Es ist eine traurige Geschichte. Und dennoch macht sie Mut und zeigt, dass Nächstenliebe manchmal auch selbstverständlich sein kann. So wie im Würzburger Stadtteil Sanderau, in dem ein wohnungloser Mann in den vergangenen Wochen in der Nähe der Adalbero-Kirche auf der Straße lebte. Viele Passantinnen und Passanten kannten den Mann mittleren Alters, dessen Zuhause eine Zeitlang eine Parkbank an der tagsüber stark befahrenen Kreuzung war. Die Menschen halfen hier und da mit Anziehsachen oder auch warmen Decken, unterhielten sich mit dem Mann.
Nun schmücken Blumen und Kerzen die grüne Parkbank, die von Eis und Schnee leicht bedeckt ist. Die Sanderauer nehmen Abschied. Denn: Vor wenigen Tagen ist der Mann gestorben, der kurz vor seinem Tod noch von der Straße geholt und in der Obdachlosenunterkunft in der Sedanstraße in einer Art Container-Zimmer untergebracht werden konnte. Ein Zettel an der Parkbank richtet sich direkt an den Verstorbenen. "Du hast uns gezeigt, dass die Sanderauer solidarisch sind (...)" und "es macht uns traurig, dass deine Kräfte nicht zum Überleben weiterreichten". Froh, so heißt es in dem Brief weiter, sei man, dass am Ende ein warmer Ort für ihn gefunden wurde, "den er akzeptieren konnte".
In der Bäckerei kannte man ihn
Wie die Mitarbeiterin einer anliegenden Bäckerei berichtet, kannten sie und ihre Kolleginnen den Mann: "Wir haben ihm morgens immer was Warmes zum Trinken gebracht und eine Kleinigkeit zu essen." Viele Kunden hätten ihm auch in der Bäckerei etwas Essbares gekauft, "Hunger musste er definitiv nicht leiden", so die Angestellte. Es sei traurig, dass so ein junger Mensch so sterben müsse, "und, dass dies in unserem reichen Deutschland passiert".
Der gesetzliche Betreuer des Mannes, ein Würzburger Rechtsanwalt und Berufsbetreuer, schildert ihn als einen "lieben Menschen, der weder gebettelt hat, noch aggressiv gewesen ist", leider sei er schwer alkoholkrank gewesen. Er habe ihn über einen längeren Zeitraum hinweg betreut. Vor mehreren Jahren habe der Mann schon einmal in der Sanderau auf der Straße gelebt, "dann hat er sich helfen lassen". Er habe sein Leben in der Außenwohngruppe einer bayerischen Einrichtung ordnen können, so der Betreuer.
Leider nicht nachhaltig genug. In seinen letzten Lebenswochen habe der Mann wieder in der Sanderau auf der Straße gelebt. Gegen den Willen der Betroffenen sei es rechtlich schwierig, sie von der Straße zu holen und in städtische Unterkünfte unterzubringen, so der Rechtsanwalt. In seinem Fall habe er vor etwa zwei Monaten einen Antrag auf Unterbringung des obdachlosen Mannes gestellt, "bisher war noch nicht darüber entschieden worden". Auch eine Anfrage ans Ordnungsamt, ihn sicherheitsrechtlich unterzubringen, habe er gestellt. Ebenso hatten sich auch Anwohner ans Ordnungsamt gewandt, weiß der Betreuer.
Am vergangenen Freitag konnten er und Mitarbeiter von Streetwork Würzburg den Mann überreden, aus der Kälte zu gehen und in ein Container-Zimmer am Obdachlosenheim in der Sedanstraße einzuziehen. Dort, so der Rechtsanwalt, sei dieser wenige Tage später gestorben. "Das hat mich sehr betroffen gemacht", schildert er. Schön findet er, "dass so viele Menschen öffentlich an dem Schicksal Anteil nehmen". Das habe er so noch nicht erlebt, "das berührt". Er habe auch zuvor beobachten können, wie Menschen aus dem Stadtteil dem obdachlosen Mann halfen.
Augen auf und helfen
Wie es von einer Mitarbeiterin von Streetwork Würzburg heißt, gebe es derzeit geschätzt etwa 20 Menschen in Würzburg, die auf der Straße leben, vielleicht auch mehr. Anwohnern oder Spaziergängern, denen gerade bei der Kälte ein obdachloser Mensch auffällt, rät sie "genau hinzuschauen, wie es dem Menschen geht und im Zweifel die Stadt, die Christophorus-Gesellschaft oder Streetwork-Würzburg zu informieren".
An den Verstorbenen wird am Montag, 19. Dezember, um 19 Uhr vor der Adalbero-Kirche in einem Gebet erinnert werden. Sein Betreuer wird auch am Grab von seinem Schützling Abschied nehmen.
Warum? Weil einem das dann (vermutlich) doch zu aufwändig, eklig, riskant....wäre.
Welchen Obdachlosen haben Sie denn bei sich zuhause aufgenommen?
Ich finde den Kommentar von Ironic sehr zutreffend.
Sonderlich ins Zeug habe ich mich auch nicht gelegt - und bin auch nicht sonderlich stolz darauf.
Was aus ihr geworden ist? Keine Ahnung.
Soweit ich das mitbekommen habe, waren sowohl Polizei als auch dass Ordnungsamt mittlerweile jeweils 4 mal vor Ort, um ihn dazuzu bewegen, diesen Platz zu verlassen, auch mit Platzverweisen, weil es auch Beschwerden seitens der Anwohner gegeben hat, leider vergeblich.
Dass Streetworker etc. vor Ort waren, davon habe ich in diesem Fall allerdings bisher nichts mitbekommen und ich habe die Situation "regelmäßig auf dem Schirm".
Es mag brutal klingen, aber man kann diese Leute nicht zu ihrem Glück zwingen und so muss man sie wohl oder übel ihrem Schicksal überlassen, auch wenn ich dies nicht gerne schreibe.
DANKE!
Ich sehe da auch immer hin und tue, was mir möglich ist.