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Fussball: A-Klasse SW 4
Die guten alten Zeiten sind jetzt: Meine Güte marschieren die, die Marokkaner!
Die SG Maroldsweisach/Altenstein mischt die A-Klasse auf. Dabei geht's bei der Mannschaft von Marco Prediger gar nicht nur um Fußball, es geht um viel mehr.
Er zeigt es an: Ganz oben in der Tabelle steht Marco Prediger mit seiner Mannschaft, der SG Maroldsweisach/Altenstein.
Foto: Ralf Naumann | Er zeigt es an: Ganz oben in der Tabelle steht Marco Prediger mit seiner Mannschaft, der SG Maroldsweisach/Altenstein.
Felix Mock
Felix Mock
 |  aktualisiert: 03.11.2024 02:31 Uhr

Es braut sich was zusammen in Maroldsweisach. Kein Unwetter, nein. Wobei es schon etwas Stürmisches hat, wie die Fußballer der SG Maroldsweisach/Altenstein, die im Landkreis Haßberge alle gemeinhin als Marokkaner kennen, durch die A-Klasse Schweinfurt 4 fegen. Es ist ein Gebräu, ein Sud aus jeder Menge junger Energie, etwas Irrsinn, viel Heimatliebe und einer gehörigen Portion Talent. Und diesen Kessel rührt einer um, der jede Menge gesehen hat, viel unterwegs war, wieder zurückgekehrt ist und am liebsten selbst noch mittendrin schwimmen würde, in der brodelnden Suppe.

Der Hexenmeister der Marokkaner heißt Marco Prediger. Seit Sommer letzten Jahres steht der 45-Jährige bei seinem Heimatverein sprichwörtlich an der Seitenlinie, seit dieser Runde wortwörtlich. Nach einem Riss der Achillessehne in der vergangenen Rückrunde – drei Kreuzbandrisse hat er bereits hinter sich, im rechten Knie ist gar keines mehr vorhanden – zwingt sich Prediger, nur noch von draußen zuzusehen. Die aktiven Zeiten sind endgültig vorbei. Leider.

Prediger kauft keine Fußballschuhe mehr

Prediger ist nur dabei statt mittendrin. Seine Fußballschuhe hat er entsorgt und sich selbst verboten, je wieder ein neues Paar zu kaufen. Sonst, erzählt er, stünde er irgendwann aller Schmerzen und Risiken zum Trotz wieder auf dem Rasen. "Das kann ich meinem Körper nicht mehr antun. Aber es tut verdammt weh, nicht mehr auf dem Feld dabei zu sein", sagt er. "Es ist hart."

Der Trainer der Marokkaner war und ist ein Fußballverrückter. Bereits mit 17 Jahren debütierte er bei den Männern und wollte es zwei Jahre später richtig wissen. Prediger wechselte Ende der Neunziger Jahre zum TSV Aidhausen und feierte in "Idaho" gleich einen sensationellen Erfolg: Mit dem Dorfverein kegelte er die FT Schweinfurt aus dem Aufstiegsrennen und zog selbst das Ticket zur Landesliga. "Diese Zeit werde ich nie vergessen", meint er. 

Für den Mann mit dem Pferdeschwanz folgten Stationen beim FC Sand, beim TSV Aubstadt, mit dem TSV Großbardorf spielte er gar in der Bayernliga. Ziemlich genau vor zehn Jahren zog es ihn wieder zurück in die Heimat. Einmal Marokkaner, immer Marokkaner. Doch leicht war es nicht, Stück für Stück rutschte Maroldsweisach immer weiter in Richtung Irrelevanz. Kreisliga, Kreisklasse, inzwischen A-Klasse. Und doch war die Entscheidung, wieder nach Hause zu kommen, die richtige. Denn die guten alten Zeiten, sie sind jetzt in Maroldsweisach.

Die jungen Wilden mischen die A-Klasse auf

Vor zwei Jahren haben die Marokkaner aus der Not eine Tugend gemacht, die damalige U19 aufgelöst und allesamt in den Männerbereich übernommen. Eine mutige Entscheidung, die sich inzwischen bezahlt macht. Die jungen Wilden mischen die A-Klasse gehörig auf, mit Maximilian Freß (19 Tore) und Jonas Steinrichter (15 Tore) sind die beiden besten Torschützen der Liga in Predigers Team. Die beiden gehören genau wie Kapitän Jonathan Schneider zu den insgesamt neun Mann beim SCM, die eben jenen Jahrgängen 2004 und 2005 der damaligen U19 entspringen.

Diese Jahrgänge sind einer der Gründe, weshalb die Marokkaner in der Tabelle nun da stehen, wo sie eben stehen: ganz oben. Elf Spiele, elf Siege und ein Torverhältnis von 50:6 lautet die derzeitige Bilanz. Doch bei dem A-Klassisten geht's nicht einfach nur um Fußball. Es geht um Gemeinschaft, um Freundschaft. So ziemlich jeder aus Predigers Kader kommt aus Maroldsweisach oder einem der 17 Ortsteile. Er hat, erzählt der Trainer, in jeder Trainingseinheit zwei Jungs dabei, die mittrainieren, obwohl sie an keinem einzigen Sonntag Zeit für Fußball haben. Aber die Kumpels sind ja alle beim Fußballtraining, also wird eben mitgekickt.

"Die Jungs machen es mir unglaublich einfach", erzählt Prediger. "Wenn ich etwas vorschlage, sind alle sofort dabei und helfen mit." Jüngstes Beispiel: Am vergangenen Wochenende musste die Prediger-Elf im Steigerwald beim SV Neuschleichach ran. Ein paar Tage vorher und ein paar Telefonate später schlug Prediger, der die Idee freilich mit den Steigerwäldern abgeklärt hatte, seinem Team vor, nach dem Spiel in Althütten sitzen zu bleiben und sich Schäuferla aus dem Holzbackofen zu genehmigen. Zwei Tage später, und ohne großartiges Zutun des Trainers, war ein 50-Mann-Bus gebucht, besetzt und bezahlt, die Schäuferla in Althütten bestellt. "Sowas ist doch einfach geil", meint Prediger mit Blick auf den 4:1-Auswärtssieg und das anschließende Gelage.

Kerwa-Heimspiel gegen Wonfurt

Bleibt die Frage, wohin die Reise denn gehen soll für die Marokkaner. Von Meisterschaft und Aufstieg will Prediger nichts hören, winkt ab. Ein Zwischenziel hat er aber: "Ich will die nächsten beiden Spiele holen, dann haben wir die gesamte Hinrunde gewonnen." Die erste Hürde wartet an diesem Sonntag, wenn um 15 Uhr der TSV Wonfurt zum Kerwa-Heimspiel zu Gast sein wird. Entsprechend fordert Prediger Disziplin von seiner Mannschaft: "Am Samstagabend muss nach zwei, drei Bier dann auch Schluss sein." Schließlich gebe es für die Mannschaft ja auch noch die anderen Tage, um zur Kirchweih die Sau rauszulassen. Selbstverständlich mit Marco Prediger, dann mittendrin und nicht nur dabei.

 
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