Aus dem Würzburger Seniorenheim St. Nikolaus ist ein zehnter Bewohner an den Folgen einer Coronavirus-Erkrankung gestorben. Dies bestätigte Oberbürgermeister Christian Schuchardt am Mittwoch in einer Pressekonferenz mit mehreren Behördenvertretern. Es handele sich um einen älteren Mann, der wie alle anderen Verstorbenen unter Vorerkrankungen gelitten habe. Lebensbedrohlich waren diese – nach Informationen der Redaktion – bei dem 88-Jährigen nicht.
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Unterdessen wird auch eine teilweise Evakuierung des Heimes, das wie das benachbarte Ehehaltenhaus zur städtischen Stiftung Bürgerpital gehört, nicht mehr ausgeschlossen. Dies hänge von Testergebnissen ab, die für Donnerstag erwartet werden. Man sei "bereit zu einem Strategiewechsel", so Schuchardt. Es gebe Argumente für eine Evakuierung (eine bessere Separierung) und dagegen (Transportrisiken).
Zehn Bewohner werden derzeit in Kliniken behandelt
Seit Dienstagabend werden nach Angaben von Johann Löw, Leiter des Gesundheitsamtes, alle derzeit 149 Bewohner getestet, auch wenn sie keine Symptome haben – ebenso alle Pflegekräfte. Neben den zehn Verstorbenen wurden bereits 29 weitere Senioren positiv auf das Virus getestet, zehn von ihnen werden derzeit in Würzburger Kliniken behandelt.
Bis Montag hatte das Heim gar nicht über genügend Testsets verfügt, Nachschub war nicht zu bekommen. Kurzfristig habe das Landesamt für Gesundheit nun 200 Teströhrchen geliefert, so Löw gegenüber dieser Redaktion. Er selbst steht dem Reihentest skeptisch gegenüber, wie er vor der Presse deutlich machte, und begründet dies mit Test-Unsicherheiten. Man müsse zielgerichtet vorgehen. Dass hier dringend benötigte Tests "verschenkt" würden, wie Löw es ausdrückte, wollte Staatssekretär Gerhard Eck so nicht stehen lassen. Er habe Verständnis dafür, dass in dieser Ausnahmesituation alle Maßnahmen zu Klärung und Beruhigung ergriffen werden, so Eck.
Erster Corona-Fall nun auch im Ehehaltenhaus
Unterdessen hat die Corona-Pandemie mittlerweile auch auf das benachbarte Ehehaltenhaus übergriffen. Von dort wurde am Montagabend eine über 90-jährige Frau mit Fieber in die Klinik eingeliefert. Ein umgehend veranlasster Corona-Test war tags darauf positiv. Auf Anfrage der Redaktion bestätigte OB Christian Schuchardt die Ausbreitung. Weitere Fälle seien für das Ehehaltenhaus mit seinen rund 40 Bewohnern aktuell nicht bekannt. Sie alle werden nun ebenfalls auf das Coronavirus getestet. Dies habe man bereits kurz vor Bekanntwerden des ersten Falls geplant, so der OB.
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Wie sich die Seniorin im Heim infizieren konnte, dazu gebe es keine gesicherten Erkenntnisse. Ob auch das Ehehaltenhaus zumindest teilweise evakuiert wird, soll nach Vorliegen aller Testergebnisse entschieden werden. Schuchardt spricht lieber von "Verlagerung". Welche Ausweichquartiere man dafür im Blick hat, wollte er am Mittwoch noch nicht mitteilen. Dafür freute er sich über eine Meldung aus der Uniklinik: Drei Corona-Patienten aus dem Heim seien dort "entlassfähig". Wegen der unklaren Situation in St.Nikolaus bleiben sie aber zunächst im Krankenhaus.
Nachschub an Schutzausrüstung eingetroffen
Nach tagelangem Warten ist am Dienstag auch Nachschub an Schutzausrüstung im Heim eingetroffen. Laut Stiftungsdirektorin Annette Noffz wurden 300 Masken geliefert, weitere wurden für Mittwoch erwartet. Noffz selbst arbeitet derzeit vorsorglich im Homeoffice, befindet sich aber weder in Quarantäne oder ist gar selbst positiv auf Corona getestet, wie von der Deutschen Presse-Agentur irrtümlich berichtet wurde.
Von 42 Fach- und 44 Hilfskräften im Seniorenheim St.Nikolaus wurden bisher 33 Mitarbeiter positiv auf das Coronavirus getestet. Diese Zahl hatte das Bürgerspital am Montag mitgeteilt. Oberbürgermeister Christian Schuchardt unterstrich vor der Presse das hohe Engagement der Pflegekräfte und verwies auf ihr Risiko: Ein Mindestabstand von eineinhalb Metern sei bei der Betreuung von alten Menschen nicht einzuhalten.
Die von Angehörigen der Heimbewohner geäußerte Kritik, sie wären zu spät und unzureichend über Lage und Entwicklung im Heim informiert worden, wies der OB zurück. Am Montag seien alle Betroffenen telefonisch kontaktiert worden. Zuvor, so berichten es Angehörige, sei nichts geschehen.
Information und Hygiene: Weiter Kritik von Angehörigen
Weiterhin erreichen die Redaktion Hinweise, wonach in St.Nikolaus auch das Personal erst spät über die Corona-Fälle in Kenntnis gesetzt wurde und manche Hygienevorschriften nicht eingehalten werden. Wie Leiter Johann Löw auf Nachfrage bestätigte, war das Gesundheitsamt bisher nicht persönlich im Heim. Man stehe aber in engem Austausch mit der Heimleitung.
Unterdessen wurden am Mittwoch auch die ersten Corona-Todesfälle in Unterfranken außerhalb von Würzburg bekannt. Im Landkreis Main-Spessart ist laut Landratsamt einen Mann Mitte 50 mit Vorerkrankung gestorben. In Aschaffenburg starb eine 75 Jahre alte Frau mit Vorerkrankungen im Krankenhaus.
Der Virus sitzt schließlich nicht in den Wänden des Seniorenheimes.
Für eine Evakuierung der "Gesunden" (wie will man die herausfinden, wenn nicht getestet wird/werden kann) dürfte es ein bisschen zu spät sein...
Es kommt doch nicht jeder Infizierte sofort auf Intensiv! Es hängt doch von den Symptomen ab, was passiert. Und die Symptome bemerkt man auch ohne Test.
Wer keine Symptome zeigt, braucht keine Sonderbehandlung, weil ja sowieso alle isoliert werden.
Und wenn man "schon längst ALLE" getestet hätte, hätten die, deren Ergebnis negativ war, ein paar Tage später doch positiv sein können.
Also was hätte das Testen gebracht?
Bleibt gesund!
das schadet keinem, hilft aber vielen. Bei einer akuten Erkrankung muß dann allerdings die/der Erkrankte getestet werden.
Die sachliche Frage ist jedoch die, wie aussagekräftig so eine Testreihe ist, denn es wird hier der Status (positiv oder negativ) zum Zeitpunkt der Probenahme festgestellt. Um ein belastbares Ergebnis zu bekommen müssten alle getesteten Personen (Bewohner und Pflegepersonal) bis nach Auswertung der Proben strengstens voneinander isoliert werden. Ansonsten könnte im Zeitraum zwischen Probenahme und Testergebnis das Virus unbemerkt weitergetragen werden und eine zuvor negativ getestete Person infiziert worden sein. Und durch diese Test-Unsicherheiten könnte eine trügerische Sicherheit vorgetäuscht werden.