Die kinderpsychiatrischen Intensiveinheiten der Uniklinik Würzburg verzeichnen sinkende Belegungszahlen und erwirtschaften Verluste. Insbesondere die Spezialklinik am Greinberg, ausgelegt für fünfzehn schwerbehinderte und zugleich psychisch kranke Kinder und Jugendliche, fällt im Jahr 2018 durch Verluste von 231 000 Euro und eine sinkende Auslastung auf. Wie kann das sein? Wie erklären sich schlechte Belegungszahlen in einem hochmodernen Haus, über das bei der Einweihung im Juni 2012 gesagt wurde, es setze "weltweit Maßstäbe"? Woher kommt der Einbruch bei den Belegungszahlen in einer Klinik, auf deren Warteliste derzeit mehr als 30 Namen stehen?
Fakt ist, dass einige wenige extrem schwierige Kinder schon seit über eineinhalb Jahren den ganzen Betrieb der Klinik am Greinberg beeinträchtigen. "Die Klinik konnte nicht voll belegt werden, weil wir so schwer kranke und teilweise so schwer aggressive Patienten versorgen mussten, dass im Sinne der Sicherheit des Betriebs, der Mitarbeiter und der Mitpatienten die Belegung vorübergehend reduziert werden musste", bestätigt der verantwortliche Chefarzt, Professor Marcel Romanos, auf Anfrage.
Problematische Patientin hat Mitarbeiter die Nase gebrochen
Extrem problematisch ist dabei nach Darstellung von Chefarzt Romanos ein elfjähriges Mädchen, das während seines Aufenthalts in der Klinik am Greinberg mehrere Mitarbeiter "schwer verletzt" hat. Das psychisch kranke Kind hat laut Aussage des Chefarztes einem Mitarbeiter die Nase gebrochen, hat Mitarbeiter gebissen und sie mit Nadeln gestochen. Ihrem Lehrer hat das Mädchen mit einem Kuli das Trommelfell durchstochen; auch hat sie versucht, einem Pfleger das Auge auszustechen. Die junge Patientin ist aufgrund ihrer Behinderung und ihrer psychischen Erkrankung so schwer zu bändigen, dass sie nach Romanos‘ Aussage eine eigene, abgetrennte Jugendhilfeeinrichtung mit Rund-um-die Uhr-Betreuung bräuchte. "Diese Patientin bindet Pflegekräfte", sagt Romanos
Dass das hochaggressive Mädchen seit mindestens Ende Dezember 2017 in der Klinik am Greinberg stationär behandelt wird, hat auf Anfrage der Geschäftsleiter des Bezirks Unterfranken, Jürgen Oswald, bestätigt. Der Bezirk ist der finanzielle Träger der Einrichtung.
Aber nicht nur dieses Mädchen bremst den Betrieb der kinder- und jugendpsychiatrischen Spezialklinik im Würzburger Norden aus. Aktuell werden laut Chefarzt "mehrere sehr komplexe Patienten mit Mehrfachbehinderung" in der Klinik am Greinberg therapiert. Darunter seien, so Romanos, auch weitere schwerkranke und sehr aggressive Kinder, "die niemand in Deutschland aufnehmen möchte".
Wie geht es weiter mit schwerkranken und hochaggressiven Patienten?
Wie geht es jetzt weiter? Muss die Klinik am Greinberg die schwer kranken und hochaggressiven jungen Patienten auf unbestimmte Zeit weiter behandeln – eben weil sie eine auf solche Fälle ausgerichtete Spezialklinik ist? Und muss der Bezirk als Träger der Einrichtung in so einem Fall dann eben sinkende Belegungszahlen und erwirtschaftete Defizite in Kauf nehmen? Oder gibt es Alternativen?
"Wir arbeiten mit Hochdruck an einer Lösung", sagt auf Anfrage der Geschäftsleiter des Bezirks, Jürgen Oswald. Für das Mädchen werde derzeit eine eigene Jugendhilfeeinrichtung geschaffen– und zwar in Hessen, weil das Kind aus diesem Bundesland stamme. Er sei in Verhandlungen mit den zuständigen Wohltätigkeitsverbänden, die in Hessen als Träger einer solchen Einrichtung fungieren. Geplant sei der Wechsel des Kindes von Würzburg nach Hessen im August, so Oswald. Ob der Zeitplan eingehalten werden könne, sei aber noch unklar.