Der Würzburger Kreisverband der Partei Die Linke zieht zum ersten Mal mit einem OB-Kandidaten in den Kommunalwahlkampf: mit dem Realschullehrer und Stadtratsmitglied Sebastian Roth. Der Kandidat stellte sich in einer spärlich besuchten Pressekonferenz vor, unterstützt vom Würzburger-Linkspartei-Chef Viktor Grauberger und der Bundestagsabgeordneten Simone Barrientos.
Grauberger führte ein: So erfrischend ein grüner OB-Kandidat sei, so hätten die Würzburger am 15. März 2020 bislang doch nur die Wahl zwischen zwei bürgerlichen Kandidaten. Roth präzisierte: Zwischen dem "etwas grünen" Konservativen, OB Christian Schuchardt, und dem "konservativen Grünen" Martin Heilig seien die Unterschiede nicht allzu groß. "So progressiv" seien die Grünen in Würzburg nicht, "wie sie gerade im Bund tun".
Sebastian Roth will nicht auf ein bestimmtes Milieu zielen
Roth, 38 Jahre alt, im Stadtrat seit 2014, stellte sich vor mit: "Häuslebauer, vier Kinder, bayerischer Beamter". Er entstamme keinem klassisch-linken Milieu, er wolle im Wahlkampf auch nicht auf ein solches zielen, Linke würden in allen Milieus sitzen. Barrientos sagte, die Linkspartei wolle keine Klientelpolitik betreiben.
Am häufigsten fiel das Wort "sozialökologisch". Jede Entscheidung müsse geprüft werden auf ihre sozialen und ökologischen Folgen. Grauberger meinte, es werde keinen wirksamen Klimaschutz geben, wenn die Politik nicht "die unteren Einkommensschichten mitnimmt".
Roth nannte fünf Schwerpunkte: Wohnen, Umwelt, Verkehr, Transparenz in der Stadtverwaltung und Arbeit und Soziales. So brauche Würzburg mehr bezahlbaren Wohnraum. Bei Neubauten fordert er einen verpflichtenden Anteil von 50 Prozent sozialverträglichen Wohnungsbaus (derzeit sind es 30 Prozent).
Stadtratssitzungen sollen live im Internet übertragen werden
Die Nutzung des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) solle in Kooperation mit Bund und Land kostenfrei werden, Straßenbahn, Fuß- und Radwege sollten ausgebaut werden (als Anreiz, das Auto stehen zu lassen) und Luftreinhalte- und Green-City-Plan müssten "ambitioniert und schnell" umgesetzt werden. Roth will einen Livestream – die Liveübertragung via Internet – von den Stadtratssitzungen – und ein "Bürgerviertelstündchen" zu Beginn der Sitzungen, in dem die Verwaltung schriftlich eingereichte Bürgerfragen beantworten muss.
Absolut nicht einverstanden ist er, wenn die Stadt sich mit Millionenbeträgen am Stadionbau der Kickers oder am Bau der Multifunktionshalle an der Grombühlbrücke beteiligen will. Steuergelder dürften nicht in private Projekte gesteckt werden. Beim Thema Schule und Bildung stünden ihm die Nackenhaare zu Berge, wenn er etwa den "Finanzstau" beim Schulinvestitionsprogramm sehe.
Roth, Grauberger und Barrientos geben sich selbstbewusst. Geht es um den politischen Gegner, sprechen sie nur von den Grünen. Angesprochen auf die SPD, sagt Roth, er werde sie einladen, seine OB-Kandidatur zu unterstützen. Ziel sei, mit mindestens drei Kandidaten in den Stadtrat einzuziehen – bislang ist Roth im Rat ein Einzelkämpfer. Das Wählerpotenzial, glauben die drei, sei da. Sie beziehen sich auf die Bundestagswahl von 2017, bei der die Linkspartei in der Stadt auf 9,3 Prozent der Zweitstimmen kam.
SPD will mit eigenem Kandidaten ins Rennen gehen
Auf die Unterstützung seiner Kandidatur durch die SPD wird Roth allerdings kaum bauen können. Am Montag kündigte die Würzburger SPD-Vorsitzende Freya Altenhöner an, dass ihre Partei mit einem eigenen OB-Kandidaten oder einer OB-Kandidatin ins Rennen gehen will. Dafür habe man jetzt die richtige Person gefunden. Wer für die SPD den Chefsessel im Rathaus erobern will, ist noch nicht bekannt. Die Personalie soll am Freitag bei einer Pressekonferenz öffentlich gemacht werden.
Ich dachte immer, schlimmer als das Trumpelstielzchen kann es nicht mehr kommen.
Aber man wird immer wieder eines Besseren belehrt ...