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Würzburg
Auszug nach 99 Jahren? Letzter Hoffnungsfunken für Bewohner wohl erloschen
Es war ein Fünkchen Hoffnung für die Anwohner am Oberen Burgweg, doch das scheint nun erloschen. Warum das Landesamt keine Denkmaleigenschaft für die Häuser sieht.
Sie bilden kein schützenswertes Ensemble, diese Häuser am Oberen Burgweg in Würzburg, so lautet die Bewertung des Landesamtes für Denkmalschutz in Bamberg. Die Bewohner fürchten weiter um ihre Eigenheime, deren von Freistaat gewährtes Erbbaurecht im September 2023 ausläuft.
Foto: Thomas Obermeier | Sie bilden kein schützenswertes Ensemble, diese Häuser am Oberen Burgweg in Würzburg, so lautet die Bewertung des Landesamtes für Denkmalschutz in Bamberg.
Ernst Lauterbach
 |  aktualisiert: 08.02.2024 11:00 Uhr

Es war ein Fünkchen Hoffnung für die sieben Familien am Oberen Burgweg in Würzburg. Sie hofften auf die Aufnahme der Häuser, die ihre Vorfahren vor rund 100 Jahren in Eigenarbeit als sogenannte Lehrkolonie Marienberg gebaut hatten, als Ensemble in die bayerische Denkmalliste und hatten eine Prüfung beantragt. Wie berichtet, soll das Erbbaurecht dort trotz vorheriger Ankündigung nun im September 2023 von Seiten des Freistaates vermutlich doch nicht verlängert werden. 2018 hatte ihnen der Freistaat eine Verlängerung um noch einmal 60 Jahre in Aussicht gestellt, deshalb hatten sie teilweise massiv in ihre Eigenheime investiert.

"Eine Denkmaleigenschaft als Ensemble besteht daher nicht"
Christian Dümler - Landesamt für Denkmalschutz

Wie berichtet, prüft der Freistaat derzeit auf allen seinen Grundstücken, für die in naher Zukunft das Erbbaurecht ausläuft, ob der "Staatsbedarf Wohnungsbau" dort gedeckt werden kann. Dieses hatte er den Betroffenen nun Mitte Januar mitgeteilt. Betroffen sind am Oberen Burgweg sieben Familien. Für das größte Grundstück auf den Parzellen Oberer Burgweg 16 und 18 war im Auftrag der Immobilienverwaltung Bayern von einem Würzburger Architekturbüro bereits eine städtebauliche Untersuchung vorgenommen worden, die in der jüngsten Sitzung der Stadtbildkommission vorgestellt worden war.

In der Sitzung hatte Stadtbaurat Benjamin Schneider mitgeteilt, dass das Landesamt für Denkmalpflege derzeit prüfe, ob die Lehrkolonie in die Denkmalliste aufgenommen werde. Für einen Erhalt hatten sich in der Sitzung außer Stadtheimatpfleger Hans Steidle auch die Kommissions- und Ratsmitglieder Wolfgang Roth (CSU), Karin Miethaner-Vent (Grüne)  und Willi Dürrnagel (Würzburger Liste) ausgesprochen. Dürrnagel hatte die Stadt als Untere Denkmalschutzbehörde dazu aufgefordert, die Siedlung als Gesamtensemble sofort unter Denkmalschutz zu stellen, ohne auf eine Entscheidung des Landesamts zu warten.

Das Ergebnis der Denkmalschutz-Prüfung lag bei der Stadt bereits vor

Allerdings lag das Ergebnis der Prüfung bei der Stadt Würzburg bereits seit Ende November 2020 vor, schreibt Christian Dümler von der Bamberger Dienststelle des Landesamtes für Denkmalpflege, in einer Mail vom Montag an Sabine Pichler, Sprecherin der betroffenen Familien am Oberen Burgweg. Er bedauert, dass diese nicht an Pichler weitergeleitet worden sei. Pichler hatte den Antrag auf Ensembleschutz nämlich bereits im Oktober 2020 gestellt, noch bevor eines der Häuser an der Straße abgerissen worden sei, wie sie am Telefon sagt. Nachdem sie bislang keine Antwort erhalten hatte, hatte sie vor der Sitzung der Stadtbildkommission noch einmal beim Landesamt nachgefragt.

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Und deswegen wurmt es sie, dass der Mann vom Denkmalamt in seiner Mail unter anderem schreibt, teilweise erhebliche bauliche Eingriffe und Veränderungen hätten sämtliche noch vorhandenen Objekte in ihrem äußeren Erscheinungsbild stark verändert. Das Straßen- und Platzbild sei damit nachhaltig überprägt, so das Gutachten aus dem Bamberger Amt.

Auch die der Mail beigefügten Fotos hält Sabine Pichler nicht für aussagekräftig

Materiell-substanziell wie auch im Erscheinungsbild sei es nicht (mehr) ausreichend überliefert, um einen "Ensembleverdacht" nach dem Bayerischen Denkmalschutzgesetz hinreichend begründen zu können, führt der Fachmann weiter aus. Auch das versteht Pichler nicht. Es sei nie ein Mitarbeiter des Denkmalamtes bei einem der Betroffen gewesen. "Wie will er da die Substanz beurteilen", fragt sie. Auch die der Mail beigefügten Fotos - tagesaktuell, wie Dümler schreibt - hält sie nicht für aussagekräftig.

Doch das Urteil des Denkmalschützers steht fest: Eine besondere Bedeutung im Sinne dieses Gesetzes, also eine geschichtliche, künstlerische, städtebauliche, wissenschaftliche oder volkskundliche Bedeutung sei nicht erkennbar. Eine Denkmaleigenschaft als Ensemble bestehe daher nicht, stellt er fest.

Nun wollen die Familien vom Oberen Burgweg sich nach München wenden, kündigt Pichler an. Die Fraktionssprecher im Landtag, Ministerpräsident Markus Söder und auch Kerstin Schreyer, Staatsministerin für Wohnen, Bau und Verkehr, sollen bald Post aus Würzburg bekommen, sagt sie.

 
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  • sepele
    Ehrlich ich frage mich: welche Verbindungen und Kontakte haben diese Bewohner, dass die Mainpost über jedes Detail einen Riesen Artikel macht?

    Bei den Umbauten wurde offenbar nicht auf Denkmalschutz geachtet. Dass jetzt Laien darüber fabulieren, was substanziell im Ensembleschutz bedeutet ist ja irgendwie schon mal interessant, aber ist das wirklich einen Artikel wert?

    Und wer die letzten Jahre tatsächlich stark investiert hat: der Hauspreis wird durch den Freistaat ersetzt. Da geht also nichts verloren.
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  • ToDietz@web.de
    Klasse Titel. BILD hätte es nicht besser gekonnt, sogar das BILD-typische Fragezeichen der Schlagzeilen haben Sie schon übernommen.

    Allerdings frage ich mich welcher Bewohner wirklich nach 99 Jahren ausziehen muss?!
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  • hausgarten
    Wenn das Gelände mit dem Erbbaurecht einem Privatmann gehören würde und dieser den Zeitraum des Erbbaurechtes nach Ablauf nicht nochmal verlängern würde dann wäre da so und man würde wirtschaftliche Gründe oder Eigennutz vermuten. Die Bewohner der Häuser, bzw. deren Nachfolger, haben gewußt, dass das Erbbaurecht in 99 Jahren nach der Bewiligung ausläuft und kein Rechtsanspruch auf eine Verlängerung besteht. Dafür haben diese ja auch die ganze Zeit nur einen Erbauzins gezahlt und das Grundstück damals nicht gekauft. Wenn nun der Tag x eingetreten ist und das Erbbaurecht nicht verlängert wird, ist dies das gute Recht des Grundstücksbesitzers. Sei es der Freistaat Bayern oder ein privater Besitzer. Die derzeitigen Besitzer der Häuser müssen sich wohl mit der geltenden Rechtssituation abfinden.
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  • ammi187@gmail.com
    Herzlose CSU Region da werden Menschen wirklich um ihre Existenz gebracht. Deshalb hat die CSU ihr christliches C schon vor 30 Jahren entsorgt.
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  • Einwohner
    Wer wird da um seine Existenz gebracht? Allen war der Termin bekannt. Laut voriger Berichte gab es die Möglichkeit das Grundstück zu erwerben. Einige haben dies wahrgenommen, andere eben nicht. Man muss auch mal entscheiden im Leben und die Konsequenzen davor betrachten und dann auch tragen.
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  • mainpost@swamp.franken.de
    Das war auch mein erster Gedanke. Aber laut den div. Berichten wurde den Bewohnern vor ein paar Jahren Hoffnung auf eine Verlängerung gemacht und sie aufgefordert abzuwarten, weil die Wertermittlung erst kurzfristig möglich sei. Sie dann statt dessen kurzfristig rauszuschmeißen ist m.E. nicht fair.
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  • hayatim
    Ich persönlich bin der Meinung, daß der Freistaat nun endlich mal Farbe bekennen sollte, ob er die Grundstücke benötigt oder nicht. Benötigt er sie, sehe ich eigentlich keine große Chance dagegen etwas zu unternehmen. Vertrag ist Vertrag. Benötigt er sie nicht, sollte er so schnell als möglich den bisherigen Erbbauberechtigten mitteilen zu welchen Konditionen er das Erbaurecht verlängern oder evtl. die Grundstücke verkaufen würde. Ich glaube das wäre endlich an der Zeit. Ein noch längeres Hinhalten finde ich unfair, wenn man bedenkt, dass er damit den Betroffenen viele schlaflose Nächte bereitet.
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  • jkwue
    Wenn ich mir das Foto hier im Artikel anschaue, hat eines der Häuser sogar eine hochmoderne Photovoltaik-Anlage auf dem Dach. Was bitteschön soll da im Sinne des Denkmalschutz besonders schutzwürdig sein...
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  • ParkAndRead
    Wenn man es genau nimmt, ist es eine Solarthermie-Anlage und keine Photovoltaik. Wie dem auch sei, eine Energie-effiziente resp. Klima- neutrale Sanierung von Häusern sollte immer "drin" sein, wird ja vom Staat so gefordert und gefördert, egal ob Denkmalschutz oder nicht, es könnte sogar im optimalen Fall ein Harmonie bilden.
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  • rainbird
    @jkwue Sowas dürfen Sie keinem grünen Politiker erzählen. zwinkern
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  • rasputin32
    Will Würzburg Wohnraum oder Denkmäler?
    Flächen für neue Wohngebiete gibt es -fast- keine, Nachverdichtung bringt Ärger mit Nachbarn und dauert ewig.
    Zwangsläufig müssen Menschen aufs Land ziehen und werden zu unbeliebten Pendlern.
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  • 1958kosb
    Genau, jetzt noch die Häuser unter Denkmalschutz stellen, und dann bei der Renovierung Vater Staat noch abkassieren.
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  • sl112@gmx.de
    Dem Bild des Artikels nach zu urteilen müsste jede Fünfzigerjahre Siedlung in Bayern unter Denkmalschutz gestellt werden. Einen Ensembleschutzbedarf kann ich auch nicht erkennen.
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  • terrain
    Wer nach eigenen Angaben denkmalschützenswerte Gebäude nach eigenen Gutdünken verändert, nach eigenen Gutdünken aus- und anbaut, sollte m. E. den Ball ganz flach halten. Und dass man fünf Jahre vor Fristablauf ohne jegliche Sicherheit "massiv investiert" hat, ist entweder wenig vorausschauend gehandelt oder eine Schutzbehauptung
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  • jebusara@web.de
    Man soll doch Energie sparen, oder etwa nicht? Man soll sein Haus isolieren, oder etwa nicht? Das Dach sanieren, oder etwa nicht? Neue Fenster einbauen, oder etwa nicht? Und genau das, die Sanierung damit das Haus effizienter wird, fällt den Eigentümern nun auf die Füsse!

    Empathie lose Menschen finden das noch korrekt und freuen sich. Nennt man Schadenfreude aber die soll ja bekanntlich die schönste Freude sein.
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  • post@herbertstapff.de
    Denkmal-/Ensembleschutz und Haussanierung müssen sich nicht widersprechen, wenn man sich miteinander abstimmt. Dies war hier aber nicht erforderlich, weil es ja keine diesbezüglichen Auflagen gab. Die ihr Haus saniert haben, haben richtig gehandelt. Die Nichtberücksichtigung von Erbbaufristen ist eine ganz andere Sache.
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  • wjgsell
    "Eine besondere Bedeutung im Sinne dieses Gesetzes, also eine geschichtliche, künstlerische, städtebauliche, wissenschaftliche oder volkskundliche Bedeutung sei nicht erkennbar." Hat hier das Landesamt für Denkmalpflege selbst hingesehen, waren Mitarbeiter vor Ort, oder haben die sich auf das Gutachten des Stadtheimatpflegers verlassen. Das, was ich gesehen habe ist sehr oberflächlich und enthält viele Fehler! Auch greift der städtebauliche Blick zu kurz. Die kleinklimatische Situation - die Siedlung liegt im westlichen Zuluftgebiet zur Stadt -, die ökologischen Besonderheiten in Stadtnähe und damit auch der wissenschaftliche Blick neben dem auf die ökologischen Bauweise, die hier eines eigenen Forschungsprojektes der FH Würzburg-Schweinfurt würdg wäre, als dies ist nicht berücksichigt. Das ist typisch altes Denken. Das Geld alleine zählt, und die Beliebigkeit hält Einzug.
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  • mainpost@swamp.franken.de
    Die kleinklimatische Situation hat aber nichts mit dem Denkmalschutz zu tun. Da sind Andere zuständig.
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  • ralfestenfeld@aol.com
    Der Staat macht, WAS er will. Was ist da vom Denkmalschutzamt anderes zu erwarten.
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  • sl112@gmx.de
    Herr Mainemeinung, Ihre geäußerte Meinung ist wenig differenzierend. Gerade in einem Willkürstaat leben wir nicht.
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