Das Stammwerk der Daimler AG in Stuttgart wird von einem massiven Konflikt um Nazi-Postings und Hass-Botschaften erschüttert. Mittendrin: Der Kopf des einstigen Würzburger Pegida-Ablegers Wügida. Wie das Magazin "Stern" und das ARD-Politikmagazin "Report Mainz" berichten, hatte Daimler im Jahr 2018 zwei Arbeiter des Werks Untertürkheim entlassen, nachdem diese einem türkischstämmigen Kollegen und IG-Metall-Vertrauensmann über Monate Hitler- und Hakenkreuz-Bilder sowie verächtliche Bilder über Moslems zugesandt hatten. Auch das Bild, das vor einigen Wochen in Würzburg zur Verurteilung eines ehemaligen Faschingsfunktionärs geführt hatte, war darunter. Auf der Abbildung ist ein Wehrmachtssoldat zu sehen, der mit einem Maschinengewehr auf den Betrachter zielt. Darunter steht: "Das schnellste deutsche Asylverfahren, lehnt bis zu 1400 Anträge in der Minute ab." Die rechte Klein-Gewerkschaft "Zentrum Automobil", die in Untertürkheim im Betriebsrat vertreten ist, nutzt den Fall bei Daimler nun für eine Kampagne aus.
Ehemaliges Mitglied einer Neonazi-Band
Das Arbeitsgericht Stuttgart hatte die Kündigungen der zwei Arbeiter in erster Instanz als rechtmäßig bestätigt. Für "Zentrum Automobil" ein "Justizskandal": In einem 35 Minuten langen Film, den der Verein Anfang Juli im Internet veröffentlichte, werden die Vorwürfe gegen die beiden Entlassenen als "völlig absurd" abgetan. Sie seien Opfer korrupter Praktiken bei der IG Metall. Mitte Juli kam es über den Fall vor den Toren des Werksteils in Mettingen am Stuttgarter Stadtrand auch zu einer lautstarken Auseinandersetzung zwischen rechten Gewerkschaftern und IG-Metall-Vertretern.
Laut eines Handyvideos, das "Stern" und "Report Mainz" vorliegt, wurde der Streit erst durch ein Eingreifen der Polizei beendet. Mit dabei: der Vorsitzende von "Zentrum Automobil" Oliver Hilburger, früher Gitarrist einer Neonazi-Band. Hilburger ist neben den beiden Entlassenen Protagonist in dem professionell produzierten 35-Minuten-Film. Hinter der Kamera stand offenbar Simon Kaupert. Fotos von den Dreharbeiten, die er veröffentlichte, legen das nahe. Der Thüringer lebte einige Zeit in Unterfranken: Vor knapp fünf Jahren war er Frontmann der Wügida-Demonstrationen.
Nachdem Wügida vom Verfassungsschutz beobachtet wurde und die Demonstrationen immer weniger Anhänger anzog, verließ Kaupert, Mitglied bei der rechtsextremen "Identitären Bewegung" (IB), die Region Richtung Halle. Laut Recherchen dieser Redaktion schloss er sich der IB-nahen Bewegung "Ein Prozent" an, einer Art PR-Plattform für rechtsextreme Kampagnen. Eine trug den Titel "Werde Betriebsrat". Schon für "Ein Prozent" produzierte Kaupert Filme, etwa vor zwei Jahren über Flüchtlinge, die im sizilianischen Catania an Land kamen. Und im vergangenen Jahr führte er für eine Publikation von "Ein Prozent" ein Gespräch mit Hilburger über "Zentrum Automobil" und behauptete, dass "unser Land von den Gewerkschaften und Großkonzernen ausgeplündert" werde. Parallel warnte der Verfassungsschutz von Brandenburg vor "rechtsextremistisch beeinflussten Betriebsräten" und nannte Kaupert in diesem Zusammenhang namentlich.
Nun scheint er bei "Zentrum Automobil" ein weiteres Betätigungsfeld gefunden zu haben: Auf eine Anfrage dieser Redaktion bei dem Verein meldet sich per E-Mail Pressesprecher Simon Kaupert. Fragen zu den Vorgängen rund um den Daimler-Fall, erklärt er darin, will er allerdings keine beantworten.
Daimler: Video mit "bedenklichen Verzerrungen"
Bei Daimler ist man spätestens jetzt alarmiert. Am Mittwoch meldete sich Vorstandschef Ola Källenius zu Wort. "In der Regel äußern wir uns nicht zu Kündigungen und laufenden Kündigungsschutzverfahren", heißt es in einer Mitteilung. Der Film habe aber Irritationen verursacht. Darin komme es "aus Unternehmenssicht zu einer äußerst bedenklichen Verzerrung der Wahrnehmung zwischen Opfern und Tätern". Källenius erklärte weiter, der Autobauer sei so divers wie seine Kunden. "Deshalb haben Fremdenfeindlichkeit und Intoleranz bei uns keinen Platz."
Der Jenaer Sozialwissenschaftler, Professor Klaus Dörre, der seit Jahren zu rechten Tendenzen in den Gewerkschaften forscht, befürchtet indes wirtschaftliche Auswirkungen auf den Konzern: "Wenn offenkundig wird, dass es einen radikal rechten Formierungsprozess in Mercedes-Werken gibt und dann in diesem großen Werk in Untertürkheim, das ist natürlich geschäftsschädigend. Die internationale Presse wird sich sofort interessieren. Und das ist überhaupt nicht auszuschließen, sondern sehr wahrscheinlich, dass das auch zulasten des Geschäfts im Ausland geht."
Schon bei Würth in Erscheinung getreten
Unterdessen ist die Einmischung Kauperts und der Gewerkschaft "Zentrum Automobil" bei Daimler keine Premiere: So formierte sich Mitte des Jahres beim Schraubenhersteller Würth in Künzelsau (Hohenlohekreis) eine Initiative zur Gründung eines Betriebsrats. Gründer der Initiative war ein bei Würth beschäftigter AfD-Funktionär, dem das Unternehmen laut "Handelsblatt" wegen eines datenschutzrechtlichen Verstoßes gekündigt hatte. Der Mann weist die Vorwürfe zurück.
Laut Würth hat der AfD-Funktionär Beziehungen zu "Zentrum Automobil". Die Initiative zur Gründung eines Betriebsrats distanzierte sich im Juni von Rechtsextremismus. Hintergrund war laut "Heilbronner Stimme" ein professionelles Video, in dem der AfD-Mann das Ergebnis einer Betriebsversammlung kommentiert. Mehrere Augenzeugen berichteten laut der Zeitung, dass es von Simon Kaupert gedreht worden sei.
Ja, so etwas ist geschäftsschädigend. Wenn in einer Abteilung ein Nationalist gegen Mitarbeiter mit Migrationshintergrund aufgehetzt und das Klima der Zusammenarbeit stört, dann werden oft Termine nicht mehr eingehalten oder es fehlt auch in Projekten oft der nötige Informationsaustausch innerhalb des Teams oder zum Kunden. Da können schon auch gewaltige Schäden entstehen.
Ich will den Betrug am Kunden im Dieselskandal nicht kleinreden aber wenn es intern nicht klappt dann hat die Firma schon das Recht Störenfriede aus den Abteilungen zu entfernen.
stellen Menschen mit Migrationshintergrund mittlerweile einen wesentlichen Anteil an den Beschäftigten und zwar in allen Abteilungen und Hierarchieebenen.
Da können die Verantwortlichen natürlich diese fremdenfeindlichen Umtriebe nicht hinnehmen, denn eine funktionierende Mitarbeiterschaft ist wesentlich für den Unternehmenserfolg. Solche Störenfriede muss ein Abteilungsleiter natürlich kündigen, denn ein Betrieb ist keine politische Bühne für Extremisten.
Als Student arbeitete ich vor vielen Jahrzehnten auch mal bei der damaligen Fichtel&Sachs in der Produktion. Schon damals waren einige Mitarbeiter mit Migrationshintergrund in der Fertigungshalle. Der einzige, der eine echte Tageszeitung las, war ein junger Türke. Alle anderen griffen nur zur schon damals qualitativ unterirdischen BILD. Mit ihm redete ich auch öfter und er erzählte mir von seinem Wunsch sich zu qualifizieren und Techniker werden zu wollen. Ich hoffe er hat seinen Weg gehen können.