
Ob in Forschung, Wirtschaft oder Politik, prinzipiell ist man sich einig: Die Unternehmen müssen zukünftig stärker auf die Vermittlung von gesellschaftlichen Werten setzen, um erfolgreich zu bleiben. Angesichts des Fachkräftemangels werben gerade mittelständische Firmen und Handwerksbetriebe um potenzielle Angestellte oder Auszubildende. Auch Kundinnen und Kunden achten genau darauf, ob ein Unternehmen auf soziale oder ökologische Kriterien achtet.
Stiftungsarbeit, Inklusion, Ökologie und Mitarbeiterführung: Was es bedeutet, im Betrieb diese Werte zu vertreten, wird am Beispiel von vier Unternehmen aus der Region vorgestellt.
1. Gemeinnützige Stiftungsarbeit

Eine häufige Art, sich als Unternehmen in der Region zu engagieren, ist die Gründung einer Stiftung. Ein Beispiel aus Würzburg ist die Vogel-Stiftung. Die Vogel Communications Group (VCG) überträgt jährlich ein Viertel ihres Gewinns auf die gemeinnützige Stiftung, die seit diesem Jahr 25 Prozent der Anteile an dem Kommunikationsunternehmen hält. Seitdem sie im Jahr 2000 vom damaligen VCG-Aufsichtsratsvorsitzenden und seiner Frau, Kurt und Nina Eckernkamp, ins Leben gerufen wurde, finanziert die Stiftung vielfältige Projekte rund um Würzburg. Wie der Vorstandsvorsitzende der Stiftung, Gunther Schunk, erklärt, war der Grundgedanke des Stifterpaares, "als erfolgreiche Unternehmer der Region etwas zurückzugeben".
"Soziale Verantwortung im Unternehmen selbst, aber auch gegenüber der Gesellschaft, das ist ein Wert, der zunehmend an Bedeutung gewinnt", begründete das einst der inzwischen verstorbene Kurt Eckernkamp. Da heute gerade Jüngere sich eine sinnstiftende Arbeit wünschten, so Gunther Schunk weiter, sei es als Unternehmen besonders wichtig, den Angestellten zu zeigen, dass ein Teil des erwirtschafteten Gewinns wieder in die Region zurückfließe.
Neben Projekten in Kultur und Bildung liegen die Hauptschwerpunkte der Stiftung auf der Förderung von Gesundheit und Forschung. Wie Gunther Schunk erklärt, war das größte Projekt der Vogel-Stiftung die langjährige Finanzierung einer großangelegten Studie zur Demenzfrüherkennung. Darüber hinaus vergibt die Stiftung jährlich Forschungsförderpreise, die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universität Würzburg für ihre Forschung verliehen werden. 2021 gingen die mit 87.000 Euro dotierten Preise an vier Würzburger Forschende in den Bereichen Medizin, Big Data und Medien.
2. Inklusion im Unternehmen

Werteorientierte Unternehmensführung kann auch bedeuten, die Belegschaft inklusiv zu gestalten. Bei der Würzburger Firma Kurt Herold ist seit nunmehr drei Jahren ein Mitarbeiter mit Behinderung angestellt. "Richard ist für uns goldwert und wir möchten nicht mehr auf ihn verzichten", berichtet Annett Herold-Behl. Sie ist Geschäftsführerin des Unternehmens, das der Generalvertreter für Unimog-Nutzfahrzeuge in Unterfranken ist.
Als die Firma eine Stelle für die Instandhaltung der Werkstatt ausgeschrieben hatte, suchte die Geschäftsführerin Kontakt zu den Mainfränkischen Werkstätten. Weil die Anstellung eines Mitarbeiters mit einer Behinderung auch Rücksichtnahme erfordere, habe sie das Thema mit der ganzen Belegschaft besprochen, bevor aus einem Praktikum eine langfristige Arbeit wurde. Sowohl von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern als auch von Kundinnen und Kunden beschreibt Herold-Behl das Feedback als durchweg positiv.
Heute sei Richard ein wichtiger und vollständig in die Arbeitsabläufe integrierter Mitarbeiter, weshalb die Geschäftsführerin des Familienbetriebs andere Firmen zu mehr Inklusion aufruft. Auch auf Messen werbe sie für das Modell, das auch ein Pilotprojekt sei, weil die Anstellung von Menschen mit Behinderung nicht überall so einfach möglich sei wie in Würzburg.
3. Ökologische Nachhaltigkeit

Angesichts der Klimakatastrophe ist die ökologische Nachhaltigkeit heute ein Topthema des werteorientierten Wirtschaftens. Nachhaltigkeit als Geschäftsmodell hat sich auch die memo AG aus Greußenheim, im Landkreis Würzburg, auf die Fahne geschrieben. Der Online Versandhändler für ökologischen Bürobedarf gründete sich bereits 1991 im Würzburger Alten Hafen als "Firmenausstatter für Nachhaltige".
Wie Claudia Silber von der memo AG erklärt, ginge es für das Unternehmen nicht nur um den Versand ökologischer Produkte, sondern "jeder Bereich des Unternehmens wird nach sozialen und ökologischen Kriterien überprüft". Ein Aspekt der dabei besonders im Fokus steht, ist die Zustellung. Memo wirbt damit, die eigens entworfene Mehrwegversandbox zu nutzen, um den anfallenden Müll zu minimieren. Zudem setze das Unternehmen für die Auslieferung in Städten vermehrt auf Radboten.
"In Würzburg sind wir damit inzwischen so erfolgreich, dass wir die Lieferung noch am selben Tag anbieten können", berichtet Claudia Silber. Gerade im Versandhandel, der häufig für mangelnde Nachhaltigkeit kritisiert werde, sei es besonders wichtig, ambitionierte ökologische Ziele konsequent zu verfolgen.
4. Wertschätzende Mitarbeiterführung

"Beim Fachkräftemangel stehen wir heute vor dem Scherbenhaufen, den wir Unternehmen selbst zu verantworten haben", sagt Farroch Radjeh. Der Geschäftsführer von FR Catering aus Reichenberg ist der festen Überzeugung, "nur mit Wahrhaftigkeit und Ehrlichkeit den Menschen gegenüber" ein erfolgreiches Unternehmen leiten zu können. Tugenden, die über Jahrzehnte hinweg in Führungsebenen vernachlässigt worden seien.
Um der, gerade für mittelständische Unternehmen, existenziellen Krise der fehlenden Fachkräfte entgegenzuwirken, braucht es allerdings nicht nur warme Worte, sondern auch konkrete Maßnahmen. Neben finanziellen Leistungen umfasse das für den Catering-Unternehmer auch kreative Formen der Wertschätzung, "sonst bekommen wir am Ende die Rechnung serviert".
Deshalb würde er auch aus Rücksicht auf die Freizeit der Angestellten beispielsweise auf Aufträge an Feiertagen verzichten. "Die Unternehmen haben sich zu lange dagegen gewehrt, dass Angestellte Wert auf eine Work-Life-Balance legen", kritisiert Farroch Radjeh.