Es gibt Menschen in unserer Gesellschaft, die aus verschiedenen Gründen kein eigenes Dach über dem Kopf haben. Die Stadt Würzburg setzt viel daran, ihnen zu helfen und Angebote zu schaffen, die ihre Notsituation lindern. Vorrangig ist bei den derzeit frostigen Temperaturen der Schutz vor Kälte und Hunger.
Laut Steffen Deeg aus der Stabstelle Koordination des Würzburger Sozialreferats versuche die Stadt notwendige Hilfen in ausreichender Kapazität bereitzustellen. Die so genannte Wohnungsnotfallhilfe sei eine kommunale Pflichtaufgabe, sie komme dann ins Spiel, wenn Menschen vor existenziellen Problemen stehen, denn: "Jeder Mensch hat einen Anspruch auf die notwendige Hilfe", beschreibt Deeg. Die Angebote der freien Träger unterstützten die Stadt dabei, die Aufgaben zu erfüllen, Prävention zu leisten und einer Wohnungslosigkeit vorzubeugen.
Zahlen im Bereich Obdachlosigkeit steigen
Dennoch hat sich in den vergangenen zehn Jahren die Zahl der wohnungslosen Menschen, die untergebracht werden mussten bis zu den Jahren 2018/19 fast verdoppelt, erklärt Deeg. In den Jahren der Pandemie 2020 und 2021 stellte sich dann - vermutlich auch durch Sozialschutzpakete für Unterkünfte und weniger Zuzug - ein leichter Rückgang ein. "Nun ist leider wieder ein Aufwärtstrend zu erkennen", so Deeg.
Nach Stand vom 6. Oktober 2022 waren es in diesem Jahr bereits insgesamt 428 Menschen, die in Unterkünften der Stadt oder in externen Wohnungen, sogenanntem Verfügungswohnraum, untergebracht waren. Zum Vergleich: In 2021 betraf dies 311 Personen, in 2020 waren 392 Personen betroffen.
Neben Notunterkünften wie der Obdachlosenunterkunft in der Sedanstraße oder - speziell für Frauen - dem Sankt Raphaelsheim am Haugerring, gibt es in Würzburg Orte, wo sich die Menschen tagsüber aufhalten , sich vor der Kälte schützen und kostenfrei eine warme Mahlzeit bekommen können. "Ein solcher Ort ist die Wärmestube der Christophorus-Gesellschaft von Diakonie und Caritas", so Deeg. Dort gebe es auch die Möglichkeit zum Duschen oder Wäsche waschen. Zudem wird laut Deeg eine "Tagesstrukturierung" angeboten, beispielsweise durch verschiedene kreative Angebote und Gesellschaftsspiele. Auch würden hier die Menschen im Krankheitsfall medizinisch erstversorgt.
Aktuell 160 Essenspakete bei der Bahnhofsmission
Ebenso, sagt Deeg, sei die Bahnhofsmission ein solcher Ort, "der vor allem durch die 24-stündige Erreichbarkeit hervorsticht". Wie der Leiter der Bahnhofsmission Michael Lindner-Jung erklärt, händigt das Team der Würzburger Bahnhofsmission aktuell am Tag 160 Essenspakete aus. Die Zahlen der Lebensmittelausgabe hätten sich in den letzten Monaten verdreifacht - auch durch den Krieg in der Ukraine. Die Hälfte der Menschen, die derzeit die Bahnhofsmission aufsuchten, seien Menschen mit Migrationshintergrund. "Diese Rekordzahlen zeigen, wie groß die Not ist", so Lindner-Jung.
Auch die ökumenisch ausgerichtete Gemeinschaft Sant'Egidio kümmert sich um obdachlose Menschen, ebenso wie der Verein Condrobs e.V. mit seinem Kontaktcafé Würzburg. Letzteres richtet sich an Menschen, die unter Drogenabhängigkeit leiden. Auch hier bekämen die Menschen eine warme Stube und ein heißes Getränk sowie ein offenes Ohr, sagt Deeg. Oft gingen Drogenmissbrauch und Wohnungslosigkeit einher.
Geplant ist es zusätzlich in diesem Winter wieder eine Wärmehalle für Bedürftige einzurichten, sagt Deeg. Diese war in den vergangenen Jahren in der Posthalle ansässig. Es seien Gespräche am Laufen, "wir hoffen, dass wir von Januar bis März wieder eine Wärmehalle anbieten können". Der BRK-Kreisverband Würzburg, das Sozialreferat der Stadt Würzburg und die Bahnhofsmission arbeiten dabei eng zusammen.
Wärmehalle in der Posthalle wieder als Zufluchtsort geplant?
Linder-Jung von der Bahnhofsmission hebt die Wichtigkeit von Wärmehallen- und Stuben hervor: Neben der Wärme, einem Tee und einer warmen Suppe seien diese Orte für viele Menschen oft die einzige Möglichkeit einer Ansprache, einer Beratung und der Vermittlung zu medizinischen Diensten. Spender und Sponsoren zur Aufrechterhaltung des Schutz- und Wärmeraums seien nötig und willkommen, so Lindner-Jung.
Wie wichtig diese Angebote sind, zeigt auch das traurige Schicksal eines Obdachlosen, der vergangene Woche in der Einrichtung Sedanstraße gestorben war. In seinem Fall hatten sowohl der gesetzliche Betreuer des Mannes als auch die Anlaufstelle Streetwork Würzburg versucht zu helfen und es geschafft, den Mann kurz vor seinem Tod von der Straße zu holen und in einer Räumlichkeit unterzubringen. Neben der Anteilnahme aus dem Stadtteil Sanderau, hatte es am vergangenen Donnerstag im Stadtrat eine Schweigeminute für den obdachlosen Mann gegeben. Dabei hatte Oberbürgermeister Christian Schuchardt betont, dass dieser nicht aufgrund der Kälte verstorben war.
In Würzburg soll jeder ein Dach über dem Kopf haben
Leider, schildert auch Steffen Deeg vom Sozialreferat, gebe es immer wieder Menschen, "an die wir nicht herankommen, die das Leben auf der Straße selbst gewählt haben und keine Hilfe annehmen möchten". Er bekräftigt, "dass in Würzburg jeder Hilfe bekommen kann, um ein Dach über dem Kopf zu finden. Wir sind nicht in Berlin, Frankfurt oder München, wo die Lage deutlich unübersichtlicher ist".
Mitarbeiter von Streetwork raten den Würzburgerinnen und Würzburgern gerade bei der Kälte genau hinzuschauen, ob jemand auf der Straße Hilfe braucht. Im Zweifel seien die Stadt, die Christophorus-Gesellschaft oder Streetwork-Würzburg zu informieren.
Danke schonmal für die Unterstützung