Die Schulen haben wegen Corona seit einigen Wochen geschlossen. Nur schrittweise wird ab kommenden Montag der Unterricht in den Schulhäusern wieder beginnen. Gelernt wird derzeit von zuhause aus. So versenden die meisten Schulen Lernstoff und Aufgaben per E-Mail an die Schüler, manche Lehrer gestalten den Unterricht auch per Video-Schalte.
Die siebenjährige Mia zum Beispiel besucht die zweite Klasse einer Grundschule im Frauenland. Sie vermisst ihre Freundinnen und auch die Lehrer. "Für die Grundschüler ist es wirklich schwer. Vor allem nach den Osterferien wieder ohne Präsenz an der Schule in den Schulalltag einzusteigen, hat gedauert", erzählt Mias Mutter. Täglich bekomme die Familie die Aufgaben via E-Mail geschickt,"das funktioniert gut, doch natürlich ist unsere Unterstützung gefragt", so die 38-Jährige. Einige Eltern, erzählt sie, kümmerten sich auch darum, den Kindern die Aufgaben zukommen zu lassen, die keinen Computer oder keinen Drucker zu Hause haben. Schade findet sie, dass in der Klasse ihrer Tochter kein Online-Unterricht stattfindet, "denn dann wären Lehrer und Schule für die Grundschüler viel greifbarer". Wichtig findet die 38-Jährige den Austausch mit den Lehrkräften: "Ich scheue mich nicht davor, den Lehrern Feedback - egal ob positiv oder negativ - zu geben, schließlich waren wir alle noch nie in einer solchen Situation."
Wöchentlicher Lehrplan für die Grundschüler
Mit einem wöchentlichen Lernpaket versucht die Grundschule Würzburg Stadtmitte ihren noch relativ jungen Schülern den Lernstoff so gut wie möglich zu vermitteln. Bei den Kleinen sei natürlich eine Selbstdisziplin - wie sie bei Schülern höherer Klassen oftmals existiert - nicht vorauszusetzen. "Die Eltern sind hier unterstützend gefordert", erklärt die Schulleiterin Carola Günther. Und:"Natürlich wollen und müssen wir alle Kinder erreichen, auch wenn die technische Ausstattung in den Familien sehr unterschiedlich ist."
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Neben dem Mailen von Unterrichtsmaterialien oder der Nutzung von Online-Plattformen "haben wir bei einigen Kindern das Lernpäckchen in den Briefkasten geworfen oder - natürlich mit Abstand - einen Abhol-Termin in der Schule vereinbart". Welche Auswirkungen die Krise auf die Chancengleichheit für die Kinder zwischen sechs und elf Jahren hat, werde man erst sagen können, "wenn alles wieder normal läuft", meint die Schulleiterin. Gute Erfahrungen hat Günther auch mit von Lehrern der Grundschule erstellten "Erklär-Videos" gemacht. Auch Online-Lernprogramme wie Antolin zur Leseförderung oder Zahlenzorro lägen hoch im Kurs.
Struktur und Eigenverantwortung ist gefragt
Für die 14-jährige Lisa, die die achte Klasse des Matthias-Grünewald-Gymnasiums besucht, stellt das Lernen zuhause keine große Hürde dar. "Ich kann mich gut strukturieren, das hilft natürlich", sagt sie. Die Lernaufgaben bekomme sie per Mail geschickt, oft seien auch Power-Point-Präsentationen zum jeweiligen Thema angehängt. Besonders Videokonferenzen - zum Beispiel im Englisch-Unterricht - findet sie cool. "Da können dann Fragen gestellt und Themen vertieft werden." Laut Lisa haben Schüler, die keinen Computer zuhause haben, für die Coronazeit ein I-Pad von der Schule gestellt bekommen. Was die 14-Jährige sich noch wünschen würde, "um meine eigene Leistung besser einschätzen zu können", wäre die ein oder andere mündliche Prüfung. Das ließe sich auch leicht machen, meint sie: "Eine Freundin aus Italien hat mir berichtet, dass mündliche Abfragen dort per Videochat gemacht werden."
Die 15-jährige Julia, die eine Würzburger Realschule besucht, würde sich auch über Online-Unterricht freuen. Den gibt es zwar teilweise an ihrer Schule, "aber das hängt sehr vom jeweiligen Lehrer ab, wie der Unterricht momentan gestaltet wird", sagt sie. Ihr fehlt der Unterricht vor Ort, "denn zuhause bin ich oft abgelenkt, und es fällt schwer, mir selbst eine Struktur zu schaffen". Über die Homepage der Realschule bekommt sie ihre Aufgaben gestellt, "wir können sie auch über das Smartphone abrufen", sagt Julia. Derzeit hat sie zumindest Spaß an der Aufgabe der Sportlehrerin, die Übungen für draußen aufgetragen hat. "Auch andere Lehrer könnten etwas kreativer sein", findet sie.
Einen eigenen Server gemietet
Winfried Gintschel, Schulleiter der Mittelschule Heuchelhof, zeigt sich indes insgesamt "sehr zufrieden" über das derzeitige Engagement an seiner Schule. "Nicht jeder Lehrer ist ein digitaler Nerd, aber alle haben an einem Strang gezogen", sagt er. Für seine Schule hat er sogar einen eigenen Server gemietet. Lehrer und Schüler seien in Teamsessions fit gemacht worden fürs Online-Lernen und die Kommunikation via Videoschalte. "Mindestens einmal in der Woche kommen sie nun im Klassenverband per Video zusammen, um sich austauschen", erklärt Gintschel.
Bei Fragen könnten die Lehrer jederzeit kontaktiert werden. Trotzdem sei es leider so, dass sich manche Schüler ausklinken und nicht erreichbar seien, "so wie es auch im normalen Unterricht öfter passiert". Nun seien die Lehrer gefordert, den Schülern nachzutelefonieren. Gintschel spricht dabei auch das Thema Kindeswohlgefährdung an:"Das wollen wir so gut es geht im Auge behalten." Problem auch: Anders als beispielsweise an Gymnasien besuchten die Mittelschule mehr Kinder aus benachteiligten Schichten und die technische Ausstattung zuhause sei oft sehr eingeschränkt. Zur Not sei das Aufgabenpaket auch übers Smartphone abrufbar, er befürchtet trotzdem ,"dass die Schere auseinander gehen wird".
Wie vom Kultusministerium beschlossen, finden die Abschlussprüfungen trotz Corona statt - wenngleich später als geplant. Für Gintschel heißt das, dass seine Schüler in den nächsten Wochen sowohl auf den Quali, als auch auf den Realschulabschluss (im M-Zweig) vorbereitet werden müssen. Ein Problem sieht er in den Projektfächern - beispielsweise Technik oder Soziales -, denn in diesen ist eine praktische Prüfung vorgesehen. "Wie das aussehen kann, unter Einhaltung von Mindestabstand und eventuell noch bestehenden Kontaktbeschränkungen, weiß ich bisher nicht."
Gezielte Vorbereitung aufs Abi
Auch das Abitur ist verschoben und wird nun ab dem 20. Mai beginnen. Die Ministerialbeauftragte für Unterfranken, Monika Zeyer-Müller, sieht eine faire Ausgangslage. Klausuren, die im laufenden Halbjahr noch ausstehen, müssten nicht mehr geschrieben werden, so dass ab kommenden Montag gezielte Vorbereitung in den Abi-Prüfungsfächern angeboten werde. Für noch fehlende Leistungsnachweise soll es faire "Günstigerregelungen" geben, damit keinem Schüler ein Nachteil entsteht.
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Kritik von Abiturienten, dass - wegen unterschiedlichen Engagements und Wissensvermittlung der Lehrer via Mail und online - unterschiedliche Ausgangslagen unter den Schülern bestehen, sieht Zeyer-Müller nicht unbedingt als berechtigt: "Man muss auch mal die Kirche im Dorf lassen." Es seien insgesamt vier Wochen an Präsenzunterricht verloren gegangen, in denen aber online viel angeboten wurde. Zudem - und dies sei im normalen Unterricht ja nicht anders - müsse jeder Schüler auch eigenverantwortlich handeln und sich zum Lernen motivieren.
Für die anderen Jahrgangsstufen seien anfängliche Schwierigkeiten - beispielsweise mit der Lernplattform mebis, die allen bayerischen Schulen zur Verfügung steht - gelöst worden und "die Schulen und Lehrer haben sich in der neuen Form des Unterrichtens und Erstellens von Lernmaterial gut eingerichtet". Auch hier sieht sie Kritik, dass sich das "Zuhause lernen" je nach Online-Affinität des Lehrers sehr unterschiedlich gestalte, differenziert:"Auch im normalen Unterricht gestaltet jeder Lehrer den vorgegebenen Lernstoff individuell."