"Die Verhandlung ist richtig gut gelaufen." Der Würzburger Rechtsanwalt Chan-jo Jun ist zuversichtlich, dass die Richterinnen am Landgericht Frankfurt seinem Antrag auf einstweilige Verfügung gegen Twitter stattgeben – und den Kurznachrichtendienst verpflichten, verleumderische Kommentare über Michael Blume, den Antisemitismus-Beauftragten des Landes Baden-Württemberg, konsequent und dauerhaft zu löschen. Verkündet werde das Urteil am Mittwoch, 14. Dezember, bestätigte eine Gerichtssprecherin am Donnerstagabend gegenüber der Redaktion.
Auch Jun äußerte sich nach der Verhandlung. Er freute sich vor allem für seinen Mandanten Blume, der sich seit Monaten auf Twitter massiven Angriffen ausgesetzt sieht. Strittig sind laut Jun über 40 Tweets mit falschen Behauptungen. So sei dem Antisemitismus-Beauftragten unter anderem eine Sex-Affäre mit einer Minderjährigen angedichtet worden. Zwischenzeitlich habe Twitter die Kommentare zwar gelöscht. Doch es bestehe die Gefahr, dass sie jederzeit wiederhergestellt werden.
Gelten für Twitter ähnliche Regeln wie für Facebook?
Wie der Anwalt berichtet, haben die Richterinnen erkennen lassen, dass sie für Twitter ähnliche Verpflichtungen sehen wie für Facebook. In einem (noch nicht rechtskräftigen) Urteil, das viele Beobachter als "Meilenstein" im Umgang mit sozialen Netzwerken bewerteten, hatte das Landgericht Frankfurt im April zugunsten der Grünen-Politikerin Renate Künast entschieden.
Demnach muss der Facebook-Mutterkonzern Meta sicherstellen, dass Wort-Bild-Montagen (sogenannte Memes) mit einem erfundenen Zitat der Bundestagsabgeordneten dauerhaft von der Plattform verschwinden. Die Auflage gelte nicht nur für die Original-Montage, sondern auch für alle sinngleichen Abänderungen. Der dafür nötige Aufwand sei zumutbar.
Dies gelte auf ähnliche Weise auch für Twitter, findet Jun. Der Kurznachrichtendienst müsse sich an die Lösch-Verpflichtungen nach dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz (Netz-DG) halten. Sich lediglich auf die internen Richtlinien zu berufen, reiche nicht aus.
Jun erhebt Vorwürfe gegen Bundesjustizminister Buschmann
Für Aufsehen im Vorfeld des Verfahrens sorgte noch am Mittwochabend ein Tweet von Anwalt Jun, indem er aus einem Schreiben der Twitter-Anwälte zitierte, laut dem es im Zuge eines anderen Verfahrens zu einer Vereinbarung zwischen dem Kurznachrichtendienst und dem Bundesjustizministerium gekommen ist, dass sich das Unternehmen zumindest vorübergehend nicht für seine Moderationsentscheidungen so rechtfertigen muss, wie es das Netz-DG vorsieht.
Jun warf in diesem Zusammenhang FDP-Minister Marco Buschmann vor, er sei ihm "heimlich und ohne Not" in den Rücken gefallen. Inwieweit diese Vereinbarung am Ende Einfluss auf ein Urteil des Landgerichts habe, könne er nicht einschätzen, so der Anwalt.