Eine unerwartet deutliche Angelegenheit wurde das Derby zwischen den beiden Vereinen aus dem Kitzinger Landkreis in der Handball-Landesliga der Frauen. Beim 38:24 (15:10)-Sieg der Marktstefterinnen über die HSG Mainfranken lag ein Grund außerhalb des Sportlichen. Bei der HSG konnten nämlich vier Spielerinnen nicht mitwirken, die direkt oder indirekt von der Corona-Pandemie betroffen sind.
So befanden sich zwei Spielerinnen am Samstagabend wegen des Virus in Quarantäne, zwei weitere dürfen derzeit nicht in die Sporthallen, geschweige denn mitwirken, weil sie nicht geimpft sind.
Ausfälle treffen die Mainfranken derzeit sehr. Auf dem Spielbericht fehlten die Meyer-Schwestern Julia und Melanie. Beide sind so etwas wie das Herzstück der Gemeinschaft aus Kitzingen und Mainbernheim. Melanie Meyer gehörte in den letzten Jahren stets zu den überragenden und treffsichersten Spielerinnen in der Bayern- oder Landesliga. Auf sie ist nahezu alles abgestimmt bei der HSG.
Ohne das Schwestern-Duo der Gäste witterten die Marktstefterinnen ihre Chance, im vierten Anlauf endlich den ersten Sieg gegen die HSG einzufahren. "Wir wussten, dass beide nicht dabei sind. Da habe ich schon gedacht, jetzt oder nie", gab hinterher Marktstefts Spielmacherin Sophie Wendel zu. Man habe sich zwar so vorbereitet, als ob beide mitspielten, sagte TV-Trainer Vilo Vitkovic. Das Fehlen der beiden habe das Spiel für seine Frauen natürlich leichter gemacht.
Zu Beginn der Partie noch ebenbürtig
Zu Beginn gestalteten die Gäste in der gut besuchten Marktstefter Halle das Geschehen einigermaßen ausgeglichen. Das Zusammenspiel von Spielmacherin Lea Geuder und Kreisläuferin Lisa Ebner funktionierte gut gegen die etwas leichtsinnige TVM-Abwehr, nach elf Minuten glich Franziska Schwab zum 5:5 aus.
Die Marktstefterinnen zogen ihr gewohnt temporeiche Spiel auf, das aber auch viele Fehler mit sich brachte. Im Angriff erwiesen sie sich als variabler, von jeder Position aus torgefährlich, nicht nur über die flinke Ina Hertlein. Hinten nahmen sie mit Julia Flohr die gefährlichste Rückraum-Akteurin der HSG nahezu aus dem Geschehen. Bis zur Halbzeit zogen die Gastgeberinnen bereits auf fünf Tore weg.
Als Sophie Wendel mit feiner Einzelleistung und dann Carolin Geißler gleich nach der Pause auf 17:10 erhöhten, war bereits eine Vorentscheidung gefallen. Die HSG lief nach ihren Fehlern immer wieder in die Gegenstöße Marktstefts. Die ein oder andere gute Aktion hatte die HSG zwar, die Resignation ihrer Spielerinnen war nicht zu übersehen gegen das Tempo der Marktstefterinnen. Einen Wermutstropfen gab es für den TVM, als Ina Hertlein in der Schlussphase verletzt vom Feld geführt wurde (52.).
Hinterher blieb auf Marktstefter Seite die Freude über den Derbyerfolg, der HSG-Trainerin Steffi Placht nachdenklich zurück ließ: "Bei dem Ergebnis habe ich keine Argumente, da braucht man nichts schönzureden. Das war teilweise Stückwerk." Für sie ist die aktuelle Situation schwierig. "Das sind Dinge, die nicht in meiner Verantwortung liegen. Was will ich machen? Für Nicht-Geimpfte kann ich nicht selbst spielen." Ob der HSG vielleicht sogar der Abstieg drohe, liege auch in der Hand der Politik. Sie, so Placht, müsse auf Lockerungen hoffen.
In Marktsteft schaut man dagegen nach vorne. Nächste Runde möchte nicht Trainer Vitkovic mal ganz vorne in der Liga mitmischen. Auch Spielmacherin Sophie Wendel (21) hat mit ihren zumeist etwa gleichalten Mitspielerinnen das Ziel Bayernliga für die Zukunft weiter im Auge: "Das wäre schon schön, wir sind im Schnitt noch jung."
Immer noch unbegreiflich weshalb man sich in einer Mannschaftssportart nicht solidarisch mit seinen Mitspielern zeigt. Schwangerschaft scheidet ja wohl aus?