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Würzburg
Zimmerpflanzen als Trend: Würzburger gibt bis zu 500 Euro für ein Blatt aus und baut sich zu Hause einen Dschungel
Johannes Neff hat in seiner Wohnung in Würzburg knapp 150 Zimmerpflanzen. Doch der kostspielige Trend ist nicht ganz unumstritten. Wie nachhaltig ist das Hobby wirklich?
Johannes Neff hat sich in Würzburg einen kleinen Dschungel in den eigenen vier Wänden gezüchtet.
Foto: Daniel Peter | Johannes Neff hat sich in Würzburg einen kleinen Dschungel in den eigenen vier Wänden gezüchtet.
Gina Thiel
 |  aktualisiert: 02.03.2024 02:45 Uhr

Schon als Jugendlicher hatte Johannes Neff eine stattliche Orchideen-Sammlung mit 70 bis 80 Pflanzen. Die anspruchsvollen Gewächse hegte und pflegte der mittlerweile 26-Jährige in einem Raum über der Garage seiner Eltern. Heute, zwölf Jahre später, lebt Neff in einer Altbauwohnung in Würzburg. Die Orchideen-Sammlung hat er mittlerweile durch circa 150 Grünpflanzen ersetzt – Tendenz steigend.

In dem Arbeitszimmer des Informationsdesign-Studenten stehen neben einer Vitrine und vielen Grünpflanzen zwei große Plastikboxen. Darin wachsen schon die nächsten Mini-Gewächse aus wenigen Zentimeter großen Anzuchttöpfen. Damit die Vermehrung auch klappt, müssen die Bedingungen optimal sein: viel Licht, die passende Luftfeuchtigkeit und tropische Temperaturen. Neff hat dafür extra eine LED-Beleuchtung am Deckel angebracht und die Boxen auf Wärmematten gestellt. Auf seinem Instagram-Account hält er regelmäßig die neusten Wachstumsfortschritte fest.

Hinter der Vermehrung stecke laut dem Würzburger kein kommerzieller Gedanke. Geld verdienen will er mit den vielen Nachkömmlingen also nicht. Warum dann aber die ganze Mühe mit der Vermehrung der Pflanzen? "Ich tausche sie mit anderen und so komme ich selbst auch immer wieder an Pflanzen, ohne sie teuer kaufen zu müssen." Innerhalb der inzwischen ständig wachsenden Community (deutsch: Gemeinschaft) werden nicht nur Ableger getauscht, sondern auch Pflegetipps und Erfahrungen.

Das Geschäft mit den teuren und seltenen Zimmerpflanzen

Was für den Würzburger ein Hobby ist, haben andere zum lukrativen Geschäft gemacht. Denn mit dem Zimmerpflanzen-Trend lässt sich ziemlich viel Geld verdienen. Für besondere Raritäten, also Pflanzen, die selten sind, sich nur schwer vermehren lassen oder nur langsam wachsen, müssen Blumenfans tief in die Tasche greifen. So kostet beispielsweise eine Babypflanze, des "Philodendron Black Cardinal Variegata", schon mal bis zu 500 Euro und mehr. 

Auch Neff hat für sein Hobby schon öfter die Spardose geplündert. Seine teuerste Anschaffung bisher: Ein Steckling der sogenannten "Philodendron Florida Beauty" Pflanze. "Damals lag der Preis für ein Blatt bei 300 Euro", sagt Neff. Mittlerweile bekomme man so ein Exemplar schon für deutlich weniger Geld. Eine sichere Geldanlage sind die Zimmerpflanzen also nicht, denn der Wert der Pflanzen kann je nach Verfügbarkeit stark schwanken.

In einer Glasvitrine hat der Student aus Würzburg seltene Zimmerpflanzen. Dort können sie sich unter tropischen Bedingungen entfalten. 
Foto: Daniel Peter | In einer Glasvitrine hat der Student aus Würzburg seltene Zimmerpflanzen. Dort können sie sich unter tropischen Bedingungen entfalten. 

Welche Pflanze als Nächstes in den Heim-Dschungel des Würzburgers einziehen darf, entscheide aber nicht allein der Seltenheitswert oder Kaufpreis der Pflanze. "Ich gehe nicht mit irgendeinem Trend mit." Er finde nach wie vor auch Gefallen an ganz gewöhnlichen Zimmerpflanzen wie Efeututen oder der Philodendren. Auch wenn der Hauptteil seiner Pflanzensammlung mittlerweile aus den seltenen Anthurien-Arten besteht.

Viele Zimmerpflanzen sind nicht automatisch nachhaltig

Sein Arbeitszimmer ist für den Studenten eine "kleine grüne Oase" und ein meditativer Ausgleich zum stressigen Studentenleben. Als nachhaltig würde er sein Hobby aber nicht bezeichnen. "Da muss man ehrlich sagen, das sind Pflanzen, die alle nicht aus Europa kommen." Zwar versuche er bei Neuanschaffungen darauf zu achten, dass er diese von deutschen oder europäischen Händlern beziehe, dennoch: "Wenn man es ethisch komplett korrekt machen würde, müsste man 'Nein' sagen zu den Pflanzen – und Zimmerpflanzen allgemein."

Anzeige für den Anbieter Instagram Reel über den Consent-Anbieter verweigert

Nachhaltigkeit ist dem 26-Jährigen dennoch wichtig. Die selbstgebauten Moosstäbe mit dem Plastikgitter verwendet er daher immer wieder, genauso wie die vielen Blumentöpfe. Und auch bei den Energiekosten versucht er sparsam zu sein. Inzwischen habe der Würzburger seine Pflanzenlampen auf eine energiesparende Version umgerüstet. Circa zwölf bis 15 Euro zahle er nun im Monat für seine Zimmerpflanzen. Zuvor seien es knapp 25 Euro gewesen.

Woher er das so genau weiß? "Ich nutze Smartsteckdosen mit Strom-Tracking." So könne er am Ende des Jahres genau zusammenrechnen, wie viel Strom sein Hobby verbrauche. Denn: der Würzburger lebt nicht allein in der Wohnung, möchte aber den finanziellen Aufwand für den Heim-Dschungel selbst tragen.

Der Würzburger will seinen Dschungel weiter ausbauen

Ärger mit dem Vermieter braucht Neff nicht zu befürchten. "Er weiß, was ich hier mache und war auch schon mal zu Besuch." Das sei wichtig, denn sowohl der erhöhte Stromverbrauch könnte sonst Fragen aufwerfen, aber auch die Themen Luftfeuchtigkeit und Schimmelbildung seien relevant. Um letzterer vorzubeugen, besitzt Neff eine Luftentfeuchtungsanlage, die er regelmäßig nach dem Gießen der Pflanzen aufstelle. Alles wichtige Punkte, die Zimmerpflanzen-Fans bedenken sollten, bevor sie sich dem Hobby voll und ganz hingeben.

Am Ende ist Neff trotz seiner umfangreichen Sammlung noch lang nicht angekommen. Auf seiner Wunschliste stände noch die ein oder andere Pflanze, die er sich irgendwann nochmal zulegen wolle.  Ganz billig seien die jedoch alle nicht. So kostet ein Ableger der "Anthurium Papillilaminum Ralph Lynam", der auf seiner Wunschliste ganz oben steht, aktuell knapp 750 Euro.

Um sich das leisten zu können, muss der Student noch ein bisschen sparen. Für sein Hobby macht er das allerdings gern. Während andere im Club feiern gehen, legt der 26-Jährige das Geld lieber zur Seite. Da seine Wunschpflanze aktuell nur aus den USA bezogen werden kann, will sich Neff mit mehreren Leuten aus der Pflanzen-Community zusammentun und eine Gruppenbestellung aufgeben.

So spare er sich die Versand- und Importgebühren und mache etwas für seinen ökologischen Fußabdruck. In Zukunft will Neff seinen Fokus noch mehr auf die Vermehrung der Pflanzen legen und auch versuchen, verschiedene Arten miteinander zu kreuzen.

 
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