sein. Unser Bundesprogramm "Integration durch Sport" gibt es seit 30 Jahren. Eine integrative Leistung kann durch Sport aber nur erbracht werden, wenn es einen Ort gibt, an dem Menschen zusammenkommen können, sich begegnen können. Wenn dann Sportstätten belegt sind, können die Sportvereine das nicht mehr leisten. Wir heißen die Menschen willkommen, in Sporthallen ist aber keine menschenwürdige Unterbringung möglich.

Denken Sie, Sie fallen nach Olympia erstmal in ein Loch?

Werthmann: Nach Olympia fahre ich erst mal zwei Wochen in den Urlaub. (lacht) Beim DOSB hat man selten Zeit, in ein Loch zu fallen. Nach Olympia ist vor Olympia. Wir sprechen gerade über eine Bewerbung für die Sommerspiele 2036 oder 2040. Außerdem stehen anderthalb Jahre nach Paris schon die Winterspiele in Mailand Cortina auf dem Programm. Langweilig wird uns also so schnell nicht.

 
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