
Es ist kurz nach 6 Uhr am Morgen, als Elmar Umhöfer sein Doppeldecker-Flugzeug aus dem Hangar schiebt. Er lebt direkt neben seinem Flugzeug. Er lebt das Fliegen. Wie fast jeden Morgen bei schönem Wetter will der Mann aus Saal im Landkreis Rhön-Grabfeld gemeinsam mit seiner Tochter Anita seine Morgenrunde drehen. Etwa 30 bis 40 Minuten. "Wo wir hinfliegen, das entscheiden wir immer erst in der Luft", sagt Elmar Umhöfer. "Mal nach Thüringen, mal in Richtung Schweinfurt. Oft zum Kreuzberg."

Wenngleich seine Schritte langsamer geworden sind und das Einsteigen nicht mehr ganz so geschmeidig klappt wie früher: Elmar Umhöfer ist mit seinen 91 Jahren noch beeindruckend vital, redegewandt - und fit genug, um ein Flugzeug zu starten, zu lenken und zu landen.
Zum nächsten Medizin-Check geht der Pilot nicht mehr
Trotzdem will er nun einen Schlussstrich ziehen. Mitte August wäre der nächste Medizin-Check, den alle Pilotinnen und Piloten einmal im Jahr absolvieren müssen, fällig. Umhöfer will ihn nicht mehr verlängern.
5488 Flüge hat Umhöfer in seinem Leben erfolgreich beendet. Zwölf Mal will er mindestens noch selbst am Steuer abheben: "5500 Flüge sind mein Ziel. Das will ich schaffen. Die nächsten Tage und Wochen mache ich die voll."
Warum das frühe Aufstehen und das Fliegen am Morgen viel Zeit spart
Dass er immer morgens fliegt, hat mehrere Gründe: "Zum einen mag ich die Morgenstimmung und dass niemand, außer uns, in der Luft mit dem Flieger unterwegs ist", meint der 91-Jährige. "Zum anderen wegen der Fliegen und Mücken. Die schlafen scheinbar früh am Morgen noch und sind erst nach mir wach", sagt Umhöfer mit einem Schmunzeln. "So erspare ich mir viel Arbeit beim Putzen, weil die Maschine weniger verschmutzt ist, als wenn ich am Mittag fliege."

Für ihn ist die Reinigung und Wartung der Maschine selbstverständlich und gehört seit 57 Jahren fest zu seinem Tagesablauf. Sein Credo sei immer gewesen: "Was mit dem Buchstaben F beginnt, muss man sorgsam pflegen: Als Erstes die Frau. Dann der Flieger, das Fahrzeug und der Federfüllhalter."
Murphy Renegade: Die Lieblingsmaschine wurde selbst zusammengebaut
Seine Maschine, eine Murphy Renegade Doppeldeckermaschine, ist sein ganzer Stolz. Sein Ein, sein Alles. 1996 baute Umhöfer sie eineinhalb Jahre lang mit Peter Volz, der nach wie vor als Ausbildungsleiter und Fluglehrer in Saal aktiv ist, aus einem Bausatz zusammen. Immer nach Feierabend und oft bis spät in die Nacht. "Nur die Reifen und der Motor waren fertig. Der Rest kam in unzähligen Einzelteilen. Die Folie wurde mit über 2000 Nieten befestigt. Das dauert."


Wer so viel Zeit und Herzblut in ein Flugzeug steckt, der braucht auch ein besonderes Kennzeichen. Auf das ist der 91-Jährige immer noch stolz: D-MSEU. "Das D steht für Deutschland, der Rest für "Markt Saal, Elmar Umhöfer."
Auch 57 Jahren nach seiner Piloten-Prüfung spricht der rüstige Rentner immer noch voller Faszination von seinem Hobby, das für ihn viel mehr ist als nur das. Schon als zehnjähriger Junge sei er wie angezogen gewesen von der Freiheit und Leichtigkeit der Vögel sowie den Flugzeugen, die über Saal flogen. Nicht wissend, dass diese Kriegsflugzeuge in feindlicher Mission waren und oftmals nie wieder sicheren Boden unter den Rädern hatten, sagt Umhöfer heute.

Die Faszination ließ ihn nie los und war so groß, dass er erst einen Flugschein absolvierte und 1967/68 zum Initiator und Ideengeber für den Flugplatz in Saal und den Flugsportverein Grabfeld war. Zu dieser Zeit durften die Pilotinnen und Piloten von Saal aus die heutige B279, die direkt neben dem Flugplatz verläuft, nicht überfliegen. Denn dort hatte schon das Zonenrandgebiet begonnen. Daran gehalten habe er sich nicht immer, sagt Elmar Umhöfer lachend: "In 2000 Metern Höhe war ich doch von unten aus nur so groß wie eine Mücke."
Umhöfer war Großhandelskaufmann mit eigener Firma, hat drei Kinder. Und in seinem Fliegerleben hat er vieles erlebt. Segelflüge in Höhen von über 8000 Metern, Langstreckenflüge ins Ausland, Probleme mit westdeutschen Grenzbeamten während der innerdeutschen Teilung und unzählige, unvergessliche Naturspektakel. "Das Fliegen ist die andere Dimension. Laufen und Fahren kann jeder. Fliegen, vielleicht aus dem Wirtshaus raus, ja. Aber nicht so wie wir Piloten."
In 57 Pilotenjahren mehr als 3000 Stunden in der Luft
Schon bald wird Elmar Umhöfer nicht mehr selbst am Steuerknüppel sitzen und dann nur noch, aber das ganz gewiss, als Passagier durch die Rhöner Lüfte fliegen. Von Wehmut dennoch keine Spur: "Ich finde das weder traurig noch schade. Ich bin 57 Jahre lang geflogen, war über 3000 Stunden in der Luft und habe fliegerisch alles erreicht und erlebt, was ich wollte."

Über 3000 Stunden - zusammengerechnet war Umhöfer mehr als 125 ganze Tage in der Luft. Unzählige, wundervolle Erinnerungen hat er daran. Aber irgendwann sei es auch mal gut und man müsse aufhören: "Es war schon immer so. Wenn ich in meinem Leben eine Entscheidung getroffen habe, dann galt diese. Für immer und ohne nachzujammern."
Mit der Leidenschaft für die Fliegerei die Tochter angesteckt
Umhöfers Tochter Anita Herrmann, die selbst seit 45 Jahren passionierte Segelflugpilotin ist und im Verein tatkräftig mit anpackt, erzählt: "Mir wurde das Fliegen quasi in die Wiege gelegt, denn wir sind ja am Flugplatz groß geworden. So haben wir uns vom Papa von der Fliegerei anstecken lassen. Immer noch jeden Morgen mit meinem Vater in der Luft zu sein, genieße ich wirklich sehr." Es sei jedes Mal ein besonderes Erlebnis, sagt die 59-Jährige. "Dazu bekomme ich vor oder nach der Arbeit beim Fliegen den Kopf frei. Das ist einfach herrlich."

Es ist 7.34 Uhr an diesem sonnigen Juli-Tag. Gekonnt, sicher und sanft setzt Elmar seine Renegade auf die Saaler Landebahn. Gemächlich steigt er mit seiner Tochter aus dem Flugzeug, lächelt zufrieden und freut sich, dass heute besonders wenig Mücken am Propeller zu finden sind. Heute notiert er sich einen kleinen Rundflug in sein Bordbuch: Erst zur Enkeltochter nach Merkershausen, danach über Maria Bildhausen nach Bad Neustadt. "Ich wollte mal schauen, wie die Bauarbeiten an der BayWa-Kreuzung vorangehen."
Der Autor und die Geschichte

Und an Hr. Günther Schreiber und georg ruettiger , ich hoffe sie sind noch nie in den Urlaub geflogen, sonst wäre ihr Kommentar nur Heuchelei