Dass der FC Baris Spor Lohr für ihn eine "Herzenssache" ist, das hat Ugur Sen im Frühjahr 2023 im Gespräch mit dieser Redaktion betont. Zu einem Zeitpunkt, da die Stimmung prächtig war, als die Mannschaft gerade die Meisterschaft in der A-Klasse Würzburg 5 geholt hatte und in die Fußball-Kreisklasse aufgestiegen war. Und der heute 34-jährige Sen war als Vorsitzender, Spielertrainer und bester Torschütze des Teams maßgeblich an diesem Erfolg beteiligt.
Die Verbundenheit Ugur Sens rührt nicht zuletzt daher, dass der Verein und seine Familie enge Bindungen haben. Sein Vater hat 1987 den Klub mitbegründet, sein Onkel Kadem Sen war langjähriger Vorsitzender. Nicht zuletzt deshalb engagierte sich auch Ugur Sen bei Baris Spor (zu Deutsch etwa "Friedenssport") mit viel Herzblut.
Ein Dreivierteljahr nach dem Gewinn der A-Klassen-Meisterschaft auf dem Sportgelände in Gemünden hat sich die Stimmung grundlegend geändert: Baris Spor seine Mannschaft aus der Kreisklasse Würzburg 3 zurückgezogen, obwohl das Team zur Winterpause nicht einmal auf einem Abstiegsplatz stand. Das Problem lag anderswo: Mit der Trainingsbeteiligung war es nach dem Aufstieg oft nicht weit her, zahlreiche Spieler haben den Verein in der Winterpause verlassen. Sogar Ugur Sen selbst, der künftig für den Bezirksligisten TSV Lohr spielt.
Leicht sei ihm der Schritt nicht gefallen, macht Ugur Sen im Gespräch mit dieser Redaktion klar. "Aber es ging einfach nicht mehr. Ich musste alles machen." Der 34-Jährige fungierte nicht nur als Vorsitzender, Spielertrainer und Toptorschütze, auch darüber hinaus blieben viele Arbeiten bei ihm hängen. "Ich habe vor den Heimspielen die Grillwürstchen gekauft und den Platz abgestreut. Geholfen hat mir oft nur meine Frau", berichtet Sen, dass er zu wenig Unterstützung bei seiner Tätigkeit erfahren habe.
Die Folge für ihn war: "Der Fußball hat auf diese Art einfach keinen Spaß gemacht. Du hast dich nach Spielen nicht mehr über Niederlagen geärgert, sondern über die äußeren Umstände." Als er dann merkte, dass unter den Entwicklungen die Gesundheit und das Familienleben leiden würden, habe er die Reißleine gezogen und das Amt des Spielertrainers abgegeben.
Auch spielen wollte er nicht mehr für Baris Spor und wechselte zum TSV, dessen Trikot er bereits in der Vergangenheit getragen hatte. "Als das alles vollzogen war, war ich erst einmal erleichtert. Da ist wirklich eine Last von mir abgefallen", gibt der 34-Jährige zu. Jetzt kann erst einmal tun, was ihm Freude macht: Fußball spielen, ohne sich über das Drumherum Gedanken machen zu müssen. Ob er das am kommenden Sonntag mit dem Bezirksliga-Team des TSV Lohr beim TSV Lengfeld tun wird oder mit der zweiten Mannschaft zu Hause beim A-Klassen-Spiel gegen den FV Langenprozelten/Neuendorf, steht derzeit noch nicht fest.
Vorsitzender von Baris Spor ist Ugur Sen aber weiter – und will den Verein in seiner schwierigen Lage auch nicht hängen lassen. Die Mannschaft wurde nach ihrem Rückzug auf den letzten Platz der Kreisklasse Würzburg 3 gesetzt und kann kommende Saison in der A-Klasse starten. Und als Vorsitzender bemüht sich darum, dass es irgendwie weitergeht. Er führt Gespräche mit potenziellen Spielern und Betreuern und versucht, einen Trainer zu finden. Auch will er das Amt des Vorsitzenden nicht abgeben: "Aber ich will Zukunft nur noch die Dinge machen, die ein Vorsitzender macht. Ich hoffe, es finden sich andere, die anpacken."
Vier Rückzüge seit 2004
Trotz allem visiert er eine Rückkehr von Baris Spor in den Spielbetrieb an, es wäre übrigens nicht die erste Rückkehr des Vereins: 2004 pausierte Baris Spor für ein Jahr, ab 2009 für zwei Jahre und ab 2016 für drei Jahre – und kam stets zurück. Das heißt: Bei der Wiederbelebung von Fußball-Mannschaften haben sie bei Baris Spor Erfahrung.