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Würzburg
Würzburg will künstliche Bäume für bessere Luft
Würzburg will mit City Trees die Luft verbessern. Sie sollen in verkehrsreiche Straßen gestellt werden. Laut Umweltbehörden bringt das aber nichts.
Auf dem Gelände der Landesgartenanstalt in Würzburg wurden im Sommer vier der futuristischen Mooswände aufgestellt.
Foto: Patty Varasano | Auf dem Gelände der Landesgartenanstalt in Würzburg wurden im Sommer vier der futuristischen Mooswände aufgestellt.
Manuela Göbel
 |  aktualisiert: 10.05.2023 10:33 Uhr

Mit künstlichen Bäumen will die Stadt Würzburg ihre Luft  verbessern. Drei City Trees sollen 2019 an Straßen aufgestellt werden, in denen viel Verkehr herrscht und die Luft schlecht ist. Der Vorschlag kommt von Stadträten aller Parteien und Gruppierungen. Die "Stadtbäume" bestehen aus einem etwa drei Meter großen Betonsockel mit Wassertank und Sitzbank sowie einer vier Meter hohen Wand, die mit Moos bepflanzt ist. Laut Herstellerangaben wäre Würzburg dann derzeit die einzige bayerische Stadt mit Kunstbäumen. Bei der Würzburger Landesgartenschau wurden im Sommervier Exemplare ausgestellt.       

Würzburg ist die Stadt in der Region mit den höchsten Feinstaub- und Stickoxid-Belastungen. Um diese zu senken, wird seit gut einem Jahrmit dem" Green-City-Plan" ein Konzept für umweltfreundliche Mobilität erarbeitet. Auch eine Umweltzone mit Fahrverboten steht seit langem für die Stadt im Raum. Am Dienstag, 18. Dezember, hat zudem die Deutsche Umwelthilfe (DUH) angekündigt, eine Klage für ein Diesel-Fahrverbote in Würzburg prüfen zu lassen. 

Derweil will der Würzburger Stadtrat neue Wege ausprobieren. "Die City-Tree-Element sind geeignet, Stickoxid, Feinstäube und Kohlendioxid aus der Luft zu filtern", schreiben  Stadträte in einem interfraktionellen Antrag. Die sechs Quadratmeter große "Konstruktion zur Luftverbesserung", wirke außerdem kühlend auf das Stadtklima.  

"Mir sind keine nachvollziehbaren Nachweise für eine nennenswerte Reduzierung von Luftschadstoffen bekannt"
Marcel Langner vom Umweltbundesamt zur Wirksamkeit von City Trees

Die Kommunalpolitiker übernehmen die Argumente der Berliner Herstellerfirma Green City Solutions. Diese bewirbt den City Tree als  "Bio-Tech-Filter", der "nachweisbar die Luftqualität verbessert". Bis vor kurzen erklärte das Startup sogar, dass ein City Tree 275 Bäume ersetzen könne. Diese Behauptung hatte vor einigen Wochen ein Botaniker der Universität Würzburg in einem Interview mit dieser Redaktion widerlegt. Inzwischen hat die Firma diese Zahlen von ihrer Homepagegenommen.   

Aber wird überhaupt etwas durch die Konstruktion besser?  Auf Nachfrage räumt die Firma ein, dass die Reduzierung von Stickoxid nicht in Freilandversuche nachgewiesen wurde.  Aber die von Feinstaub. Denn Moose haben die besondere Eigenschaft, dass sie Feinstaub aus der Luft aufnehmen können. Das wurde im Labor nachgewiesen.

Deshalb werden die kleinen Pflanzen seit ein paar Jahren als grüne Wunderwaffe gegen die schädlichen Partikel gehandelt. Laut City Tree-Hersteller ist ihre Erfindung "der weltweit erste Bio-Tech-Filter zur nachweisbaren Verbesserung der Luftqualität". Feldversuche hätten ergeben, dass City Trees Feinstaub in der direkten Umgebung um 23 Prozent reduzieren.  

Umweltbundesamt und Bayerisches Landesamt für Umwelt bestreiten Wirkung

Die zuständigen Fachbehörden sagen etwas anderes. Das Bayerische Landesamt für Umwelt (LfU) erklärt auf Anfrage, dass City Trees Feinstaub nicht nennbar reduzieren. "Nach uns vorliegenden Informationen wurden mehrere Studien zur Feinstaubentnahme durchgeführt, bei denen aber keine wesentlichen Minderungen erzielt werden konnten", so eine Sprecherin des LfU.   

Das Umweltbundesamt in Dessau sagt das gleiche. "Mir sind keine nachvollziehbaren Nachweise für eine nennenswerte Reduzierung von Luftschadstoffen durch City Trees bekannt", sagt Marcel Langner. Der Fachmann nennt eine einfache Erklärung dafür: "Nur ein sehr geringer Teil des Luftvolumens kommt mit den Moosen überhaupt in Berührung." Denn in Städten fehle es an Wind, der konstant verschmutzte Luft an die relativ kleine Moosfläche weht.     

"Um Luftschadstoffe zu reduzieren gilt es Aktivitäten zu vermeiden, die diese freisetzen“, sagt Langner, der beim Umweltbundesamt für Grundsatzfragen der Luftreinhaltung zuständig ist. "Bislang gibt es keine effiziente Alternative zu diesem Ansatz."  

Zustimmung aus dem Würzburger Rathaus

Der Würzburger Umweltreferent Wolfgang Kleiner unterstützt den Antrag des Stadtrats. "Ich bin zwar skeptisch, ob sie die Luft reinigen", sagt er auf Anfrage dieser Redaktion. "Aber City Trees können ein Beitrag zur Stadtbegrünung sein, ähnlich wie Fassadenbegrünung." Steuergeld will Kleiner allerdings nicht für die künstlichen Bäume ausgeben.    

Hinter einem Netz wächst das Moos.
Foto: Patty Varasano | Hinter einem Netz wächst das Moos.

Anschaffung und Aufstellung der drei "Kunstbäume" sollen laut Green City Solutions private Sponsoren zahlen. Wie viel ein Exemplar kostet, verrät die Firma nicht. 30000 Euro pro Stück sollen es laut Medienberichte sein.Die jährlichen Wartungskosten werden mit 4500 Euro pro Baum angegeben. In Würzburg sollen auch dafür Unternehmen, unter anderem die Sparkasse Mainfranken und das Autohaus Spindler, aufkommen. Moose und die Technik der Wand müssen gepflegt werden. Sie verbrauchen zwischen zwei und vier Kilowattstunden Strom für den Betrieb von Sensoren und Ventilatoren und zwischen 50 und 100 Litern Wassern pro Tag. An heißen Tagen bis zu 300 Litern.       

Der Stadtrat wünscht sich, dass die "vertikalen Pflanzendisplays" in drei stark mit Verkehr belasteten Straßen aufgestellt werden. Sie sollten keine Bäume ersetzen, sondern als eine Möglichkeit getestet werden, "um Luftqualität und Stadtklima in Würzburg nachhaltig zu verbessern, auch dort wo sonst keine Begrünung möglich ist", heißt es im Antrag der Stadträte. Momentan überprüft die Verwaltung die Eignung der Standorte. Anfang des kommenden Jahres will der Stadtrat beschließen, dass die Bäume ein Jahr lang aufgestellt werden.

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  • P. H.
    Um wenigstens ein wenig Luft in die Stadt zu lassen, dürfen die Kaltluftschneisen und die Kaltluftentstehunggebiete auf den Höhen um Würzburg nicht verbaut werden.
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  • S. B.
    Ärgerlich ist vor allem, dass die Mainpost hier auf Bildzeitungs-Niveau herabsteigt. An den Kommentaren kann man sehen, dass die Verballhornung dieser Idee als "Betonbaum" ja bestens funktioniert.
    Es geht hier nicht um Bäume aus Beton, das ist auch der Mainpost klar. Es geht um Mosswände, die die Luft reinigen sollen. Diese sind in einen stabilen Rahmen gebettet, fertig.

    Auch lässt sich aus den Expertenaussagen nicht folgern, dass Mosswände nichts bringen. die Frage ist nur, die Wirkung wie vieler Bäume sie erreichen können.

    Liebe Mainpost, ich bin besseres von euch gewöhnt und erwarte das auch.
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  • K. K.
    Danke das Sie uns dumme MP Leser aufklären traurig
    ironie aus
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  • S. B.
    Wie darf ich das verstehen? Problem mit ner anderen Meinung?
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  • K. K.
    Wer sagt den das das Niveau der MP höher als das der Bild ist?
    Das es sich nicht um Betonbäume handelt sonder um Betonklötze die mit Moos bestückt sein werden, sieht sogar ein Blinder.
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  • J. H.
    tolle Sache mit den Beton Filter Kästen. Jetzt muss man nur noch Schilder aufstellen, damit die Feinstaubpartikel wissen wo sie hinfliegen müssen. Was passiert eigentlich mit dem Moos wenn es vollgesogen ist? Wird es dann in der Müllverbrennungsanlage verheizt? Da wird dann der Feinstaub wieder freigesetzt. Nur halt woanders. LOL
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  • K. K.
    Hoffentlich weis der Feinstaub dann auch wo diese "Bäume" dann stehen.

    Mir freundlichen Grüßen aus Schilda

    für ein Baum könnte man locker 5-6 Toiletten in den Schulen wieder herrichten.
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  • T. B.
    Was die Alliierten damals nicht geschafft haben, wurde von den Architekten der 1980-iger Jahre bis heute nachgeholt.
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  • S. K.
    1. April...

    man könnte drüber lachen
    wenns nicht so ernst wäre...
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  • Veraltete Benutzerkennung
    Da hat man die Bestätigung- der heiße Sommer 2018 ging nicht spurlos an den Gehirnen der Würzburger Stadträte/innen vorrüber!!!
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  • J. L.
    Die Dinger sind bockhässlich. Weshalb man nicht einfach echte Bäume und etwas mehr natürliches grün in die Stadt bringt verstehen wohl wieder nur unsere Stadtoberen. Deren Planungen sind … nun ja „zweifelhaft“ ist nicht so ganz treffend – „kompetenzfrei“ schon eher.
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  • A. S.
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  • M. H.
    Macht euch die Erde untertan war schon eine große Aufgabe. Macht euch das Klima untertan ist pure Hybris, etwas mehr Demut wäre nicht schlecht.
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  • Veraltete Benutzerkennung
    Demnächst fahren wieder Dieselbusse durch die Spiegelstraße
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  • U. S.
    Betonbäume? Andernorts wird nachverdichtet. Nachverdichtung ist nichts anderes als das letzte Grün auch noch zu vernichten.
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  • S. B.
    Wären ihnen mehr Neubauflächen auf der grünen wiese lieber?
    Nachverdichtung sollte mir einer Aufwertung der Grünflächen einhergehen. Nicht alle sind von hoher Qualität.
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  • J. H.
    Wie wäre es denn, einfach mal die Ursache der schlechten Luft anzugehen, statt an den Symptomen rum zu doktern?

    Betonbäume....man könnte lachen wenn's nicht so traurig wäre.

    Anderer Vorschlag: verbietet doch den Landkreisbewohnern im Sommer die Heizungen und die Motoren ihrer Autos jemals abzustellen - Viola! - schon ist die Luft in der Stadt besser als auf dem Land! Ziel erreicht, oder etwa nicht?
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  • H. S.
    "Bäume" die Strom verbrauchen, die gewartet werden müssen, die gewässert werden müssen, wenns nicht regnet. Welchen riesigen Wasserbedarf hätten die 2018 gehabt? Sponsoring durch SPK ist das Geld des kleinen Sparers. Sind wir jetzt komplett abgehoben?
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  • H. A.
    Beton, Beton und nochmal Beton. Wie hohl muss man eigentlich sein das nichts besser hilft als natürlicher Bewuchs? Alleine in der Eichhornstraße hat man ja gesehen wie Plan- und Ideenlos die Stadt Würzburg ist. Wieder hat man alles zu gepflastert und bildet sich ein dass das mickrige, nicht mal 1% von etwas Grün dort, hilft für eine bessere Luft, Hauptsache man schafft sich wieder was aus Beton an. Man könnte meinen das bei der Stadt Würzburg die Gedanken auch zubetoniert sind, so verliebt wie die in den Baustoff sind.
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  • J. H.
    Vielleicht sollte man die hohlen Köpfe mit Beton ausgießen lassen, dann landen die abgehobenen Füße von allein wieder auf dem Boden.
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