Update vom 17. Oktober: Die Reklamation zum "Mikadowäldchen"-Spielplatz in Würzburg sollte am Donnerstag im Stadtrat behandelt werden. Auf Antrag von Oberbürgermeister Christian Schuchardt wurde die Diskussion vertagt. Diese wird nun in der kommenden Sitzung des zuständigen Ausschusses behandelt. Schuchardt gab in einem kurzen Redebeitrag aber ein grundsätzliches Bekenntnis zu einem inklusiven Spielplatz an diesem Platz. Geplant ist der Spielplatz in der Franz-Brentano-Straße am Hubland.
Erstmeldung vom 16. Oktober: Am Donnerstag steht der Neubau eines inklusiven Spielplatzes im Hubland überraschend auf der Tagesordnung des Würzburger Stadtrates. Eigentlich hatte im September der zuständige Ausschuss mit knapper Mehrheit dem Projekt zugestimmt. "Die Verwaltung wird beauftragt, auf Basis des Vorentwurfes die weiteren Planungsschritte sowie die Umsetzung des Spielplatzes zu veranlassen", hieß der Beschluss.
Diesen Beschluss reklamierten jetzt sieben Stadträtinnen und Stadträte von ÖDP, CSU und FWG. Sie begründen ihre Ablehnung so: "Die hohen Kosten, die möglichen negativen Auswirkungen auf die Anwohner und die langfristigen finanziellen Belastungen werfen ernsthafte Zweifel daran auf, ob dieses Projekt tatsächlich im besten Interesse der gesamten Bürgerschaft ist."
1. Was ist beim Hubland-Spielplatz "Mikadowäldchen" geplant?
Verschiedene Spielelemente sind auf einer 2500 Quadratmeter großen, noch ungenutzten Fläche an der Franz-Brentano-Straße geplant. Einendes Element sollen senkrechte, bunte Stangen – ein "Mikadowäldchen", wie der Spielplatz heißen soll – sein. "Der naturnahe und parkartige Charakter" soll laut Stadt erhalten bleiben.
"Das zentrale Kletterspielgerät ist kein Gerät, welches sich speziell an Menschen mit Behinderung richtet. Es ist ein Gerät, das ohne besondere Vorkehrungen auch die Belange von Kindern (oder Eltern) mit Behinderung berücksichtigt", erklärt der Behindertenbeauftragte der Stadt, Julian Wendel, in einer Stellungnahme zur Reklamation. "Dadurch besitzt es einen viel größeren inklusiven Charakter als Spielgeräte, die nur von Menschen mit Behinderung genutzt werden können."
2. Wie viel kostet der Neubau des Spielplatzes am Würzburger Hubland?
In der Reklamation heißt es: "520.000 Euro für einen Spielplatz ist eine gewaltige Summe, besonders wenn man bedenkt, dass es an Geldern für dringend notwendige Projekte fehlt – sei es für Bildung, Infrastruktur oder soziale Angebote."
Laut Stellungnahme der Stadt liegt der Preis für den neuen Spielplatz am Hubland, gemessen an der Fläche, bei 255 Euro pro Quadratmeter. Der Wasserspielplatz Lengfeld habe 2021 ebenso viel gekostet. Der aktuell gebaute Spielplatz Oberdürrbach komme auf 270 Euro pro Quadratmeter, der an der Estenfelder Straße auf 263 Euro pro Quadratmeter. Die Kosten entsprächen demnach denen anderer aktueller Spielplatzplanungen.
3. Werden die Anwohnerinnen und Anwohner am Hubland durch den Spielplatz belästigt?
Die Kritiker des inklusiven Spielplatzes führen an, dass "Lärmbelastung, erhöhter Verkehr und eine größere Ansammlung von Menschen" zur Belastung für Anwohner werden könne. Die Stadt dagegen hält fest, "dass Kinderlärm unter einem besonderen Toleranzgebot der Gesellschaft steht und Geräusche spielender Kinder als Ausdruck der kindlichen Entwicklung und Entfaltung grundsätzlich zumutbar sind."
Außerdem bestehe ein "überragendes öffentliches Interesse" an Spielplätzen in Wohngegenden. "Spielplätze gehören selbstverständlich mitten in Wohngebiete", sagt auch der Vorsitzende der Grünen-Fraktion im Stadtrat, Konstantin Mack, in einer Pressemitteilung zum Spielplatz. "Sie fördern das soziale Miteinander und sind wichtige Begegnungsorte."
Laut Stadt ist der Entwurf auch unter Beteiligung der Anwohner entstanden. "Jetzt den Entwurf komplett abzulehnen, würden die Nutzerbeteiligung und die Meinungsbildung der Bürgerschaft in Frage stellen." Auch die zweite Fraktionsvorsitzende der Grünen betont: "Wer sich gegen diesen Spielplatz stellt, ignoriert den klaren Wunsch der Menschen vor Ort."
4. Hat ein inklusiver Spielplatz besonders hohe langfristige Unterhaltskosten?
"Inklusions-Spielplätze benötigen häufig spezielle Wartung", begründen die Unterzeichner der Reklamation ihre Befürchtung vor hohen Unterhaltskosten des "spezialisierten" Spielplatzes. Dies "entzieht sich jeglicher Grundlage", heißt es dagegen von der Stadt Würzburg. Auch Wendel betont, dass nicht mit höheren Kosten als bei anderen Spielplätzen zu rechnen sei, weil alle Elemente genauso auch von Kindern ohne Behinderung genutzt werden könnten.
5. Wird hier Inklusion mit einer Infrastrukturmaßnahme "abgehakt"?
"Nicht nachvollziehbar" ist für die Stadt auch ein weiterer Kritikpunkt: "Ein teurer Inklusions-Spielplatz ist kein Ersatz für umfassende Bildungs- und Betreuungsangebote." Es werde befürchtet, "dass durch solch ein Projekt signalisiert wird, dass Inklusion 'abgehakt' ist, nur weil ein teures Bauwerk errichtet wurde."
Ansonsten sollte es mittlerweile Standard sein, bei sämtlichen Infrastrukturverbesserungsmaßnahmen Inklusion grundlegend mitzudenken.
Die bayerischen Behörden scheinen aber noch nicht gemerkt zu haben, das durch die Blockade nur der Absatz von mobilen Cannabis-Containern für den Anbau gefördert werden.
Dabei sollte (und könnte) dieser neue Stadtteil am Hubland von seiner Anlage her zum sozial diversesten, lebendigsten und vor allem auch zum kinderfreundlichsten werden.
So nah einen zweiten, besonderen, Spielplatz finde ich schon übertrieben.
Die Lage in der Brentanostraße ist doch super für dringend benötigte Mehrfamilienhäuser und das Grundstück groß genug für einen angemessenen Spielplatz für die Anwohnerkinder. Und in kurzer Distanz ist das LGS-Gelände. Ggf. könnten dort die bestehenden Anlagen etwas ausgebaut werden.
Haben sich denn die selben Stadträtinnen und -räte mit der selben Vehemenz gegen die völlig aus dem Ruder laufenden Kosten der Theatersanierung ausgesprochen und das Geld z. B. für die seit Jahrzehnten überfälligen Sanierungen des Gebäudebestands in der Würzburger Schullandschaft reklamiert?
Da gibt es mal eine gute Idee, Teilhabe für Alle, und schon gibt es Mecker über Kosten und Lärm - ich fasse es nicht.
Vom Thema „Toiletten“ will ich gar nicht reden… Beispiel Dänemark: Spielplätze mit Kindgerechten Toiletten, Behinderten-WC, fließend Wasser und Seife - wie schaffen die das bloß? Und bei uns wird schon wieder so ein tolles Projekt in Frage gestellt wegen Geld und Lärm???
Susi Kortmann