Die 4200 Tonnen Beton und Stahl bewegen sich langsam, Zentimeter um Zentimeter um Zentimeter. Nach rund zehn Stunden ist es schließlich geschafft. Dann steht die neue Mainbrücke nahe Horhausen an ihrem endgültigen Bestimmungsort. Nämlich 23 Meter flussabwärts. Dort, wo sie in den nächsten Jahrzehnten als eines der wichtigsten Bindeglieder zwischen dem nördlichen und südlichen Maintal den Verkehr über das Wasser führen soll. Das Millionenprojekt steht damit kurz vor dem Abschluss.
"Wir müssten bei Meter neun sein", sagt Joachim Dietz, Abteilungsleiter für Brückenbau im Staatlichen Bauamt Schweinfurt, wenige Stunden zuvor sichtlich zufrieden. Die Spätsommersonne scheint, es ist trocken. Vor seinen Füßen gleitet die Konstruktion langsam aber kontinuierlich in Richtung Endposition. "Wir liegen gut in der Zeit", sagt Dietz, "aber es kann immer etwas passieren." Er sollte am Ende Recht behalten. Aber von vorne.
Abriss der alten Brücke startete vor 14 Monaten
Vor gut 14 Monaten hatte der Abriss der alten Mainbrücke begonnen. Nach und nach demontierten die Arbeiter damals das Bauwerk aus den 60er Jahren. Bis heute stützte sich die neue Brücke auf sogenannte Behelfunterbauten. Der Verkehr konnte auf diese Weise ohne große Einschränkungen weiter fließen.
Nun, am vergangenen Mittwoch, sollte das zweiteilige Gebilde – bestehend aus Stabbogenbrücke und Vorlandbrücke – über eine Schienenkonstruktion auf die neuen Pfeiler und Widerlager aus Stahlbeton gezogen werden, die in den vergangenen Monaten errichtet worden waren. "Seither – also sicher ein halbes Jahr – lief auch die konkrete Planung für die Querverschiebung", sagt Joachim Dietz. Und: "Die Herausforderung heute ist, dass die Technik funktioniert und die Bewegungsachse stimmt."
Klare Kommandos und Absprachen nötig
Konstanze Komm sorgt an diesem Tag dafür, dass das der Fall ist. Ihr Unternehmen aus dem Süd-Osten Nürnbergs ist auf Einsätze wie diese spezialisiert. Mit einem weißen Helm auf dem Kopf und dem Funkgerät in der Hand steht sie in der Mitte der Brücke, gebeugt über das Geländer. Dort hat Komm alles im Blick. Sie koordiniert, gibt Kommandos. "Wir fahren jetzt auf 9,175 Meter", spricht sie in das Walkie-Talkie. Die Millimeterarbeit bedarf klarer Ansagen und Absprachen. "Danach gebt ihr mir die Messstände durch." Komm notiert.
Hydraulikpressen ziehen das Bauwerk, das auf einem Verschubschlitten steht, mit vier Stangen im Gleichschritt an seinen Bestimmungsort. Edelstahlplatten, mit Spezialfett versehen, reduzieren die Reibung. Auf diese Weise wird nur ein Bruchteil der Kraft benötigt, um das tausende Tonnen schwere Bauwerk zu bewegen, etwa drei Prozent des Gewichts.
Kommen die Hydraulikpressen aus dem Tritt, droht die Konstruktion zu verkanten. Notiert Konstanze Komm Unregelmäßigkeiten, muss einzeln nachgesteuert werden. Insgesamt leisten an diesem Tag rund 20 Männer und Frauen einen Beitrag zum Erfolg der Aktion.
Nur zwei bis drei Millimeter Spielraum in der Endlage
Erfolg, das bedeutet an diesem Tag vor allem Präzision. "Ich begleite das Bauprojekt bereits seit Beginn", sagt Steffen Markert. Der Vermesser steht mit seinem Nivelliergerät auf der Nordseite der Baustelle. "Wir haben Ende vergangener Woche Messmarken angelegt, mit der wir die Lage der Konstruktion kontrollieren können – auch während des Verschubs", sagt der 45-Jährige.
"Wenn der Querverschub abgeschlossen ist, sollte die 'Ist-Lage' sehr nah dran sein an der 'Soll-Lage'", sagt er Experte. Zwei bis drei Millimeter seien hier der Spielraum. "Wenn alles geklappt hat und so ein Projekt beendet ist, ist das schon sehr erfüllend", erzählt Steffen Markert. "Und wenn man selber über eine Brücke fährt, an dessen Bau man beteiligt war, ist es umso schöner."
Abschluss des Bauprojekts im März 2023
Doch am Ende wird es an diesem Tag noch einmal spannend. Denn bis die Brücke dort steht, wo sie sein soll, dauert es länger als geplant. Eine Verschubbahn, so stellt sich knapp vor dem Ziel heraus, war zuvor rund 20 Zentimeter zu kurz angelegt worden. "Kein Problem", erklärt Bauüberwacher Michael Ressel. "Wir nutzen jetzt massive Stahlplatten. Fertig werden wir heute auf jeden Fall." Und er soll Recht Behalten: Gegen 18.30 Uhr ist die Endlage erreicht.
Abgeschlossen sein soll das Millionenprojekt in Horhausen im März 2023, so Joachim Dietz. "Also weiter nach Plan." Die Vollsperrung der Brücke gelte bis 22. Oktober. Die restlichen Arbeiten können dann neben dem fließenden Verkehr fertiggestellt werden. Insgesamt wurden für das Vorhaben Kosten in Höhe von rund 28,5 Millionen Euro veranschlagt. Was die Finanzen betrifft, liege man ähnlich dem Zeitplan im Soll, sagt Dietz.