Dort, wo eigentlich die Fröhlichkeit zuhause ist, ging es am Freitagmorgen ziemlich ernst zu. In den Mainfrankensälen in Veitshöchheim, bekannt für Fastnacht in Franken, debattierten die Mitglieder des Kreistages über die schwierige wirtschaftliche Situation des Landkreises Würzburg. "Weltpolitische und innenpolitische Entscheidungen prägen den Haushalt 2023", sagte Landrat Thomas Eberth (CSU).
Corona, der Krieg in der Ukraine, der Wechsel in die Grundsicherung für Geflüchtete aus der Ukraine, die hohen Energiepreise, die Kosten der Unterkunft für Asylsuchende, die Verbesserungen im öffentlichen Nahverkehr und vieles mehr, nannte Eberth.
Welche Vorschläge die Kreistagsfraktionen zur Kreisumlage im Köcher haben
Die Konsequenz daraus ist immer die gleiche. Wenn es einen ungedeckten Bedarf im Kreishaushalt gibt, müssen die 52 Städte und Gemeinden des Landkreises diesen über die Kreisumlage ausgleichen, weil ihr finanzieller Beitrag und die Schlüsselzuweisungen des Freistaats die einzigen bedeutenden Einnahmen der Kreisverwaltung sind.
Und so ist es wieder einmal die Kreisumlage, um die in Veitshöchheim gerungen wird. Der Landrat will sie um vier Prozentpunkte anheben und damit acht Millionen Euro mehr von den Kommunen. Die Fraktionen sind zurückhaltender. Der CSU reichen drei Prozentpunkte, Grüne, SPD und die Fraktion der UWG/FW begnügen sich mit zwei, ÖDP und FDP schlagen 2,5 vor. Ähnlich wurde im Jahr 2022 diskutiert. Landrat Eberth wollte damals eine erhebliche Erhöhung, setzte sich aber damit nicht durch.
Schafft er es dieses Mal? In seiner Haushaltsrede verdeutlichte er die dramatische Situation. "Wir müssen kürzen, kürzen und nochmal kürzen", sagte er und hat sowohl sein und das Budget der Fach- und Geschäftsbereiche im Landratsamt pauschal um 15 Prozent gekürzt.
Die finanzielle Misere der 71 bayerischen Landkreise wird in einer Blitzumfrage des Bayerischen Landkreistages deutlich. 64 haben sich daran beteiligt, 44 sind durch gestiegene Sozialausgaben und der wirtschaftlichen Lage gezwungen, die Kreisumlage zu erhöhen, berichtete Kreiskämmerin Sabine Hümmer.
"Allein für die Kosten der Unterkunft für Geflüchtete zahlen wir 2,5 Millionen Euro aus der Landkreiskasse", nannte Eberth ein Beispiel für höhere Ausgaben und kritisierte, dass Bundes- oder Landespoltik darüber entscheide, was im Landkreis umgesetzt werden muss. "Aber dann müssen wir auch dafür finanziell ausgestattet werden", forderte er mehr Geld von Bund und Land.
Wo die CSU-Fraktion im Landkreis Würzburg Einsparpotenzial sieht
CSU-Fraktionschef Björn Jungbauer hat das hochgerechnet. Mindestens ein Prozent Kreisumlage entfielen alleine auf die Kriegsfolgen, die "Kostenexplosion im Bereich Jugend und Soziales führt dazu, dass der Landkreis dafür 23,2 Millionen Euro eigene Mittel aufwenden muss", sagte er und sprach seit langer Zeit wieder davon, Ausgaben zu streichen, "auch wenn es uns als CSU-Kreistagsfraktion schwer fällt".
Die Deckensanierung der WÜ46 bei Eichelsee will seine Fraktion ins Haushaltsjahr 2024 schieben und damit 400.000 Euro sparen. 200.000 Euro möchte die CSU weniger für die EDV-Ausstattung von Schulen und Landratsamt ausgeben und den Ansatz für die Radwegförderung (200.000 Euro) ebenfalls ins nächste Jahr verschieben.
Komplett streichen will die CSU das vom Interkommunalen Ausschuss (IKA) empfohlene Radkonzept (200.000 Euro) für sichere und schnellere Radwegverbindungen. Auf den Prüfstand soll die vertiefte Berufsorientierung an den Mittelschulen gestellt werden, weil ab 2024 damit jährlich 437.000 Euro oder 0,25 Prozent der Kreisumlage eingespart werden könnten. Auch bei den Energiekosten sieht die CSU-Fraktion Einsparmöglichkeiten, wenn auch Landrat Eberth darauf hinweist, dass die Rechnungen nun mal bezahlt werden müssen. Insgesamt 1,25 Millionen Euro werden dadurch mit Zustimmung der Mehrheit eingespart.
Was den Grünen Sebastian Hansen an der Streichliste der CSU ärgert
Dass die CSU das Radkonzept streichen möchte, stößt den Grünen im Kreistag sauer auf. "Würzburg reagiert auf unsere Kritik, streckt uns die Hand entgegen und wir schlagen sie wieder aus", sagte Sebastian Hansen, der seit Jahren im Kreistag ein Verfechter ortsübergreifender Radwegplanung ist.
Aus Sicht der Grünen-Fraktion könnte die Umsetzung "der größten vorgesehenen Baumaßnahme, der Neubau am Landratsamt, auf deutlich spätere Jahre geschoben werden", führte Karen Heußner aus. Homeoffice und moderne Arbeitsplatzgestaltung sollten stattdessen genutzt werden. Ähnlich sehen das auch die Fraktionen von SPD, UWG, ÖDP und FDP.
Die SPD will das Jobcenter im Landkreis Würzburg auf den Prüfstand stellen
"Es war eine Wohlfühlpolitik für den Wohlfühllandkreis Würzburg", blickte SPD-Fraktionschef Stefan Wolfshörndl auf die Ausgabenpolitik der Vergangenheit und unterstützte die Sparvorschläge der CSU. Dazu forderte er einen kritischen Diskurs, ob der Landkreis Würzburg als Optionskommune weiterhin im Jobcenter Bürgergeld-Empfänger in eigener Verantwortung betreuen sollte.
UWG, Freien Wählern, FDP und ÖDP sind die gestiegenen Personalausgaben und die Verluste des Kommunalunternehmens (KU) ein Dorn im Auge. "Die Kostensteigerung schmerzen uns am 25. Geburtstag des KU sehr", sagte Florian Kuhl (FDP). Und Hans Fiederling fordert eine Überprüfung der Stellen im Landratsamt.
Am Ende war Landrat Eberth der einzige, der für eine Erhöhung der Kreisumlage von 39 auf 43 Prozent plädierte. Durchsetzen konnte sich aber eine Mehrheit aus Grünen, SPD, UWG/FW: Das heißt, bei einer Kreisumlage von 41 Prozent bekommt der Landkreis jetzt statt acht "nur" (Landrat Eberth) vier Millionen von seinen Kommunen. Die Regierung von Unterfranken muss sich nun mit einem Haushalt beschäftigen, der nicht ausgeglichen ist. Eberth hat aber keine Sorge, dass er deshalb nicht genehmigt wird.
Weniger für Verwaltung und Soziales ausgeben, dann sollte es reichen.
Bevor aber lebenswichtige Bereiche leiden, müssen erst einmal die Unfug-Förderung und die reinen Orchideen- und Elfenbein-"Leuchturm"-Projekte durchforstet und beschnitten werden.