"Er war ein ehrlicher, aufrechter Bürger, der in Grombühl Ansehen genoss." Das sagt Gerhard Köhler, der ehemalige Obermeister der Elektroinnung Würzburg Stadt und Land, und er meint damit den Buchdrucker Hans Spanheimer. Kaum hatten die Amerikaner Anfang April 1945 Würzburg erobert und eine neue Verwaltung mit OB Gustav Pinkenburg an der Spitze eingesetzt, wurden zusätzlich in allen Stadtteilen sogenannte Bezirksbürgermeister installiert.
Für Grombühl war vor 75 Jahren Hans Spanheimer zuständig, ein bekannter Sozialdemokrat, der später für seine Partei im Stadtrat saß und von 1946 bis 1949 den TSV Grombühl als Vorsitzender leitete.
Bezirksbürgermeister amtierten in Würzburg bis zum August 1946. Die amerikanische Militärregierung hatte verlangt, dass alle ehemaligen Nazis aus der Stadtverwaltung, die im Studentenhaus am Sanderrasen saß, entfernt wurden. Da diese daher zunächst nur über eine Rumpfbesatzung verfügte, sollten Bezirksbürgermeister für effektive, der Bevölkerung nähere Behördenabläufe sorgen. Sie kümmerten sich vor allem um die Genehmigung von Gewerbebetrieben und teilten Wohnräume zu, an denen im weitgehend zerstörten Würzburg größter Mangel herrschte.
So geschah es auch mit der Familie Köhler. Hans Köhler, der Vater des 1938 geborenen Gerhard Köhler, hatte in der Petrinistraße ein Elektroinstallationsgeschäft betrieben, das am 16. März 1945 ebenso wie die nahegelegene Wohnung zerstört wurde. Nach mehrmonatiger Evakuierung in Versbach konnte Spanheimer den Köhlers zwei leere Zimmer in den Neumannstraße 13 ("mit Küchenbenützung") zuweisen; nachträglich wurde dafür im April 1946 ein "Quartierschein" ausgestellt, den Gerhard Köhler noch immer besitzt.
Spanheimer sorgte außerdem dafür, dass die Firma Elektro Köhler, die später der Sohn übernahm und die heute von einem Mitarbeiter geführt wird, wieder in die Petrinistraße 9a ziehen konnte; im Rückgebäude wurde zunächst eine provisorische Werkstatt eingerichtet und dann erstand das Haus Stockwerk für Stockwerk neu.
Als weiterer Bezirksbürgermeister amtierte in der Zellerau Karl Trost. Der 1890 geborene Metzgermeister, ehemals Mitglied der katholischen Bayerischen Volkspartei (BVP), war zeitweise von den Nazis inhaftiert worden; vor 1933 hatte er für die BVP im Würzburger Stadtrat gesessen.
Der Bezirksbürgermeister für das Steinbachtal und den Dallenberg hieß Franz Brand. Noch während des Kampfes um Würzburg hatten die Amerikaner dem Direktor der Würzburger Niederlassung der Dresdner Bank am 4. April 1945 das Amt des Oberbürgermeisters angedient, doch er lehnte ab, weshalb Gustav Pinkenburg eingesetzt wurde,
Politische unbelastet war auch der Essigfabrikant Otto Stein, der einige Zeit das Amt des Bezirksbürgermeisters für das Frauenland innehatte. In seinen 1963 erschienenen Memoiren "Offen gesagt" hat Stein die Zustände im Nachkriegs-Würzburg, wo es am Nötigsten fehlte und die Ordnung erst nach einiger Zeit wieder hergestellt war, plastisch beschrieben. Stein hielt die Augen in seinem Viertel offen und musste beispielsweise "so manche Bürger aus Würzburg und aus den umliegenden Ortschaften dabei ertappen, wie sie versuchten, die offenstehenden Wohnungen zu plündern und für sich Hausgeräte, Wäsche und sonstigen nötigen Hausrat zu ‚organisieren’".
Stein notierte, dass ihm keine städtische Polizeiunterstützung zur Verfügung stand und dass die amerikanische Militärpolizei diesen Plünderungen von Bürgern in den Wohnhäusern meist gelassen zusah ohne einzugreifen. Der ehemalige Bezirksbürgermeister weiter: "So wurden auch von den Bewohnern der umliegenden Ortschaften Balken, Eisenträger, Leitungen, Rohre, Installationen, Badewannen, kurzum alles noch irgendwie verwendbare und brauchbare Baumaterial, das auf und unter den Häusertrümmern lag, geräubert und mit Fuhrwerken abtransportiert."
Stein ließ das nicht einfach geschehen: "Mehr als einmal lauerte ich persönlich ohne Polizeischutz auf den Ausfallstraßen den Fuhrwerken mit Materialtransporten auf und ließ sie ihre Beute wieder abladen."
Als im Mai 1946 die Würzburgerinnen und Würzburger erstmals einen Stadtrat wählen konnten, führte Stein mit dem Landrat und späteren Main-Post-Herausgeber Michael Meisner und dem Archäologie-Professor Roland Hampe die Liste der "Wahlgemeinschaft Wiederaufbau Würzburg" (WWW) an, die aus dem Stand nach der CSU die zweitgrößte Fraktion bildete. Ob der gereimte Wahlspruch "Auf dass Würzburg nicht verschlampe, wähle Meisner, Stein und Hampe!" zu diesem Erfolg betrug, ist unbekannt.
Auch Hans Spanheimer wurde – 1948 – für die SPD in den Stadtrat gewählt. Vorher hatte er bereits dem von den Amerikanern eingesetzten "Stadtbeirat" angehört, ebenso wie Franz Brand, der noch 1945 ins erste Präsidium der Industrie- und Handelskammer für Unterfranken berufen wurde. Otto Stein war von 1952 bis 1956 – nunmehr als FDP-Mitglied – 3. Bürgermeister Würzburgs. Karl Trost kam sogar zu überregionaler Bekanntheit. Von 1945 bis zu seinem Tod 1949 fungierte er als Präsident der Handwerkskammer für Unterfranken; von 1947 bis 1949 saß er für das Handwerk im Bayerischen Senat.