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Würzburg
Würzburger Firmenchef: "Wer ein neues Produkt auf den Markt bringt, müsste überlegen, wie es am Ende recycelt wird"
Weniger Energie, Rohstoffe, Treibhausgase? Die Würzburger Entsorgerfirma "Karl Fischer & Söhne" zeigt, wie Recycling enorm Energie spart - und dem Klimaschutz hilft.
Jürgen Fischer, Geschäftsführer der Würzburger Entsorgungsfirma 'Karl Fischer und Söhne' im Würzburger Stadtteil Heidingsfeld erklärt, warum Recycling so wichtig ist - aber auch so schwierig.
Foto: Fabian Gebert | Jürgen Fischer, Geschäftsführer der Würzburger Entsorgungsfirma "Karl Fischer und Söhne" im Würzburger Stadtteil Heidingsfeld erklärt, warum Recycling so wichtig ist - aber auch so schwierig.
Angelika Kleinhenz
 |  aktualisiert: 08.02.2024 12:02 Uhr

Wer recycelt, spart Rohstoffe und Umweltbelastungen. Wer recycelt, verbraucht weniger Energie. Wird Energie eingespart, werden weniger fossile Brennstoffe benötigt. Und in die Atmosphäre gelangen weniger Treibhausgase, die den Klimawandel anheizen. Rohstoffverschwendung, CO2-Emissionen, Energieverbrauch: Für den Würzburger Jürgen Fischer ist Recycling ein Teil der Lösung dieser drei Probleme. Eine, bei der der Produzent sogar Geld sparen kann. 

Doch so einfach in der Theorie, so schwierig in der Praxis. Weil es oft immer noch billiger ist, neue Rohstoffe aus fernen Ländern herzuschaffen als verwendete Stoffe in Deutschland zu recyceln. Und weil die Kreisläufe unserer Abfallwirtschaft so lückenhaft sind, dass es nahezu unmöglich ist, einzelne Komponenten in größeren Mengen herauszufiltern. Diese Erfahrungen macht der Geschäftsführer des Familienbetriebs "Karl Fischer & Söhne" im Würzburger Stadtteil Heidingsfeld sehr häufig.

Schokoladenpapier, Handy, Bauschutt: Wie schwer es ist, Wertstoffmengen zu sammeln

Beispiel Schokoladentafel: Früher sei Schokolade fast immer in eine Aluminiumfolie und eine Papierhülle eingewickelt gewesen, sagt Fischer. Heute bestehe die Verpackung oft aus Kunststoff, mit Papierfasern vermischt. "Wie also sinnvoll trennen und recyceln?", fragt der Firmenchef. 

Beispiel Schokoriegel: Da ist die Verpackung oft recycelbar und fällt auch kontinuierlich an. Allerdings nicht an einem Ort. Wie also kommt eine sinnvolle Menge für eine Aufbereitungsanlage zusammen? "Um in Würzburg eine Tonne Snickers-Papier zu sammeln, dauert es Jahre", sagt Fischer. 

Auf dem Gelände der Würzburger Firma wird auch Bauschutt getrennt und gesammelt.
Foto: Fabian Gebert | Auf dem Gelände der Würzburger Firma wird auch Bauschutt getrennt und gesammelt.

Noch komplizierter werde es, seltene Rohstoffe, die in Miniaturformat in Elektrogeräten wie Handys verbaut sind, wieder herauszuholen. Sehr kostspielig sei es auch, unterschiedliche Bauschutt-Materialien zu trennen, zu sortieren und als Recyclingbeton wie etwa bei der Umweltstation der Stadt Würzburg, wiederzuverwenden. Dabei spare Recycling Energie und Rohstoffe, sagt der Geschäftsführer des Entsorgungsunternehmens. 

Recycling von Papier, Glas, Aluminium spart enorm Energie

Beispiel Papier: Laut Umweltbundesamt werden für die Produktion von einem Kilogramm neuem Kopierpapier (200 Blatt) etwa 50 Liter Wasser und fünf Kilowattstunden Energie verbraucht. Die Produktion von Recyclingpapier benötigt nur ein Drittel so viel Wasser und nur halb so viel Energie.  Außerdem werden pro Kilogramm Altpapier bis zu 2,2 Kilo Holz eingespart.

Beispiel Glas: Laut Umweltbundesamt sinkt der Energiebedarf um 0,3 Prozent, wenn dem Schmelzofen ein Prozent Altglas hinzugefügt wird. Rohstoffe wie Quarzsand, Soda und Kalk werden eingespart. Glas lässt sich unendlich oft wieder verwenden, so das Umweltbundesamt.

Beispiel Aluminium: Das Recycling von Aluminium verbraucht laut Umweltbundesamt 95 Prozent weniger Energie als es aus Erz neu zu gewinnen. Fischer sagt: "Allein der Abbau von Bauxit ist irre energieintensiv." Danach müsse das Erz geschmolzen und aus fernen Ländern nach Deutschland transportiert werden. "Dabei fällt gebrauchtes Aluminium fast überall bei uns an."

Würzburger Traditionsfirma: Erster Entsorgungsfachbetrieb in Bayern

Fischers Familie beschäftigt sich seit über hundert Jahren mit dem Thema Entsorgung. 1918 begann Urgroßvater Karl Fischer mit dem Handel von "Eisen, Lumpen, Knochen und Papier". Er zog noch mit der Glocke in der Hand durch die Dörfer und handelte mit unedlen Metallen. 1979 gründete Siegfried Fischer die "Fischer GmbH". Als erste Firma in Bayern erhielt das Unternehmen 1997 das Zertifikat "Entsorgungsfachbetrieb".

Geschreddertes Papier wird in der Entsorgungsfirma 'Karl Fischer & Söhne' in Würzburg zu bis zu 800 Kilogramm schweren Ballen gepresst und anschließend in nahe gelegene Papierfabriken transportiert.
Foto: Fabian Gebert | Geschreddertes Papier wird in der Entsorgungsfirma "Karl Fischer & Söhne" in Würzburg zu bis zu 800 Kilogramm schweren Ballen gepresst und anschließend in nahe gelegene Papierfabriken transportiert.

Mit Jürgen Fischers Tochter ist das Würzburger Traditionsunternehmen heute in der fünften Generation. 45 Mitarbeiter trennen, zerlegen, sortieren, wiegen und sammeln Wertstoffe. Von Altpapier über Metall bis Zyankali: Mehr als 100 Lkw-Ladungen werden täglich in Heidingsfeld angeliefert. "Wir sammeln und sortieren die Wertstoffe und geben sie in sinnvollen Chargen an die aufbereitende Industrie ab", sagt der Geschäftsführer. Doch was einfach klingt, werde jedes Jahr komplizierter. 

Plastik- der am schwierigsten zu recycelnde Wertstoff

Beispiel Papier: Tageszeitung, Magazin, Aktenordner, Buch, Pizzakarton, Klopapier, Serviette: Unterschiedliche Papiersorten unterscheiden sich in Faserlänge und Weißgrad. "Früher hatten wir acht bis zehn Sorten Papier, heute gibt es 100, die eine spezielle Aufbereitung brauchen", sagt Fischer. Dabei sei Papier noch vergleichsweise einfach zu recyceln.

Beispiel Plastik: Plastik sei der am schwierigsten zu recycelnde Wertstoff, erklärt Fischer. Neben den drei Grundarten gebe es je nach Anwendungszweck, geforderter Härte, Elastizität und Bruchfestigkeit über eine Million verschiedene Zusammensetzungen. Manche Plastikarten können nicht wiederverwendet werden. Wenn sie in der Natur landen, zerfallen sie zu immer kleineren Teilen, verschwinden aber nicht - "sondern landen als Mikroplastik über Böden und Wasser irgendwann in unserer Nahrungskette".

Was ist die Lösung für unser Abfall-Problem? Der Firmenchef sagt: "Man müsste viel früher ansetzen. Jeder, der ein neues Produkt auf den Markt bringt, müsste überlegen, wie es am Ende recycelt wird."

So viel Müll produzieren die Menschen in Bayern

506,9 Kilogramm Abfall pro Einwohner sind im Jahr 2021 im Durchschnitt in Bayern erfasst worden. Laut Statistik des Bayerischen Landesamts für Umwelt machten im gleichen Jahr Hausmüll und Sperrmüll 164 Kilogramm pro Kopf aus. 342,9 Kilogramm pro Kopf entfielen auf Glas, Papier, Metalle, Leichtverpackungen, Holz, Grüngut, Abfälle aus der Biotonne, Elektro- und Elektronik-Altgeräte und sonstige Primärwertstoffe.
In Unterfranken lag das Abfallaufkommen bei durchschnittlich 538,6 Kilogramm pro Einwohner und Einwohnerin im Jahr 2021. Den meisten Müll bayernweit produzierten die Oberfranken mit 580,1 Kilogramm pro Kopf, den wenigsten die Oberbayern mit 468,8 Kilogramm pro Kopf. Die Verwertungsquote der Haushaltsabfälle, also der Anteil wiederverwerteter Stoffe am gesamten Abfallaufkommen der Haushalte, lag im Jahr 2021 bei knapp 67,5 Prozent.
Quelle: akl
 
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