Samstagabend in der Sanderau. Am Mainufer spielen sich Szenen ab, die an ein Festival erinnern: Musik tönt aus verschiedenen Richtungen gepaart mit Stimmengewirr und Gelächter, junge Menschen in Feierlaune veranstalten typische Trinkspiele wie Trichtern oder Bier-Pong. Sie sitzen auf Bänken, Decken oder Campingstühlen zusammen. Einige haben kurzerhand die leeren Bierkästen zu Hockern umfunktioniert.
Immer noch sind viele Clubs in Würzburg geschlossen. Manche bieten statt durchtanzter Nächte zur Musik vom DJ ein abgeschwächtes Alternativprogramm an. Und auch Bars und Kneipen dürfen nur unter besonderen Auflagen öffnen. Wohin zieht es also die Partyszene an warmen Sommerabenden? Und wie sieht ein Abend im Würzburger Nachtleben in Zeiten von Corona aus?
Familien und Sportler treffen auf Jugendliche in Feierlaune
Gegen acht Uhr strömen die Ersten in Richtung Mainufer, die Bollerwägen und Fahrräder sind voll bepackt. Mit Bierkästen, großen Musikboxen und Picknickdecken suchen sie sich einen freien Platz auf den Wiesen. Auch ein Wäscheständer steht schon aufgeklappt zwischen den Bäumen bereit. Am Samstagabend ersetzt er den Tisch für das Bier-Pong-Spiel. Tischtennisbälle werden von Seite zu Seite geworfen, wer in den vollen Bierbecher trifft, zwingt den Gegner zum Austrinken.
Noch ist ein gemischtes Publikum auf Tour: Studierende, Jugendliche, Paare und auch Familien tummeln sich am Wasser. Kinder toben ausgelassen auf dem Spielplatz, manch einer erfrischt sich im kühlen Nass des Mains, andere kicken oder werfen Frisbee. Mittendrin junge Menschen, die sich nach Party sehnen.
"Ich liebe das Nachtleben und ich muss sagen, dass ich gerne die Wahl hätte auch wieder in den Club zu gehen", sagt Tino Meyer, der mit seinen Freunden fast jedes Wochenende am Main ist. Sie hören Musik, sind mit Trinkspielen beschäftigt und spielen Fußball. Er wisse, dass die Entscheidung über die Öffnung der Clubs nicht in seiner Hand liege. "Wir machen momentan einfach sehr viel privat und lernen das Nachtleben so nochmal ein bisschen anders kennen", erklärt er.
Ein paar Meter weiter sitzt Student Jonas H. mit seinen Freunden auf einer rot-karierten Decke und trinkt ein Bier. Sie treffen sich häufig abends am Main, trotzdem vermisse auch er das Feiern: "Wir waren letztens im Dornheim, aber da ist es natürlich anders. Es lief zwar Musik, aber tanzen durften wir nicht. Das haben wir dann an den Tischen gemacht", erzählte er. Sie sind nicht optimistisch, dass sie bald wieder in die Clubs können: "Aber immerhin haben die Bars wieder offen, dort sind wir aktuell häufiger."
Einige sehen die Entwicklung des Nachtlebens auch kritisch
Aber nicht alle an diesem Abend vermissen das Feiern in vollen Clubs - wie Justus Hagmann. Der Student ist mit seinen Freunden diesen Sommer zum ersten Mal am Main, um einen Geburtstag zu feiern. "Ich war vor Corona auch primär in Kneipen unterwegs und habe dort meine Abende verbracht und das geht ja jetzt mit Einschränkungen auch wieder." Solange sich dort jeder an die Regeln halte, fühle er sich auch wohl. Große Feiern würde er noch meiden und auch nicht in Clubs gehen, wenn diese wieder öffnen würden. "Die Krise ist ja noch nicht vorbei und ich glaube die Öffnung der Clubs steht ganz am Ende der Kette – da kannst du eher das Fußballstadion voll machen bevor du den Club wieder befüllst", so Hagmann.
Die Mainwiesen sind dicht besiedelt und das nicht nur von Menschen - wer hier sitzt, muss Insekten mögen. Käfer krabbeln durch das Gras und am Wasser schwirren Mücken und kleine Fliegen umher.
Auch die Polizei ist vor Ort und beobachtet die Menschenansammlungen. Neben dem Streifenwagen, schippert auch ein Boot der Wasserschutzpolizei am Ufer vorbei. Manche der jungen Menschen sind über die Massen erstaunt und sehen die Lage auch kritisch. "Ich war die letzten Wochen nicht am Main und als wir herkamen, war ich überrascht, wie voll es ist – sogar schon vorne an der Mainbrücke", erzählt Anna Törke.
Sie habe das Gefühl, dass viele Menschen momentan auf Freiluftflächen zum Feiern ausweichen: "Ob das besser ist, ist natürlich die Frage." Auch hier sitze man teilweise dicht auf dicht. Das sieht sie problematisch. Sie war vor Corona selten in Clubs, weiß aber natürlich, dass an deren Öffnung viele Existenzen hängen. "Wenn man die Finanzen allerdings außen vor lässt, fände ich es unverantwortlich zu öffnen", so Törke.
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Patrick Holz Füße baumeln etwa einen halben Meter über dem Wasser. Er und seine Freunde haben es sich abseits der Wiese mit einer Flasche Bier in der Hand auf einer Kaimauer gemütlich gemacht. Holz sieht die Alternative, sich an der frischen Luft zu treffen, durchaus positiv. "Man spart auf jeden Fall ordentlich Geld, weil man Getränke im Supermarkt kauft und sich dann damit zum Beispiel an den Main setzen kann." Clubs brauche er nicht unbedingt, denn er sei schon immer lieber mit Freunden draußen unterwegs gewesen.
Langsam setzt die Dämmerung ein, Familien mit Kindern sind nun kaum noch zu sehen. Neben den Studierenden sind mittlerweile auch einige Junggesellenabschiede unterwegs. Diese waren vor Corona auch in vielen Würzburger Clubs vertreten. Aber auch sie haben scheinbar Alternativen gefunden - an diesem Abend sind in kurzem Abstand zwei Gruppen auf mit Lichterketten behangenen Hausbooten auf dem Main unterwegs.
Partydampfer wird zum "Bootgarten"
Zur späteren Stunde fällt auf dem Weg durch Würzburg auch die gut besuchte Innenstadt auf. Am Mainkai tummeln sich Menschengruppen, die Alte Mainbrücke und die Kneipen sind voll. Aber auch die Clubs versuchen sich mit Alternativangeboten über Wasser zu halten, wie das "Boot".
Bei der Ankunft am Alten Hafen ist schon die Musik vom Außendeck zu hören. Getanzt wird wie sonst üblich dort allerdings nicht. Stattdessen trinken die Gäste im 'Bootgarten' auf Liegestühlen entspannt Cocktails oder rauchen Shisha. Der Partydampfer ist gut besucht.
Endstation der Nachtwanderung: Sanderstraße
Trotz Corona bleibt für viele Feiernde letzte Station der Nacht die Sanderstraße. Bei Einbruch der Dunkelheit ziehen sie vom Main in Richtung Kneipenmeile. Die Gäste pilgern von Bar zu Bar, vor einigen bilden sich Menschentrauben. Auch Jonas H. ist mit seinen Kumpels mittlerweile vor dem Reue zu sehen. Auf und ab ist Stimmengewirr zu hören, manche haben es sich in den offenen Fensterrahmen der Kneipen bequem gemacht. Die Stimmung ist ausgelassen, schnell ist der Abstand oder die Maske vergessen.
Das merkt auch Barkeeper Jonathan Ziegler. "Ab und zu gibt es Tage, an denen sich einige Gäste nicht zusammenreißen und ich regelmäßig auf die geltenden Regeln hinweisen muss", erklärt er. In diesen Situationen würde er sich mehr Verständnis von den Feiernden wünschen: "Manchmal begreifen Gäste nicht, dass wir am Ende das Problem haben und Existenzen von ihrem Verhalten abhängen." Im Großen und Ganzen handele es sich hier jedoch um Ausreißer und die meisten Gäste halten sich an die geltenden Regeln. "Es ist aber natürlich nicht dasselbe, wie früher mit den neuen Auflagen."
Auch die Nacht in der Sanderstraße findet irgendwann ein Ende. Während einige um kurz vor eins den Heimweg antreten, sind andere Barbesucher noch in reger Feierlaune. Einen Club von innen werden sie so schnell wohl jedoch nicht sehen. Neben den Kneipen bleibt ihnen vorerst nur die Wiese am Main.
Kaum ein Tag an dem nicht von Parties am Main und auf dem Main oder dem Treiben auf der "Säuferbrücke" berichtet wird. Übrigens tolle Reklame für die Wirte dort, ohne Ihnen etwas zu unterstellen, Aber je mehr Sie das ganze Treiben dort medial verbreiten, desto mehr Leute locken Sie an.
Die Frage sollte übrigens nicht lauten "Wo also Feiern?" sondern vielmehr "WARUM feiern?" bzw. "WAS denn Feiern?".
Demnach stellt sich die Frage ob die kritischen Kommentatoren in gleicher Situation sich damals wesentlich verantwortungsvoller verhalten hätten? Muss sich jeder fairerweise selbst man hinterfragen.
Nicht, dass wir uns falsch verstehen. Auch ich finde dieses rücksichtslose Party- und Sauf-Treiben völlig daneben, egoistisch und verantwortungslos. Häufigere gezielte Kontrollen mit drastischen Geldstrafen (Führerscheinentzug ist auch eine neue diskutierte, sicherlich wirksame, Bestrafung für Delikte außerhalb des Straßenverkehrs) könnten etwas Abhilfe schaffen. Ansonsten bleibt uns nur zu hoffen, dass am Ende der Virus so "klein" bleibt wie er aktuell ist.