
1989 war Karl Schön, Landwirt aus Giebelstadt, Mitbegründer der Bayernhof GmbH. Aus kleinen Anfängen entstand Bayerns größter Getreidehändler in bäuerlicher Hand. Das ist bis heute so geblieben. Mit einem Jahresumsatz von 100 Millionen Euro und einem Warenumschlag von 500 000 Tonnen hat die Gesellschaft inzwischen enormen Einfluss auf das Marktgeschehen, sagt Karl Schön. Die Bauern seien nicht mehr abhängig von den großen Landhandelskonzernen. Mit 70 Jahren zieht sich Schön nun aus dem Beirat der Geschäftsführung zurück. An der Erfolgsgeschichte soll stattdessen Jochen Wanck, Landwirt aus Herchsheim, weiter mitschreiben.
"Die Idee war, dass die Bauern ihre Ware möglichst lange in der Hand behalten und von einem höheren Auszahlungspreis profitieren", erinnert sich Karl Schön. "Die Wertschöpfung, die die Landhändler kassiert haben, sollte beim Landwirt bleiben." Eine intransparente Preisbildung und hohe Qualitätsabzüge hätten damals vielen Landwirten Verdruss bereitet. Gleichzeitig ging die Gründerzeit mit einem Strukturwandel bei den Getreideverarbeitern einher. Großbäckereien und in deren Folge die Mühlen verlangten nach immer größeren Partien von gleichbleibend hoher Qualität. "Außerdem mussten die Bauern lernen, das zu produzieren, was der Markt verlangt", so Schön weiter.
Zusammen mit zwei Kollegen aus Nieder- und Oberbayern legte Karl Schön den Grundstein für die Bayernhof GmbH. Am Anfang stand ein kleiner Getreidehandel in Giebelstadt mit 1500 Tonnen Lagervolumen, den die GmbH übernommen hat. Inzwischen gibt es in ganz Bayern sieben Standorte, die als eigenständige Profitcenter agieren, davon vier, die an einen Hafen angeschlossen sind. Eines der Lager hat sich auf Bio-Produkte spezialisiert. Das gesamte Lagervolumen beträgt inzwischen rund 100 000 Tonnen. Gesellschafter der GmbH sind 14 bäuerliche Erzeugergemeinschaften mit insgesamt rund 2000 Mitgliedsbetrieben. Aber auch Nichtmitglieder dürfen ihr Getreide über die Bayernhof GmbH vermarkten. Hauptsitz ist in Hankofen bei Straubing.

Dass die Landhändler von der neuen Konkurrenz nicht begeistert waren, liegt auf der Hand. "Am Anfang wurde ich belächelt und später öfter mal schief angeschaut", berichtet Schön, "aber das hat mir nichts ausgemacht." Inzwischen habe die GmbH sogar maßgeblichen Einfluss auf die Preisbildung am Markt. "Mittlerweile warten die Landhändler ab, was Bayernhof zahlt und richten sich danach", so Schön. Auch staatliche Stellen wie das Amt für Landwirtschaft und Ernährung in Würzburg hätten den Nutzen der bäuerlichen Vermarktung schnell erkannt und den Aufbau unterstützt.
Im Würzburger Neuen Hafen hat die Bayernhof GmbH 2010 ein altes Getreidelager mit einer Kapazität von 10 500 Tonnen gekauft. Letztes Jahr kamen neue Lagersilos für bis zu 11 500 Tonnen Getreide hinzu. 1,4 Millionen Euro hat die Bayernhof GmbH dafür investiert. Zusammen mit dem Lager in Giebelstadt kommt der unterfränkische Stützpunkt auf einen jährlichen Warenumschlag von 40 000 Tonnen. Neben Weizen, Braugerste, Hartweizen und Dinkel werden auch Ölsaaten wie Raps und Sonnenblumenkerne sowie Nebenprodukte gehandelt.

Zehn festangestellte Händler in der Zentrale Hankofen konzentrieren sich auf einzelne Produktgruppen und stehen in enger Tuchfühlung mit den internationalen Agrarbörsen, die inzwischen die Preise bestimmen. Nicht nur auf der Verkäuferseite werden Termingeschäfte auf bevorstehende Ernten abgeschlossen, auch viele Landwirte gehen Anbauverträge ein. "So weiß der Bauer schon vor der Aussaat, wie viel Geld er für den Doppelzentner bekommt", sagt Jürgen Wanck. Den Preisen liegen europäische Qualitätsstandards zugrunde. Für Abweichungen werden Zu- oder Abschläge berechnet.
Transparenz und hohes Vertrauen
Das System sei vollkommen transparent, auch deshalb sei das Vertrauen der Landwirte in die Vermarktungsgesellschaft hoch. "Das Hauptinteresse ist nicht, möglichst viel Gewinn zu machen, sondern den Landwirten einen fairen Preis zu zahlen", so Wanck weiter. "Die Bauern passen schon sehr genau auf, dass nicht zu viel Geld bei der Bayernhof landet", ergänzt Karl Schön.

In Würzburg wacht Silomeister Tobias Hammerschmidt über die angelieferten Qualitäten. Von jeder Fuhre wird eine Probe genommen und untersucht. Ein Analyseautomat ermittelt die preisbestimmenden Kenngrößen wie Feuchte, Eiweißgehalt und Parameter für die Backfähigkeit, bevor der Landwirt seine Ladung über einer der vier Entladegossen auskippt und sie von dort ins richtige Silo weiterbefördert wird. Zu den Standortvorteilen gehört der direkte Hafenanschluss. Ein unterirdisches Förderband führt zur rund 200 Meter entfernten Verladestation am Mainufer, von wo das Getreide direkt in ein Frachtschiff verladen werden kann.
Kurze Transportwege zu den Lagerhäusern
Jochen Wanck, der künftig den Platz von Karl Schön im Beirat der Bayernhof GmbH einnehmen wird, spricht mit großem Respekt von seinem Vorgänger. "Ohne den Charly gäbe es die Bayernhof nicht", sagt Wanck. Er ist zugleich Vorsitzender einer Erzeugergemeinschaft mit rund 450 Mitgliedern im Raum Würzburg/Kitzingen und weiß deshalb die kurzen Wege zu den Lagerhäusern zu schätzen. "Alle anderen Marktteilnehmer schließen Standorte", so Wanck. Damit steigen für die Landwirte die Transportkosten und damit der Ausstoß von klimaschädlichen Abgasen.
Gegenwärtig ist man am Würzburger Lager damit beschäftigt, die Getreideernte, die kurz vor dem Ende steht, zu bewältigen. Jochen Wanck trifft dabei auf viele enttäuschte Berufskollegen. Nach einem regenreichen Frühjahr hatten die eigentlich mit Rekorderträgen gerechnet. "Die Euphorie aus dem Frühjahr ist dahin", sagt Wanck. "In schlechten Lagen, die wenig Wasser speichern können, hat der Regen geholfen", so Karl. In den fruchtbaren Gäulagen hingegen sei die Ernte eher durchschnittlich ausgefallen.