Wenn ein Winzer tatsächlich keine Toastung will? Trotz Vorwarnung? Andreas Aßmann lässt sich das schriftlich geben, damit sich hinterher keiner beschwert. Das Fass braucht Feuer. Und wenn es der Kunde anders möchte – selber schuld. Es ist wie beim Toastbrot aus dem Supermarkt, sagt Aßmann. „Aus der Tüte raus: schmeckt scheiße. Aber getoastet: super!“
Der Seniorchef formuliert es mit knitzem Lächeln etwas weniger drastisch. „Das erhitzte Holz gibt Zucker ab“, sagt Karl Aßmann. „Das kann sich ein Laie gar nicht vorstellen, dass da Zucker entsteht, wenn wir Holz erhitzen.“ Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs bringen die Aßmanns in Eußenheim bei Karlstadt nun Feuer ans Holz – schon und immer noch.
Sie pflegen das uralte Handwerk des Fassmachens, fast unverändert. Früher, sagt der 81-jährige Seniorchef, da habe es ja in fast jedem Ort einen gegeben, der Holzgefäße machte und Bottiche für die Bauern. Inzwischen aber sind die Büttner aus Eußenheim die letzten und einzigen in Franken, die getrocknete Dauben im Wasserdampf biegsam machen, in die gewölbte Fassform bringen und dann mit Reifen aus Stahl zusammenspannen. Auf dass später der Wein darin atmen und reifen und gut werden kann.
In den Siebzigerjahren hatte es nicht gut ausgesehen für die Büttner, die anderswo im Land Böttcher oder Küfer heißen. Ein paar Missernten, wenig Wein . . ., die Fässer in den Kellern blieben leer und trocken. „Da sind viele kaputtgegangen“, sagt Karl Aßmann. Die Büttner machten Gartenmöbel und Holzeimer und versuchten irgend über die Runden zu kommen. Als es dann wieder aufwärts ging mit den Erträgen und dem Frankenwein, füllten die Winzer lieber Kunststoff- oder Alufässer. „Die kann man stehen lassen“, sagt Andreas Aßmann über die Stahltanks.
Um ein Holzfass dagegen müsse man sich immer kümmern, „wie um eine Frau“, auch wenn es leer ist. Schwefeln, konservieren, gucken, dass sich keine Essigbakterien breitmachen – „sonst ist es aus“. Aber wenn sie regelmäßig befüllt werden, wenn jedes Jahr ein paar Monate Wein drin ist – „dann halten die ewig und drei Tag'“. Oder wenigstens hundert Jahre.
„Jahrzehntelang sind nur Weine gemacht worden“, sagt Andreas Aßmann, der 1996 den Betrieb vom Vater übernommen hat. Jetzt gehe es nicht mehr nur um Menge. "Jetzt muss man sich absetzen. Es sind andere Weine im Holzfass.“ Die jungen Winzer wüssten wieder Bescheid über die Qualitäten der Barriques, über diese anderen Aromen, die nur durch das Atmen im getoasteten Holzfass kommen.
Den Glauben an die Zukunft seines Handwerks hat der Firmenchef vor vier Jahren sichtbar gemacht – am Ortsrand in einem Neubau aus Stahl, Beton und Glas. Zwei 1200 Quadratmeter große Hallen haben er, sein Sohn Erik und die ihre acht Mitarbeiter jetzt für ihre schweißtreibende Arbeit. Von hier liefern sie ihre Fässer an Winzer und Weinbaubetriebe in Franken, in Baden, im Elsaß, in Neuseeland, Thailand . . . eigentlich in die ganze Welt.
„Am Anfang meiner Lehre haben wir 20 Barrique-Fässer produziert, heute sind es 400 im Jahr“, sagt Andreas Aßmann über die Gefäße mit der Toastung. Dazu Maischebottiche, Wein- und Destillat-Fässer zwischen zehn und 4000 Liter. Und Sonderanfertigungen wie die Stückfässer mit rundem Boden für den historischen Stückfasskeller unter der Würzburger Residenz.
Das Wichtigste: Alle Gebinde sind aus Eiche. Ausschließlich Spessarteiche. Weil Eichenholz im Unterschied zur Buche langfaserig ist und sich biegen lässt. Und weil Andreas Aßmann auf Regionalität setzt, nur im Umkreis von 80 Kilometern Eichenstämme kauft und genau wissen will, von welchem Baum sein Holz kommt.
Die Qualität beginne lange vor der Bearbeitung. Jahre vorher schon – „bei der Auswahl“. Deshalb geht der 50-Jährige raus in den Wald, sucht die Stämme selber aus, schneidet selber ein. Im Winter, wenn die 200, 300 Jahre alten Bäume in Saftruhe stehen. „Das lassen wir niemanden anderes machen.“ Und dann lagert dieses ausgewählte Holz erst einmal zwei, drei oder fünf Jahre. Draußen, im Freien, um die Gerbstoffe auszuwaschen. Ein weiteres Jahr kommt es zum Trocknen in die Halle. „Ablagern ist wichtig“, sagt der Büttner. Künstliche Trocknung würde den Wein später nur ungut beeinflussen.
Überhaupt ist es das, was Andreas Aßmann an seinem Handwerk so liebt. "In welchem Beruf macht man von A bis Z wirklich alles selber?" Die Ringe aus Bandstahl, die genieteten Reifen - sie entstehen in Eußenheim. Und auch wenn in Unterfrankens letzter Büttnerei heute elektrische Sägen, Hobel und Fräsen zum Einsatz kommen – das Fassmachen ist noch immer handwerkliche Kunst, die Erfahrung und Geschick verlangt und Kraft fordert. Und abläuft wie einst. "Der Großvater tät' noch mitarbeiten können", sagt der Firmenchef.
Aus den getrockneten Stämmen werden die Dauben gespalten und geschnitten: Streifen für die äußere Rundung, Stutzen für die Länge, dann werden sie zur Fassrose gefügt. Die wird im Biegeraum in den Feuerkorb gestellt. Ist es heiß genug, können die Dauben gebogen und mit Eisenreifen in Form gehalten werden. Da sei „das große Büttner-Können gefragt“, sagt Aßmann. Die Dauben müssen ohne Dichtmittel dichthalten.
Danach werden die Böden eingebunden mit Rohrkolbenblättern und abgedichtet mit einer Paste aus Wasser und Mehl. Den letzten Schliff bekommen die Fässer auf der Drehbank. Sorgfältig wird die Oberfläche abgehobelt, neu bereift und mit feinem Lack veredelt. Außen nur, innen natürlich bleibt das Holz roh. Am Ende geht's in den Wässerraum, zur Schlussinspektion. Tropft nichts? Passt, das Fass.