Es ist ein beständiger Strom aus Blech auf Rädern, der Tag für Tag durch den Tunnel unter dem Schwarzen Berg bei Eltmann fließt. Viele Pendlerinnen und Pendler, die in Richtung Schweinfurt oder Bamberg unterwegs sind, nutzen das Nadelöhr auf der A70 im Landkreis Haßberge.
Doch zweimal im Jahr sperrt die Autobahnmeisterei Knetzgau die Röhren wechselseitig für Wartungsarbeiten. Sie sollen der Sicherheit des Verkehrs dienen – und damit den tausenden Menschen, die täglich mit ihren Fahrzeugen durch den 330 Meter hohen Berg brausen. Denn kommt es in Tunneln zur Kollision, ist die Gefahr eines Unglücks mit tödlichem Ausgang groß. Das zeigt der verheerende Brand im Schweizer Gotthard-Straßentunnel von 2001, bei dem 11 Menschen ums Leben kamen.
Sperrung umlegen während der Verkehr fließt
Es ist Mittwochmittag, als die Arbeiter der Knetzgauer Autobahnmeisterei den Verkehr erneut umlegen. In den Tagen zuvor hatten sie bereits die 722 Meter lange Südröhre gesperrt und gereinigt. Nun ist die 16 Meter längere Nordröhre dran. All das passiert, ohne den Verkehr zum Erliegen zu bringen. Die Arbeiter verschieben die mobilen Schutzplanken vor dem Tunneleingang, die normalerweise die Fahrtrichtungen voneinander trennen. Zwei Führungsfahrzeuge der Autobahnmeisterei drosseln derweil die Geschwindigkeit des Gegenverkehrs – und leiten ihn dann in die Südröhre.
Dieter Gonnert, 55, ist Leiter der Autobahnmeisterei Knetzgau und zuständig für eine 52 Kilometer lange Strecke zwischen Bamberg und Schweinfurt. Er steht inmitten der inzwischen fahrzeugfreien Nordröhre. "Sicherheit hat oberste Priorität", sagt Gonnert. "Für manche Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer ist das Durchfahren eines Tunnels mit einem unbehaglichen Gefühl verbunden, obwohl die Unfallhäufigkeit sogar nachweislich geringer ist als außerhalb", erklärt er. Zuletzt hatte sich im Oktober 2020 ein schwerer Motorradunfall unter dem Schwarzen Berg ereignet. Der Kradfahrer kam damals ins Krankenhaus, alle anderen Beteiligten blieben unverletzt.
Dieter Gonnert und seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben großen Anteil daran, dass es hier bislang zu keinem größeren Unglück kam. Aber nicht nur sie: "50 Prozent der Arbeiten übernehmen wir, den Rest führen Fremdfirmen aus", sagt Gonnert.
Heute ist die Reinigung der Röhre an der Reihe. Mit einem hydraulischen Arm, an dessen Ende sich eine rotierende Bürste befindet, fährt ein Unimog gleich mehrmals durch den Tunnel – und schrubbt so den Dreck von der Decke.
Die Röhre erstrahlt danach sprichwörtlich in neuem Glanz. Denn der Ruß der Abgase, der sich über die Zeit an den Wänden abgelagert hat, schluckt das Licht der Tunnellampen und Autoscheinwerfer – und kann so nach und nach die Sicht beeinträchtigen. "Die Lampen und Leuchten reinigen wir dann mit der Hand", erklärt Dieter Gonnert. Eine Arbeit, die ebenfalls der Sicherheit im Tunnel dient.
Sicherheit im Fall der Fälle bieten auch die drei Querstollen des Tunnels. Diese verbinden die Nord- und die Südröhre miteinander – und trennen sie gleichzeitig durch Brandschutztüren. "Diese grünen Leuchten geben an, wie weit entfernt sich die Rettungsstollen befinden", sagt Gonnert. 150 Meter in die eine Richtung, nur 30 in die andere.
Ausgang für Flüchtende, Zugang für Feuerwehr
Nicht nur für Autofahrerinnen und Autofahrer, die sich in Sicherheit bringen müssen, sind diese Querverbindungen bedeutend. Im Falle eines Feuers können Einsatzkräfte auf diesem Wege zum Brandherd oder zu Verletzten gelangen. "Kleinere Feuerwehrfahrzeuge passen hier durch", sagt er und blickt auf das Eiserne Tor, das sich im Notfall öffnen lässt. Die Türen, fährt Gonnert fort, seien mit Fenstern ausgestattet, sodass die Flüchtenden nicht vom Verkehr in der zweiten Röhre erfasst werden.
Im mittleren Querschlag des Tunnels befindet sich das Zentrum der Technik: ein klimatisierter Raum mit metallenen Serverschränken, in dem die Leitungen der wichtigsten Instrumente zusammenlaufen. "Hier steht die letzte Notsteuerung, falls alle Anlagen im 300 Meter entfernten Betriebsgebäude ausfallen", sagt Gonnert. Ein Notstromaggregat versorgt die Technik dann mit der nötigen Energie.
Darunter etwa das Belüftungssystem, das im Brandfall die tödlichen Gase in Deckennähe aus dem Tunnel befördert; oder die Lausprecheranlage, die hilft, die Menschen rechtzeitig aus dem Tunnel zu lotsen, bevor sie im Inneren ihrer vermeintlich sicheren Fahrzeuge ersticken. "Die gesamte Elektrik im Tunnel, darunter auch die Beleuchtung oder das Notrufsystem, wird in den kommenden Tagen von einer externen Firma auf Herz und Nieren überprüft", sagt Gonnert. Bei der Brandmeldeanlage geschehe das gar viermal im Jahr.
Im Tunnel befindet sich aber noch mehr moderne Technik, die nun einer Wartung unterzogen wird. Die Verkehrs- und Betriebszentrale Nordbayern, stationiert in Fischbach nahe Nürnberg, überwacht die Röhren unter dem Schwarzen Berg aus der Ferne: 24 Stunden am Tag an sieben Tage in der Woche. 25 Kameras fangen ein, was im Tunnel geschieht. "Das System erkennt automatisch, wenn ein Fahrzeug langsamer wird oder liegen bleibt", sagt Gonnert. Dann springt die Ampelanlage an den Tunneleinfahrten auf Gelb. Im absoluten Gefahrenfall auf Rot. "Und bei einem Brand schließen sich die Schranken."
Für diesen Katastrophenfall sind in den Röhren Löschwasserhydranten, mit Schläuchen und Spritzen für den Einsatz. Sie befinden sich alle 100 Meter in Schränken, die in die Tunnelwände eingebaut sind. Wird ein Schrank geöffnet, erhält die Integrierte Leitstelle in Schweinfurt einen Alarm und informiert ihrerseits die Feuerwehren.
Das Löschwasser für diese Notversorgung kommt aus einem Behälter, der sich im 300 Meter entfernten Betriebsgebäude des Tunnels befindet. "100.000 Liter bewahren wir hier auf", sagt Dieter Gonnert, während gerade frisches Wasser nachläuft. "Die Kollegen reinigen und spülen in diesem Moment die Ablaufsysteme für das Regenwasser. Die Menschen werfen ihren Müll aus dem Auto und bedenken die Folgen nicht." Verstopfen die Leitungen, droht der Tunnel bei Starkregen zu fluten. "Im schlimmsten Fall", sagt Gonnert. Doch der ist in den 25 Jahren, in denen er nun die Autobahnmeisterei Knetzgau leitet, zum Glück noch nie eingetreten.