Sie würden gerne mit ihren Freunden Geburtstag feiern, aber eine solche Feier kostet Geld. Viel Geld. Zu viel für ihre Eltern, die so schon kaum wissen, welchen Cent sie noch umdrehen sollen, damit sie nicht weiter ins Minus rutschen. Den Fußballverein haben sie schon gestrichen. Die Schuhe waren zu klein geworden. Ein Neukauf unmöglich. Helfende Hände gibt es. Viele sogar. Das Problem ist jedoch die sogenannte Schweigespirale.
"Betroffene reden nicht gerne über solche Probleme. Sie erdulden sie lieber still. Und Politiker reden lieber über ihre Erfolge, als über das, was in ihrem Bundesland im Argen liegt", sagt Professor Thomas Beyer, Vorsitzender der Arbeiterwohlfahrt (AWO) in Bayern, im Gespräch mit dieser Redaktion. Und er geht noch weiter: "Das reiche Bayern geht in vielen Fällen mit Kindern und ihren Familien beschämend um!" Laut einer Studie der Hans-Böckler-Stiftung leben in Unterfranken zwar "offiziell nur“ zwölf Prozent der Kinder unterhalb der Armutsgrenze, doch die Zahl der Kinder, die ohne Frühstück in die Schule kommen und für die Klassenfahrten ohne Hilfen nicht zu stemmen sind, steigt auch in der Region an.
Armut ist ein Lebensthema
Für Selbstzufriedenheit der für die Familienpolitik Verantwortlichen, so Beyer, bestehe kein Anlass. An diesem Freitag stellt Beyer zusammen mit dem Geschäftsführer des Berliner Zukunftsforums Familie (ZFF), Alexander Nöhring, in München erstmals den zweiten Atlas zur sozialen Ausgrenzung in Bayern vor. Der erste Atlas aus dem Jahr 2015 hatte sich mit allgemeinen Aspekten von Ausgrenzung befasst, im aktuellen liegt der Fokus auf Kinderarmut. Rund 120 000 junge Bayern unter 16 Jahre leben demnach schon von Hartz IV.
Konkret wirft Beyer den Politikern Untätigkeit vor. Wenn überhaupt, dann gehe es nur schleppend voran bei einem Thema, das keinen Aufschub mehr dulde. Es gehe hier um Kinder, für die eine Teilhabe am gesellschaftlichen Leben immer schwieriger werde, wenn sie nicht schon unmöglich sei. Aktiv werden, nachhaltige Debatten auf den Weg bringen, das undurchschaubare Dickicht aus Kindergeld, Kinderfreibetrag, Basiselterngeld, Kinderregelsatz, Kinderzuschlag und Unterhaltsvorschuss auflösen, ein Existenzminimum für Kinder auf den Weg bringen - so sieht Hilfe für arme Familien nach Ansicht der AWO-Experten aus. Armut begleite die meisten Menschen über viele Jahre. Sie sei oft ein Lebens- und nicht bloß ein Tagesthema.
"Kinder aus armen Familien spüren, dass etwas nicht stimmt. Wer zugibt, dass kein Geld da ist, wird schnell als Loser abgestempelt. Kinder ziehen sich dann zurück oder beginnen in ihrer Not auch zu lügen, um bloß nicht in so eine Ecke gedrängt zu werden", sagt Beyer. Der Anteil an Kindern unter 15 Jahren, die in Haushalten mit Arbeitslosengeld II aufwachsen, sei zwar von 126 000 im Jahr 2016 auf 116 000 zurückgegangen, was vermutlich dem Wirtschaftswachstum geschuldet sei, allerdings sei das nicht als Entspannung der Lage zu werten. Dazu komme, dass Armut und Arbeitslosigkeit heute nicht mehr so deutlich in Abhängigkeit zueinander stünden wie früher.
Es mangele zudem an Betreuungsangeboten, vor allem Alleinerziehenden seien deshalb die Hände gebunden. Gerade mal 27 Prozent der Kinder unter drei Jahren haben in Bayern einen Betreuungsplatz. Bundesweit sind es 33 Prozent. Um so schlimmer findet Thomas Beyer Vorurteile, wie "die sind selbst schuld, sollen sie doch arbeiten gehen." Dabei könne jeder völlig unverschuldet in die Armutsfalle geraten. Trennung, hohe Miete, Arbeitslosigkeit - die Gründe liegen auf der Hand.
Auffälliges Stadt-Land-Gefälle
In Unterfranken, so Beyer, gebe es keine wesentlich anderen Entwicklungen wie in anderen Teilen Bayerns. Auffällig sei das Stadt-Land-Gefälle, wenn es um den Anteil der Kinder unter 18 Jahre geht, die in Hartz-IV-Familien leben. In Schweinfurt etwa sind es 21,9 Prozent, im Landkreis Schweinfurt indes nur 4,4 Prozent. In Aschaffenburg liegt der Anteil bei 15,4 Prozent, in Würzburg bei 13 Prozent. Ländliche Gegenden indes wie Bad Kissingen oder Rhön-Grabfeld liegen mit 5,5 und 4,5 Prozent weit unter den Städten. "Auf dem oftmals geschmähten Land gibt es offenbar mehr Unterstützung als in den Städten", so der AWO-Landesvorsitzende.
die ich heute gehört habe erschreckt schon:
Nur 20 % der Hartz 4 Empfänger sind arbeitslos.
Im Umkehrschluss heißt das die Löhne (besonders der Mindestlohn) sind doch zu niedrig. Ein Großteil der Arbeitnehmer kann von seinem Lohn nicht menschenwürdig leben. Und das in einem reichen Land.
Wissen Sie, die, die meinen in ihrem Leben zu kurz zu kommen, die brauchten schon immer ein Feindbild:
Mal waren es die Flüchtlinge aus den deutschen Ostgebieten, dann die "Asylanten" im Allgemeinen, dann die Russlanddeutschen, Donauschwaben, ehem. Jugoslawen, Türken, dann die Bürger der ehem. DDR. Nun sind es halt die Syrien Flüchtlinge solange bis wieder eine neue Bevölkerungsgruppe dran ist. Denen ist immer -angeblich- gemein "dass die alles nachgeworfen bekommen ohne je was eingezahlt zu haben", und der Staat solle doch erst mal den eigenen Leuten... . Daß der Staat 60% seines gesamten Haushalts für "die eigenen Leute" aufbringt, vergißt man dabei gern.
Stellen sie sich mal die Frage, was sich an ihrer Lebenssituation ändern würde, wenn es die "Asylindustrie" nicht geben würde. Ich behaupte: absolut NICHTS! Nichts Handfestes, belegbares! Vielleicht ein besseres Bauchgefühl? Na, herzlichen Glückwunsch! Da kann man sich viel von kaufen.
Wieviel Steuern fallen denn bei 900,- überhaupt für den AN an? So gut wie keine.
Ich wiederhole mich: Ein Arbeitseinkommen muss deutlich lukrativer sein als Hartzleistungen. Denn warum arbeiten, wenn das gleiche Geld auch ohne ins Haus flattert? Schauen Sie sich mal um: Landwirtschaft, Gastronomie, Sozialdienste, Gemeindearbeiter - Jobs ohne Ende. Aber fast alles nur Ausländer. Und warum wohl?
Die Ideen der SPD mit Grundeinkommen usw. werden diese Problematik der armen Familien aber noch verschärfen. Es werden immer weniger für immer mehr Leute mitarbeiten müssen.
Aber das zu pauschalisieren, ist mehr als unfair.
Denn ich kenne aus eigenem Umfeld genügend Beispiele, wo es einfach hinten und vorne nicht reicht, obwohl man arbeitet. Mit Stundenlöhnen auf Mindestlohnniveau kann man aber keine Familie ernähren, Miete zahlen usw. usf.
Und glauben Sie mir (ich erlebe das gerade wieder in meiner eigenen Familie) - ArbeitsWILLE ist für viele Arbeitgeber nicht entscheidend.
Hier in meiner Nähe suchte ein Verein einen Zeitungsausträger: Einmal im Monat für 10 Cent je Briefkasten bei 500 Mitgliedern. Ein Wochende austragen = 50,- Es fand sich niemand.
Und bei Ihrem Beispiel mit den 50 € pro Monat: sowas ist ein Job für Schüler, die mit 50 € noch was anfangen können. Aber wenn man mit einem solchen Nebenverdienst seinen Arbeitsverdienst von 850 € netto (oder weniger!) aufstocken will, ist das ein müder Lacher. Dann hat man halt 900 € statt 850 €, und muss diese 50 € dann auch noch versteuern. Das hat mit "Arbeitsunwillen wegen höherer Unterstützung als Lohn" nichts zu tun, sondern ist einfach nur noch makabere Denkweise von Menschen, die es sich anscheinend nicht vorstellen können, wie es ist, nicht das Nötigste zu haben.
Vor allem, weil sich bei kleinen Kindern die Schuhgröße im Laufe eines Jahres gut mal um drei Nummern verändern kann. Die Füße wachsen nämlich unaufhaltsam.
Und Schuhe der älteren Geschwisterchen auftragen lassen, sollte man tunlichst bleiben lassen.
Geld wäre genug da, wenn wir die Steuerschlupflöcher endlich stopfen würden.
Alleine durch cumex wurden 55 mrd € dem Staat gestohlen. Da wäre genug Geld für vernünftige Armutsbekämpfungsmassnahmen für alle Benachteiligten da.
Übrigens die Armen in unserer Gesellschaft gabs auch schon vor 2015.
ich bin dafür, daß allen Bedürftigen in angemessener Weise geholfen wird. Ganz ohne rassistische Vorurteile.