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Würzburg
Giemaul-Prozess: Ex-Funktionär der Volksverhetzung schuldig
Ein ehemaliger Funktionär der Giemaul-Gilde hat sich strafbar gemacht. Ein Bild, das er in einer internen Whatsapp-Gruppe verbreitet hat, verachtet die Menschenwürde.
Faschingsnarr vor Gericht: Ein ehemaliger Funktionär der Faschingsgilde-Giemaul hat sich der Volksverhetzung schuldig gemacht. 
Foto: Johannes Kiefer | Faschingsnarr vor Gericht: Ein ehemaliger Funktionär der Faschingsgilde-Giemaul hat sich der Volksverhetzung schuldig gemacht. 
Thomas Fritz
 |  aktualisiert: 16.12.2021 11:49 Uhr

Ist es erlaubt, in einer privaten Whatsapp-Gruppe rassistische Bilder zu verbreiten? Ein mittlerweile ehemaliger Funktionär der Fasenachtsgilde Giemaul in Würzburg-Heidingsfeld hat zwei menschenverachtende Darstellungen in die Gruppe "11er-Unsinn-Gruppe" geschickt, der ehemalige und aktive Elferräte der Gilde angehörten. Er habe darauf vertraut, dass aus der "verschworenen Gemeinschaft" nichts nach außen dringt.  

Es ist aber etwas an die Öffentlichkeit gelangt - und zwar zwei Bilder: Auf einem ist ein Wehrmachtssoldat mit Maschinengewehr zu sehen. Darunter steht: "Das schnellste deutsche Asylverfahren. Lehnt bis zu 1400 Anträge in der Minute ab." Das andere Foto, im Prozess verkürzt als "Kamelficker-Bild" bezeichnet, zeigt eine Zigarettenpackung der Marke "Camel". Darauf sind Palmen, eine Pyramide und eine Person arabischen Aussehens abgebildet, die Sex mit einem Kamel hat. Unter dem Bild steht in der typischen Schock-Warnschrift: "Kamelficker können Ihnen und Ihrem Land erheblichen Schaden zufügen."Zusammen mit dem Ombudsrat der Stadt Würzburg hat das Bündnis für Zivilcourage Strafanzeige erstattet. 

Über 6000 Bilder auf dem Handy

Ungefähr 6000 Bilder hat die Kriminalpolizei auf dem Handy des 52-Jährigen gefunden. "Darunter waren auch geschmacklose, rassistische Bilder", sagte der ermittelnde Beamte am Dienstag vor Gericht aus. Der Angeklagte sei dazu Mitglied in mehreren WhatsApp-Gruppen gewesen. In wie vielen könne er aber nicht mehr sagen. 

Auch der zweite Elferratspräsident, der Administrator der Gruppe, wurde am Dienstag vom Gericht gehört. Anfangs seien es 30, später nur noch 20 Mitglieder gewesen, die sich untereinander "Witzle" geschickt haben. So nebenbei, auf der Toilette, meist kommentarlos seien die Beiträge betrachtet worden. Der Angeklagte hätte relativ viel in die Gruppe gestellt. "Auch teilweise unüberlegt. Manche Sachen hat er einfach in einer naiven Laune weitergeleitet. Das war der große Fehler." 

Tatbestand der Volksverhetzung erfüllt

Die Staatsanwaltschaft Würzburg hatte gegen den ehemaligen Faschingsfunktionär zunächst einen Strafbefehl wegen Volksverhetzung in zwei Fällen erlassen. Der 52-Jährige hatte dagegen Widerspruch eingelegt. Im Prozess vor dem Amtsgericht sagte Oberstaatsanwalt Thorsten Seebach, dass der Angeklagte mit beiden Bildern die Grenzen überschritten habe - und dies von der Meinungs- und Kunstfreiheit nicht gedeckt sei. "Der Angeklagte konnte nicht darauf vertrauen, dass die Bilder in der Whatsapp-Gruppe bleiben. Damit ist der Tatbestand der Volksverhetzung erfüllt." Er forderte, bei der ursprünglichen Höhe des Strafbefehls von 150 Tagessätzen á 60 Euro zu bleiben. 

"Man kann über vieles lachen, aber darüber nicht."
Vorsitzender Richter am Amtsgericht Würzburg

Verteidiger Benjamin Hirsch forderte einen Freispruch. Sein Mandant habe bis zuletzt nicht umrissen, was er in die Gruppe gestellt hat. Er habe das unbedacht gemacht. Einen Vorsatz, zum Hass aufzustacheln, könne er nach der Beweisaufnahme nicht erkennen. Dieser sei aber beim Tatbestand der Volksverhetzung erforderlich. 

Die Worte des Vorsitzenden Richters nach der Urteilsverkündung sind deutlich: "Man kann über vieles lachen, aber darüber nicht." Die Verbreitung des "ehrverletzenden und menschenwürdeverachtenden" Soldaten-Bildes sei strafbar als Volksverhetzung. Die "11er-Unsinn-Gruppe" sei nicht so homogen, dass der Angeklagte mit einer Vertraulichkeit rechnen konnte. "Dass Sie davon ausgegangen sind, dass alles in der Gruppe bleibt, ist absolut lebensfremd." Mit der Darstellung seien Flüchtlinge beschimpft worden. "Mir fällt nichts Missachtenderes ein", so der Vorsitzende.

Im Zweifel für den Angeklagten

Das zweite Bild sei zwar "nicht minder geschmacklos", aber es sei fraglich, ob damit ein abgrenzbarer Teil der Bevökerung beschimpft wurde. Hier entschied das Gericht im Zweifel für den Angeklagten und sah den Tatbestand der Volksverhetzung nicht erfüllt. Daher wird der Angeklagte auch zu einer geringeren Geldstrafe als im ursprünglichen Strafbefehl verurteilt. Insgesamt muss er 7200 Euro in 120 Tagessätzen bezahlen. 

Für den Würzburger Fachanwalt für IT-Recht, Chan-jo Jun ist das Urteil insoweit bemerkenswert, weil es den Bereich, in dem man sich unverfänglich privat äußern kann, einschränkt. "Es gibt kaum noch einen privaten Raum, in dem man sich äußern kann ohne zur Rechenschaft gezogen zu werden." 

Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

 
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    Anscheinend haben hier einige es noch nicht verstanden. Eine Straftat bleibt eine Straftat auch wenn sie in einem privaten Raum geschieht. Du kannst auch nicht in Deinen 4 Wänden mit Drogen handeln und dich auf deine Privatsphäre beziehen. Gilt auch für eine private Whatsapp-Gruppe. Das hat Chan-jo Jun so auch nicht gesagt. Bei Volksverhetzung geht es auch um die Menschenwürde. § 130 2) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer die Menschenwürde von in Buchstabe a genannten Personen oder Personenmehrheiten dadurch angreift, dass diese beschimpft, böswillig verächtlich gemacht oder verleumdet werden. Und hier wurde klar die Menschenwürde von Flüchtlingen und Asylbewerbern verächtlich gemacht. Und der Post mit dem Kamel…. Betrifft ebenfalls die Menschenwürde der arabischen Bevölkerung. Hier kam der Angeklagte mit einem blauen Auge davon. Wenn das Gericht auch das als Volksverhetzung betrachtet hätte, wäre er mit einer Geldstrafe nicht mehr davongekomme
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  • A. S.
    Das Schlimme an der Sache ist dass so viele das alles nicht so schlimm finden.
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  • J. N.
    Danke für diesen Post.
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  • G. K.
    Wie schlimm das wirklich ist, können Außenstehende wie wir doch gar nicht beurteilen. Denn das hängt von der Intention ab, mit der die Bilder versendet wurden.

    Ja, die Inhalte sind aller Wahrscheinlichkeit nach von Menschen mit rassistischen Motiven erstellt worden. Mit dem perfiden Ziel, von Menschen wie dem Angeklagten als randständiger „humoristischer“ Beitrag verharmlost und weiter verbreitet zu werden.

    Das funktioniert sehr gut und es ist verwerflich, sich für diese Form der Beeinflussung der Gesellschaft instrumentalisieren zu lassen. Aber zu behaupten, dass jeder, der schon mal einen schlechten Witz weitergeleitet hat, ein volksverhetzender Rassist sei, ist auch Quatsch.

    Im besten Falle war es dumm, im schlimmsten Falle rassistisch. Aber was es meines Erachtens nicht sein kann: eine Störung des öffentlichen Friedens. Immerhin hätte es ja auch satirisch gemeint gewesen sein können … In dubio pro reo?

    Wollen wir den §130 StGB zukünftig wirklich in dieser Konsequenz auslegen?
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  • G. K.
    Hmm … also, nochmal ganz langsam …

    Der Böhmermann kommt mit seinem öffentlich(!) vorgetragenen Schmähgedicht straffrei davon und das Verfahren wurde eingestellt, weil nach Auffassung der Staatsanwaltschaft eine Karikatur oder Satire keine Beleidigung sei, falls „die Überzeichnung menschlicher Schwächen [keine] ernsthafte Herabwürdigung der Person“ enthalte. Leuchtet mir ein.

    Der Giemaul-Funktionär stellt ein paar Bilder (die für mich ungefähr auf derselben Stufe stehen wie das Böhmermann-Gedicht) in eine Whatsapp-Gruppe mit ca. 20 Mitgliedern – und macht sich der Volksverhetzung schuldig. Das verstehe ich jetzt ehrlich gesagt nicht so ganz …

    Ja, die genannten Beispiele legen ein sehr fragwürdiges Welt- und Menschenbild nahe, welches der Angeklagte anscheinend hat. Und den Humor möchte ich mit ihm jetzt auch nicht unbedingt tauschen. Vielleicht kann man auch schon eine rassistische Grundhaltung erkennen …

    Aber den öffentlichen Frieden damit stören? Wie soll das denn bitte gehen?
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  • S. K.
    das ist halt der kleine Unterscheid, wenn Sie Böhmermann (oder früher Harald Schmidt) heißen und das im TV verzapfen, passiert Ihnen nix....
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  • M. H.
    Nein, das ist der Unterschied, ob du ein Rassist bist oder nicht
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  • I. S.
    Also ich sehe das auch so. Da wurde etwas viel zu hoch gekocht und überbewertet. Da hat einer ein paar Bildchen bekommen (ob man da jetzt drüber lachen kann oder schimpfen muss, soll jeder für sich entscheiden) und hat sie relativ gedankenlos in einer geschlossenen Gruppe weiterverbreitet. Meine Güte, welch ein Drama. Gibt´s grad keine anderen Probleme auf der Welt? Passiert jede Stunde millionenmal. Wenn ich sehe, was sich die jungen Kerle bei uns in der Firma ständig so hin und her schicken, dann waren die zwei hier beschrieben Bildchen noch Kinderkram. Aber hier wollte wohl mal jemand ein richtiges Fass aufmachen. Jetzt wird hier mal ein Exempel statutiert und zwar richtig. Volksverhetzung, große Güte geht´s noch ne Nummer größer. Also ich lasse mich von solch einem Quatsch sicher nicht verhetzen. Drüber lachen ... oder auch nicht ... vielleicht kopfschütteln und gut is. Und dieser IT Anwalt hat schon recht. Es muss schon noch private Freiräume geben ...
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  • G. F.
    Es gibt Vieles was hochgekocht wird, es gibt auch Dinge über die manche lachen, andere wiederum finden es geschmacklos. Eine Meinung über dieses Urteil kann man sich nicht bilden da sicherlich "von hinten heraus" geschossen wurde. Sei es wie es will, man sollte über den Kommentar des Anwalts mal nachdenken....Hier nochmal als Zitat: Für den Würzburger Fachanwalt für IT-Recht, Chan-jo Jun ist das Urteil insoweit bemerkenswert, weil es den Bereich, in dem man sich unverfänglich privat äußern kann, einschränkt. "Es gibt kaum noch einen privaten Raum, in dem man sich äußern kann ohne zur Rechenschaft gezogen zu werden."
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  • H. A.
    Im Namen des Volkes werden mittlerweile viele Urteile fragwürdig unter dem Deckmantel des Volkes geführt, die aber nie gefragt wurden. Da braucht es sich nicht wundern das viele bei unserer Justiz nur noch den Kopf schütteln. Dieses urteil kam nämlich doch nur zustande weil Prominenz wie der OB oder auch Frau Stamm bei der Giemaul sind. Ohne die Prominenz hätte nie jemand was davon erfahren, ein Verfahren es schon gleich gleich gar nicht gegeben so aber musste und wollte man ein Exempel statuieren so nach dem Motto wir tun was fürs Volk. Ein einfaches entfernen des Users aus der Gruppe, Abmahnung und Rauswurf aus der Gielde hätten es nämlich auch getan.
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  • A. H.
    Aha, Sie wollen bei jedem Urteil gefragt werden?
    ich glaube eher, Sie haben dien Grundsätze unsere auf dem Grundgesetz beruhenden Rechtsprechung (Stichwort: Gewaltenteilung) noch nicht annähernd verstanden oder sich damit befasst. Kleiner Tipp: Es umfasst nur relativ wenige Seiten, aber jedes Wort ist relevant!
    Ihr Verweis auf den OB oder gar Frau Stamm ist zu lääääääächerlich, um darauf einzugehen.........
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  • H. A.
    Geglaubt wird in der Kirche von daher kann man sie gar nicht ernst nehmen.
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  • A. H.
    Wieso "in der Kirche"? Also ich glaube auch außerhalb der Kirche und viiieeeele andere auch....
    Und jemanden ernst nehmen -naja, das is auch so ein hilfloser aber und unbrauchbarer Totschlagsargumentsversuch
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  • M. S.
    Wenn Sie sich genauer darüber informieren, sehen Sie: genau damit ist man gescheitert.
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  • M. H.
    Du bist (zum Glück) nicht "das Volk'
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  • H. M.
    Wieso wurden nur 120 Tagessätze angesetzt? Wenn jemand gegen einen Strafbefehl Widerspruch einlegt, es zur Verhandlung kommt und trotzdem festgestellt wird, dass eine Schuld vorliegt, sollte die Strafe auf jeden Fall nicht niedriger sondern eher höher ausfallen.
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  • A. H.
    ich glaube, der Mann ist dadurch, dass nun jeder - zumindest in Hätzfeld - weiß, ......... mehr bestraft, als mit den läppischen paar Euro
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  • M. Z.
    Bitte einfach den Bericht bis zum Ende lesen. Da steht die Erklärung.
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  • K. P.
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  • K. B.
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