
Nach drei Jahren Planungszeit biegt die Realisierung vom Projekt 'Zukunftshaus' auf die Zielgerade ein. In den alten Räumen des nach 160 Jahren geschlossenen Schuhhaus Kolb eröffnet im September ein Geschäft, das ein Gegenmodell zur Wegwerfgesellschaft anbieten möchte. In der Stadt gibt es inzwischen den Unverpackt-Laden sowie gelegentliche Repair-Cafés und Kleidertausch-Börsen. "Das Einmalige an unserem Projekt sind nicht die Einzelaspekte, sondern die Bündelung an einem Ort mitten in Würzburg", sagt Matthias Pieper.
Mathias Pieper arbeitet bereits seit Jahren in der nachhaltig orientierten Geschäftswelt Würzburgs und darüber hinaus aktiv. Er arbeitet zurzeit noch im Weltladen und war jahrelang in einem Handelsverband für Fair-Trade-Produkte aktiv. "Inzwischen ist das Nachhaltigkeitsbewusstsein in unserer Gesellschaft weit verbreitet, aber Vielen fehlen die Gelegenheiten, das auch im Alltag umzusetzen", sagt der 38-jährige.
Eine solche Gelegenheit soll das Zukunftshaus für die Würzburgerinnen und Würzburger bieten. Mit seiner Idee konnte er im Laufe der Jahre etwa 40 "Genossinnen und Genossen" gewinnen. Denn getragen wird der Laden von einer Genossenschaft, die mit dem Verkauf der Genossenschaftsanteile das notwendige Eigenkapital liefern soll. Dadurch sollen das finanzielle Risiko abgefangen und zugleich der Gedanke der solidarischen Bewirtschaftung verankert werden.
Verkauf nachhaltiger Produkte
Den Kern vom neuen Zukunftshaus bildet der Verkauf möglichst nachhaltiger Produkte. Die Produktpalette reicht dabei von Haushaltsgeräten über Kleidung bis hin zu Lebensmitteln in Pfandbehältern. Ausgewählt werden sie nach vier Kriterien: Wo wurde es hergestellt? Denn kurze Lieferwege reduzieren den ökologischen Fußabdruck. Welche Rohstoffe wurden verwendet und wo kommen diese her? Und: Wie fair waren die Arbeitsbedingungen?
Für Sachen, die man selbst nur selten braucht, möchte das Zukunftshaus einen Verleih-Service anbieten. Ob Beamer, Zelte oder Bohrmaschinen - "Nutzen, aber nicht besitzen", nennt Matthias Pieper den Ansatz im Sinne der 'Sharing-Economy', also einer nachhaltigen Tauschwirtschaft. Das Ziel soll sein, dass durch das gemeinsame Teilen Ressourcen und Geld gespart werden können.
Tauschen und Reparieren
In diesem Sinn steht auch das Reparaturangebot im Haus. "Wir haben einen Tüftler gefunden, dem es wichtig ist, dass alte Geräte nicht weggeschmissen werden", sagt Pieper. Kundinnen und Kunden sollen kleinere Haushaltsgegenstände gegen eine niedrige Gebühr reparieren lassen - wenn sie noch zu retten sind.
Diese Arbeit wird ebenso ehrenamtlich über einen Verein organisiert wie der Tauschbereich im Zukunftshaus. Dort kann man Dinge, die man nicht mehr braucht, abgeben oder kostenlos mitnehmen, was andere nicht mehr brauchen. Neben einem festen Angebot für Kleidertausch ist ein wechselndes Sortiment in einem zweiten Raum geplant. Als Beispiel dafür nennt Matthias Pieper eine mögliche Aktion rund um Weihnachtsartikel.
Mit diesen vier Aspekten –kaufen, mieten, tauschen, reparieren – möchte das Zukunftshaus "nachhaltigen Konsum möglichst einfach gestalten", wie Matthias Pieper sagt. Bis zur Eröffnung in der Würzburger Innenstadt gibt es für die Organisatorinnen und Organisatoren noch viel zu tun. Während die Räumlichkeiten in der Augustinerstraße zur Zeit kernsaniert werden, sucht die Gruppe momentan vor allem Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie Sachspenden für Mietartikel.
Auf die nähere Zukunft blickt Matthias Pieper optimistisch. Er ist überzeugt, dass das nachhaltige Konsumkonzept in Würzburg erfolgreich sein wird. Aber sein Blick geht auch schon in die fernere Zukunft: "Wenn am Ende auch in einer anderen Stadt ein Zukunftshaus entsteht, wäre hier niemand traurig."
Weitere Informationen zum Projekt unter: https://www.zukunftshaus-wuerzburg.de/
Batikhemd und Latzhose sind schon lange out.
Viel Erfolg fürs Zukunftshaus.