
Donnerstag, 15 Uhr. Im Garten des Restaurants "Main Haus" an der Naturheilinsel zwischen Würzburg und Randersacker sind fast alle Tische im Garten besetzt. Die fränkische Küche des Lokals ist bekannt und beliebt. "Kochen macht mir Spaß", sagt Volker Budig. Er führt das Main Haus seit 2018. Auch der Umgang mit den Gästen und seinen Beschäftigten bereitet dem 60 Jahre alten Wirt Freude. "Aber der Rest ist Frust."

Diesem Frust macht sich Budig mit einem Text auf seinem Rechnungsbons Luft. Im Fokus: die Mehrwertsteuer. Die Steuer, die nicht zweckgebunden ist und somit in die unterschiedlichsten Staatsausgaben fließt, war für die Gastronomie während der Corona-Pandemie von 19 auf 7 Prozent reduziert worden, seit Januar 2024 gelten aber wieder 19 Prozent.
Am Ende des Bons im Main Haus steht nun nach der aufgeführten Mehrwertsteuer: "Das Finanzamt Würzburg hat sich riesig gefreut, heute mit Ihnen am Tisch zu sitzen. Von der aufgeführten MwSt. werden unsere Politiker honoriert, Kriege finanziert und Millionen an Kindergeld ins Ausland überwiesen. Vielen Dank, dass Sie ihren Beitrag dazu geleistet haben." Die sieben Zeilen lässt Budig seit einiger Zeit auf jeden Bon drucken. Die Wiedereinführung der 19 Prozent Umsatzsteuer in der Gastronomie Anfang des Jahres sei "der Tropfen gewesen, der das Fass bei mir zum Überlaufen gebracht hat".
Der Kassenbon ist ein Dokument, das zum Beispiel beim Finanzamt vorgelegt werden kann. Ist es überhaupt erlaubt, ihn zur Äußerung von politischen Ansichten zu benutzen?
Dehoga-Geschäftsführer Schwägerl rät von politischen Anmerkungen auf Bons ab
Dazu hat die Redaktion den Würzburger Rechtsanwalt Chan-jo Jun befragt, der sich gegen öffentlich geäußerten Hass und Hetze im Internet engagiert. Jun sagt, dass private Unternehmen nicht zu Neutralität oder Sachlichkeit verpflichtet sind. Die Äußerung sei zwar geeignet, Hass zu schüren, aber laut Jun noch von der Meinungsfreiheit gedeckt. Eine strafbare Handlung, wie die Beschimpfung der Bundesrepublik Deutschland und ihrer verfassungsmäßigen Ordnung, erkennt der Anwalt eher nicht.
"Es ist Gastwirten nicht verboten, politische Anmerkungen auf ihre Rechnungsbons zu drucken", sagt Michael Schwägerl, Geschäftsführer des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga Bayern) in Unterfranken zu dem Fall. "Wir raten allerdings davon ab." Nicht zuletzt, weil das Kundtun von eigener Meinung in dieser Form kontraproduktiv sein kann, wenn sich Gäste daran stören.
Ein Gast äußert Kritik: AfD-Parole
Wirt Budig sagt, ihn hätten nur wenige Gäste in den vergangenen Monaten auf seine persönliche Botschaft angesprochen: "Und die fanden es gut." Gegenüber der Redaktion äußerte sich ein Gast allerdings kritisch: "Ich finde sowas nicht in Ordnung", sagt er. Die Bon-Botschaft würde wie eine Parole der AfD klingen.
Rechtspopulistische Ansichten teilt Budig aber laut eigener Aussage nicht. "Ich habe weder etwas gegen Ausländer noch gegen den Staat oder die Politik", versichert er. "Ich bin auch kein Wutbürger, aber ich bin wütend."
Wenn man ihn fragt, was ihn wütend macht, berichtet der gelernte Koch von Personalproblemen, Auflagen, Kontrollen, Beschwerden, die es ihm schwer machten. Als Gastronom würden ihm von Behörden eher Steine in den Weg gelegt, als dass seine Arbeit unterstützt werde. "Manchmal denke ich schon daran, alles hinzuschmeißen."
Dass der Inhalt seines Bon-Textes mit diesen Problemen nicht wirklich etwas zu tun hat, ist ihm schon klar. Aus ihm spricht eine gewisse Ohnmacht, kein Gehör zu finden. "Ich wollte meinem Ärger einfach mal Luft machen", sagt er. Inzwischen sei dieser auch schon wieder kleiner geworden und er hat den Text jetzt entfernt.
1. Vollzeit-Politiker bekommen eine Aufwandsentschädigung, leider auch die von der AfD.
2. Kindergeld kann nur dann ins Ausland überwiesen werden, wenn man in Deutschland steuerpflichtig ist.
3. Wenn mit "werden Kriege finanziert" die Unterstützung der Ukraine gemeint ist, sich gegen Russland zu verteidigen zu können, dann ist das auch falsch. Es handelt sich nämlich um eine "Spezialoperation".
Wer in Russland von "Krieg" spricht, riskiert bis zu 15 Jahre Haft.
Ich glaube wir haben es hier mit Wahrheitsleugnern zu tun.
gez Lorenz Hofmann
Und wenn der Herr Budig in der Selbstständigkeit gefrustet ist kann er sich ja einen Job als Kantinenkoch suchen.