Als Tim Reiner im Sommer 2018 als Spielertrainer zu Bayern Kitzingen kam, war dem Klub gerade so etwas wie ein Zacken aus der Krone gebrochen. Reiner kannte den Verein ja noch als Spieler, ein Verein mit so viel Tradition, und nun nach zwei Abstiegen in Folge fehlte etwas. „Der Verein hatte auch an Tradition verloren – und ich wollte dazu beitragen, sie ihm zurückzugeben.“ Das sagt er heute, wenn man ihn fragt, weshalb er ausgerechnet in dieser so schwierigen sportlichen Phase der Kitzinger, in der „Stunde Null“ (Reiner), seinen Job dort angetreten hat. „Der Reiz für mich lag in der Sache, es war eine Herausforderung, auf die ich richtig Lust verspürte.“
Tim Reiner hat sich der Herausforderung gemeinsam mit Thomas Hofmann gestellt. Wo andere wegliefen, die Verantwortung scheuten, packte das Duo, das vorher schon in Dettelbach gemeinsam am Werkeln gewesen war, entschlossen an. Mit Erfolg. Der Niedergang, der in der Landesliga begonnen hatte und sich auch in der Bezirksliga nicht aufhalten ließ, wurde in der Kreisliga schließlich gebremst.
Es macht wieder Spaß, bei den Bayern zu kicken
Noch wichtiger aber war der Wandel in den Köpfen, den Tim Reiner mit seinem Stab vollzogen hatte. Blickt der Trainer auf diese Zeit, sagt er: „Wichtig war es, wieder eine Basis zu schaffen, wo es Spaß machte, bei Bayern Kitzingen Fußball zu spielen.“ Natürlich war da auch ein Mann wie Erwin Klafke wichtig, 55-jähriges Urgestein, das den Klub aus dem Effeff kennt.
Der Kurs, den die Kitzinger eingeschlagen haben, lässt hoffen. Reiner, der für nächste Saison schon als Trainer zugesagt hat (während Hofmann zunächst ein Jahr pausieren möchte), spricht von einer „Entwicklung“ und einer „sichtbaren Tendenz“. Die zeigt in der Kreisliga eher nach oben, aber aus Sicht des Trainers hätte der Trend ruhig noch offensichtlicher ausfallen dürfen. Vierter sind die Bayern nach 18 Spielen – mit allerdings schon elf Punkten Rückstand zur Spitze.
Der Trainer schwärmt von zwei Konkurrenten
Reiner wäre dem SC Schwarzach und der SG Buchbrunn/Mainstockheim, von deren Qualität er schwärmt, gerne noch dichter auf die Pelle gerückt, auch um die eigenen (hohen) Ansprüche auszuleben. „Ich bin ein Mensch, der immer das Maximum erwartet, und ich weiß, was die Mannschaft zu leisten vermag“, erklärt der 32-Jährige. „Ich hätte uns gerne noch weiter oben gesehen.“ Aber das, so fügt er rasch hinzu, sei seine „persönliche Meinung“. Dem Verein gehe es in dieser Saison „nicht zwingend“ um einen Wiederaufstieg.
Nach dem im vorigen Sommer nur knapp verpassten Qualitätssprung in der Relegation will der Klub offenbar nicht weiteren Druck aufbauen, sondern die Mannschaft lieber in Ruhe reifen lassen. „Geduld“ ist ein Wort, das auch Tim Reiner bemüht. Das bedeutet nicht, dass er schon alle Chancen auf einen der ersten beiden Plätze abgeschrieben hat. Um die „goldene Ananas“ wolle er jedenfalls nicht spielen.
Der letzte Sieg liegt schon etwas länger zurück
Dabei hat die Mannschaft im Titelrennen erst durch eine Negativserie vor der Winterpause möglicherweise entscheidend an Boden eingebüßt. Das 4:3 am 3. November gegen Oberpleichfeld war der vorerst letzte Sieg der Bayern in einem Pflichtspiel. Es folgten zwei Niederlagen und ein Unentschieden – und die Erkenntnis, dass zum Ende eines langen Fußball-Jahres mit nur zweieinhalb Wochen Sommerpause „die Lust und die Gier auf Fußball nicht mehr so groß war“, wie Reiner sagt.
Von „gewissen Reibungsverlusten“ spricht der Trainer, und dazu gehört auch, dass sich die junge Mannschaft vor allem in den Phasen ausbleibenden Erfolgs zu sehr mit sich selbst beschäftigte. „Da wurde dann mehr erzählt als sonst und auch mehr nach rechts oder nach links geschaut“, hat der Trainer festgestellt. Nichts Ungewöhnliches bei einem Team, dessen Charakter Tim Reiner so beschreibt: „Ein Mix aus Jung und Wild.“ Das ist bewusst so gewählt. Der Trainer setzt bei seiner Mission auf eine fast ausgestorbene Spezies: Spieler, die gleichermaßen wissbegierig und leidensfähig sind. Dass es bei den heutigen gesellschaftlichen Umtrieben schwierig ist, genügend solcher Spieler zu finden, ist ihm wie vielen seiner Kollegen bewusst.
Die Landesliga ist das Ziel, aber noch ohne Datum
Auch deshalb will er den Jungs die nötige Entwicklungszeit geben. Sein Selbstverständnis lautet zwar, dass es „einer Kreisstadt wie Kitzingen“ gut zu Gesicht stünde, einen Klub in der Landesliga zu haben. Doch das müsse nicht in zwei oder drei Jahren sein. Viermal standen die Bayern seit 2002 in der Landesliga, doch nie gelang es ihnen, sich dort länger als fünf Jahre zu halten. Fürs Erste hat sie der Alltag der Kreisliga wieder, wo am Wochenende das Nachholspiel in Dettelbach ansteht.
Nach fünf Wochen Wintervorbereitung, zumeist auf Kunstrasen im Kitzinger Sickergrund, glaubt Tim Reiner sein Team in sehr guter Form. Daran ändert auch die 2:3-Niederlage im bisher letzten Testspiel gegen den Kreisligisten FV 05 Helmstadt nichts. Wenn er schon einen Aufstieg nicht garantieren kann und will, gibt der Trainer doch eine Kampfansage ab: „Wir wollen, unabhängig von der Tabelle, immer der beste und unangenehmste Gegner sein.“