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Bad Windsheim
Wiederaufbau: Wie die Allersheimer Synagoge neu entsteht
Im Freilandmuseum Bad Windsheim wird nicht nur das ehemalige jüdische Gotteshaus wieder aufgebaut. Ein Wissenschaftler sammelt auch die Lebensgeschichten jüdischer Bürger.
Viel Zeit benötigte die Vorbereitung des Untergrunds, auf dem die Synagoge wieder aufgebaut wird.
Foto: Gerhard Krämer | Viel Zeit benötigte die Vorbereitung des Untergrunds, auf dem die Synagoge wieder aufgebaut wird.
Gerhard Krämer
 |  aktualisiert: 10.05.2023 10:20 Uhr

Neben dem Schulhaus aus Pfaffenhofen wächst im Fränkischen Freilandmuseum Bad Windsheim still, aber stetig, ein neues, aber altes Gebäude empor: die ehemalige Synagoge aus Allersheim. In den Jahren 2014 bis 2015 war das Haus im Giebelstadter Ortsteil abgebaut und ins Museum gebracht worden, transloziert, wie der Fachbegriff dazu lautet. Der Wiederaufbau kann im Bautagebuch auf der Homepage des Museums verfolgt werden. Dort findet sich mittlerweile auch eine beeindruckende Zahl an Biographien von Mitgliedern der jüdischen Gemeinde Allersheim.

Über 100 Jahre lang war die 1740/41 erbaute Synagoge im Dienst der jüdischen Gemeinde gestanden. Auch der Rabbiner hatte dort seine Wohnung. 1911 wurde das Gebäude dann an einen Ortsbewohner verkauft.

Im Frühjahr 2020 startete das Projekt Wiederaufbau. Wegen der Bodenfeuchtigkeit war eine Grundplatte notwendig. Dabei wäre Wasser für die im Keller des Gebäudes befindliche Mikwe, dem jüdischen Ritualbad, dienlich. Doch dies soll später nur mit Wasser angedeutet werden, erzählt der wissenschaftliche Volontär Jonas Blum.

"Ein Haus ist nicht bloß ein Gebäude mit vier Wänden und einem Dach."
Dr. Herbert May, Museumsleiter

Mittlerweile ist das Kellergeschoss fertiggestellt. Die ersten Wandteile für das Erdgeschoss sind montiert. Stück für Stück wird es in diesem Jahr weitergehen. Im nächsten Jahr soll das Gebäude dann komplett wieder aufgebaut sein. An seinem neuen Platz soll die ehemalige Synagoge das für Franken wichtige Landjudentum repräsentieren. Das Museum will damit auch die noch bestehende Lücke neben evangelischem Glauben (Spitalkirche) und katholischer Volks-Frömmigkeit (Rodheimer Kapelle) schließen.

Blum beschäftigt sich seit Sommer 2019 mit der Allersheimer Synagoge. Alle Fragen sind noch nicht beantwortet. Seine Forschungen gehen weiter. Insbesondere die Spurensuche. Blum möchte mehr über die Mitglieder der Jüdischen Gemeinde Allersheims sowie deren Nachkommen wissen. "Das ist Detektivarbeit", beschreibt der Wissenschaftler seine Arbeit in Archiven.

Zwei massive Wandscheiben des Erdgeschosses wurden Mitte Dezember vergangenen Jahres an ihre ursprüngliche Position im Erdgeschoss versetzt. Danach begann die Winterpause. 
Foto: Ute Rauschenbach | Zwei massive Wandscheiben des Erdgeschosses wurden Mitte Dezember vergangenen Jahres an ihre ursprüngliche Position im Erdgeschoss versetzt. Danach begann die Winterpause. 

Aber die Mühe zahlt sich aus. Er findet Nachkommen in der ganzen Welt, ob sie nun in den USA oder den Niederlanden leben. Mit ihnen sucht er den Kontakt. Was ihn besonders freut, er bekommt auch Fotos und Briefe aus der damaligen Zeit in Allersheim geschickt. Für ihn wertvolle Dokumente, weil sie Einblicke gewähren und helfen, vorhandene Wissenslücken zu schließen. Was ihn schon wundert, ist, dass tatsächlich noch Briefe aus dem 19. Jahrhundert und sogar aus der Zeit um 1768 existieren. "Ich bin gespannt, was noch alles kommt", hofft Blum auf weitere Überraschungen.

Das Fränkische Freilandmuseum in Bad Windsheim besitzt dank der Recherche inzwischen über 1000 biografische Skizzen, einige sind auf der Homepage des Museums zu finden. Zum Beispiel die von Klara Charon, die 1869 als Klara Friedlein in Allersheim geboren wurde. Ihre Spuren führen nach Kitzingen, Rödelsee und Würzburg. Oder Ephraim Friedlein, geboren 1842. Blum skizzierte dessen Lebensweg nach bis zur Familiengründung in New York. Oder Josef Fromm. Mit dessen Biografie erinnert Blum an einen Bürger, der einst zu den bekanntesten der Stadt Frankfurt zählte. Geboren wurde er 1853 in Homburg.  Er ist ein Enkel der Allersheimerin Kela Stern und darf als einer der Begründer der deutschen Obst- und Beerenweinindustrie bezeichnet werden.

Fotos und Dokumente werden gesucht

Die Spurensuche geht weiter. Deshalb wendet sich das Museum an die Giebelstadterinnen und Giebelstadter mit der Bitte um Unterstützung. Denn: "Ein Haus ist natürlich nicht bloß ein Gebäude mit vier Wänden und einem Dach. Ein Haus lebt von seinen Geschichten, von den Menschen, die es beherbergt hat und die dort ein und aus gegangen sind", schreibt Museumsleiter Dr. Herbert May.

In diesem Fall möchte May mehr über die Geschichte der Jüdischen Gemeinde in Allersheim erfahren, aber auch über die Geschichte der späteren Nutzung des Hauses als Wohnhaus. Das Museum interessiert sich für Fotos oder Dokumente, die die Synagoge abbilden oder die einen Bezug zum jüdischen Leben in Allersheim oder den Nachbarorten haben und sich vielleicht noch in Familienbesitz befinden. Vielleicht gibt es noch Familien, deren Vorfahren Freundschaften oder Geschäftsbeziehungen mit jüdischen Menschen unterhielten, hofft May.

Das Museum möchte im März wieder öffnen

Auch für Hinweise aus der jüngeren Zeit, als die ehemalige Synagoge als Wohnhaus diente, wäre das Museum dankbar. May geht es darum, wie das Gebäude innen aussah und wie es genutzt wurde.

Wenn die Corona-Situation es zulässt, wird das Freilandmuseum im März wieder seine Pforten öffnen. Dann kann sich jeder selbst wieder ein Bild vom Fortschritt des Wiederaufbaus machen. Geplant sind auch zu "1700 Jahre jüdisches Leben in Franken" einige Aktionen rund um den Wiederaufbau der Synagoge aus Allersheim vom 21. bis 17. Juni.  

Weitere Informationen im Internet unter www.freilandmuseum.de; Kontakt: Fränkisches Freilandmuseum, Eisweiherweg 1, 91438 Bad Windsheim; Tel. (09841) 6680-0, Mail: info@freilandmuseum.de

 
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Kommentare
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  • klafie
    wäre gut,wenn solche zeugen aus alten zeiten wieder mehr zum leben erstünden, gerade
    für unsere junge generation wäre es vorteilhaft richtiges judentum zu erleben und nicht
    nur im geschichtsunterricht davon zu hören. waren doch in allen ortschaften in der nazizeit jüdische mitbewohner in kzs eingeliefert worden und mussten darbend und menschenunwürdig ihre letzten monate oder jahre dort unter einem mörderischen hitler-regiem ihr leben lassen. kann man nur hoffen, dass solche zeiten niemehr auf dl zukommen! gibt allerdings noch genügend braunes gedankengut und sympatisanten in unserem volk. traurig, traurig, traurig, sagte einst theo lingen!
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  • engert.andreas@gmx.de
    Schade, hier wäre die Möglichkeit, eine Synagoge AUTHENTISCH, also auch mit FUNKTIONIERENDER MIKWE, wiederzuerrichten.
    Jetzt soll das Wasser nur "angedeutet" werden - das ist nicht Fisch und nicht Fleisch.
    Chance vertan!
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