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Würzburg/Schweinfurt
Wirrwarr um Termine: Ältere Menschen verzweifeln am Impfportal
Dass es derzeit in Bayern zu wenig Impfstoff gibt, besorgt viele Bürger. Hinzu kommt der Kampf mit den Tücken des digitalen Impfportals. Grüne fordern jetzt Aufklärung.
Über das Impfportal des Freistaats Bayern sollen sich Impfwillige registrieren. Viele ältere Menschen aber beklagen das aus ihrer Sicht komplizierte Verfahren.
Foto: Isolde Krapf | Über das Impfportal des Freistaats Bayern sollen sich Impfwillige registrieren. Viele ältere Menschen aber beklagen das aus ihrer Sicht komplizierte Verfahren.
Michael Czygan
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:53 Uhr

Viele ältere Menschen sind verzweifelt. Große Hoffnungen haben sie mit der Impfung gegen Corona verbunden. Doch zu Befürchtungen, dass es zu wenig Impfstoff gibt, kommen jetzt auch noch die Probleme beim Vereinbaren eines Impftermins. Das von der Staatsregierung favorisierte Registrierungsportal stellt gerade für die Hochbetagten, die die Corona-Impfung am dringendsten benötigen, eine nur schwer zu überwindende Hürde dar.

Jeder braucht eine eigene E-Mail-Adresse

Vielen Senioren über 80 Jahren ist das Internet komplett fremd, andere berichten in Anrufen und Briefen an die Redaktion von vielerlei Schwierigkeiten, sich online für die Impfung zu registrieren. Unverständlich für viele ist, dass jeder, der sich anmelden möchte, eine eigene E-Mail-Adresse braucht. Ältere Ehepaare aber nutzen häufig, so sie denn überhaupt eine haben, eine gemeinsame Adresse. Doch mit dieser lassen sich auf dem Portal nicht zwei Personen anmelden.

"Ich verstehe nicht, warum das nicht möglich ist", sagt ein 82-jähriger Leser aus Schweinfurt, der jetzt einen Nachbarn sucht, der ihm eine zusätzliche E-Mail-Adresse für seine Frau anlegt. Vielfach nutzen Kinder ihren eigenen Mail-Account, um Vater oder Mutter anzumelden. Wie sie selbst später dann an einen Impftermin kommen, ist ihnen erst einmal egal. Das bayerische Gesundheitsministerium begründete das eingrenzende Verfahren zuletzt mit dem Datenschutz.

Der Corona-Impfstoff ist derzeit noch Mangelware. Viele ältere Menschen warten darauf, endlich geimpft zu werden.
Foto: Michael Reichel, dpa | Der Corona-Impfstoff ist derzeit noch Mangelware. Viele ältere Menschen warten darauf, endlich geimpft zu werden.

Im Ministerium verwies man zudem darauf, dass ja auch eine telefonische Anmeldung möglich sei  - unter der zentralen Nummer 116 117, von der aus die Anrufer ins zuständige Impfzentrum  weitergeleitet werden.  "Da hängt man doch ewig in der Warteschleife", schildert ein genervter Senior seine Erfahrungen. Kommt man als Anrufer schließlich durch, heißt es beispielsweise beim Impfzentrum in Würzburg, man solle sich entweder online registrieren oder es Mitte der Woche noch einmal telefonisch versuchen.

Telefonische Registrierung reicht nicht 

Bis dahin rechne man wieder mit neuem Impfstoff, sagt Michael Dröse. Der Leiter des Impfzentrums Würzburg bestätigt auch, dass Senioren, die ihre Daten bereits vor dem Start des Impfportals telefonisch übermittelt haben, nun per Anruf aufgefordert werden, sich neu zu registrieren - am Besten über das Internet. Herbert Franz, langjähriger SPD-Landtagsabgeordneter und Bezirksvorsitzender der Arbeiterwohlfahrt, berichtet, dass er und seine Frau, "eine Hochrisiko-Patientin", bereits kurz nach Weihnachten erste Impftermine erhalten hatten. Dass diese immer wieder verschoben werden mussten, kann der 84-Jährige angesichts des Mangels nachvollziehen. "Aber dass wir uns jetzt mit allen Daten völlig neu online registrieren müssen, ist ein Unding", sagt Franz.

"Es ist einfach respektlos, wie ältere Menschen hier zu Bittstellern gemacht werden", empört sich die Grünen-Landtagsabgeordnete Kerstin Celina aus Kürnach (Lkr. Würzburg). Sie verweist darauf, dass sich neben vielen Senioren auch Menschen mit Behinderungen ausgegrenzt fühlten. Gehörlose etwa, die sich mit der Schriftsprache schwer tun, kämen mit dem Online-Portal kaum zurecht. Die Staatsregierung habe vor den Impfungen "genug Zeit gehabt, dies alles vorzubereiten". 

Mit ihrem Würzburger Kollegen Patrick Friedl hat Celina im Landtag eine "schriftliche Anfrage" an die Regierung gestellt. In dem ausführlichen Fragenkatalog wollen die Grünen unter anderem wissen, wie und warum es zu dem komplizierten Verfahren kam - und ob nach all der Kritik zeitnah Verbesserungen geplant sind. 

 
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Kommentare
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  • Cymoril
    Mein Mann und ich sind auch nicht mehr ganz neu, aber die Anmeldung ging ganz einfach und war für uns 2 in max 6 Minuten erledigt. Ich verstehe die ganze Aufregung wirklich nicht!
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  • Das Anlegen von neuen Mailadressen ist wirkich kein Hexenwerk.
    Ärgerlich für Bewohner des Ladkreises Würzburg finde ich die automatische und nicht zu umgehende Zuordnung auf das Impfzentum Giebelstadt für meine drei Senioren aus 97204 Höchberg.
    zur Talavera gibt es eine Busverbindung, wäre sogar mit Rollator einigermaßen zu schaffen. Giebelstatt Flugplatz für die sechs Impftermine, die es hoffentlich bald gibt, ist da eine echte Herausforderung!
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  • mainpost@mi-gas.de
    Wenn das Registrieren nur auch möglich wäre.
    Ich habe einen eigenen Mailserver und für jede Registrierung gibt es eine eigene Mailadresse, nebenbei gesagt bekommt man so schön mit wer eine SPAM Quelle ist duch Datenlecks oder verkaufte Adressen, doch darum geht es nicht.
    Leider akzeptiert das bayrische Impfportal meine Mailadresse nicht. Da hat es jemand bei der Überprüfung ob die Adresse gültig ist und übertrieben und erlaubt wohl nur die großen, bekannten, Mailanbieter.
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  • Erding
    Vorhin in Spiegelkolumne -online - gelesen:
    "Alle Tage rufe ich bei meiner 83-jährigen Mutter in Steglitz an, um zu fragen, ob ihre Impfeinladung da ist." Und jetzt kommt´s: "Sie wirkt nicht so. als würde sie damit rechnen. Sie lebt schon länger hier."
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  • TLW-tu_W
    Es ist für Portale vollkommen üblich nur eine Anmeldung pro Email-Adresse zuzulassen.

    Für mich ist die Aufregung auch nicht nachvollziehbar. Wer in der Lage ist, sich in dem Portal zu registrieren und Selbständig anzumelden ist auch in der Lage sich in 5 Minuten eine neue Email Adresse anzulegen, falls benötigt. Das ist nun wahrlich kein Hexenwerk.
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  • Littlejoe
    Schon mal die Überschrift gelesen ? Denken ist noch nicht verboten worden.
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  • walters
    Der Datenschutz ist da ein unding die Krankenkassen sollten den Versicherten den Termin zuschicken es betrifft jetzt alte Menschen die keine Mailaddresse haben.
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  • tabima
    Ich bin froh, dass zumindest die Handynummer mehrfach verwendet werden kann - so konnte ich meine Eltern und meine Oma auf meine Nummer anmelden. Aber ohne Hilfe würde nichts gehen, da schon die Verifizierung Probleme macht...
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  • christian@kreatil.de
    Ich kann den Hürdenlauf beim Registrieren nur bestätigen. Einfach nur nervig für den routinierten Internetnutzer. Für weniger Geübte fast unüberwindbar. Ein Unding, dieses bürokratische Gemurkse.
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  • thomaszehnder
    Kann ich nur bestätigen. Gerade habe ich meine über 80jährigen Eltern angemeldet, da Tage lang keine telefonische Anmeldung möglich war. Dann mich und meine Frau. 4 Mailadressen, davon 1 von meinem Sohn waren nötig. Sorry, aber muss das sein. Einfach geht anders.
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  • Erding
    Wo ist jetzt das Problem? War doch machbar. Sie und viele andere haben das doch gut hingekriegt. Jetzt sind sie Experte. Vielleicht sehen jetzt auch die über 80-Jährigen, dass es gut und wichtig und beruhigend ist, dass Ihre Kinder und Enkelkinder für sie da sind. "Lasst die nur machen!" Die Unruhe vor Neuem liegt doch in der Natur des Altwerdens. Diese Altersweisheit kennt man doch noch: "Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nicht nimmer mehr oder nur sehr schwer." Auf der anderen Seite steht diese Feststellung: "Je oller, desto toller." Zu guter Letzt für alle Generationen: "Jammern füllt keine Kammern".
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