Der Wiedehopf zählt zu den schönsten und seltensten Brutvögeln Bayerns. Man braucht viel Glück, um ihn in der Region Würzburg anzutreffen. Nach dem Wunsch des Landesbunds für Vogelschutz soll sich das bald ändern. Den Anstoß dazu gab der junge Biobauer und Theologe Christoph Jestädt aus Niederrode bei Fulda mit seiner neuen Vermarktungsidee für ein altbekanntes Mixgetränk - die Weinschorle. Unterstützt wird er dabei von jungen Winzern wie dem Randersackerer Thomas Schenk.
Jestädt stammt von einem Bauernhof. Vor 30 Jahren hatte sein Vater schon auf Bio-Landwirtschaft umgestellt und sich in verschiedenen Initiativen für die Vermarktung regionaler und nachhaltig produzierter Obst- und Beerensorten engagiert. Christoph Jestädt schlug einen anderen Weg ein und studierte in Würzburg Deutsch und Theologie. Hier lernte er auch den Wein schätzen und die erfrischende Wirkung der Weinschorle.
Dumm nur, dass die Mischung aus Wein und Sprudelwasser wenig praktikabel ist, wenn man seine Schorle beispielsweise an einem lauen Sommerabend am Mainufer genießen will. Das brachte Jestädt auf die Idee mit der Frankenwein-Schorle in der handlichen 0,33-Liter-Flasche.
Respekt vor der Schöpfung
Inzwischen hatte Jestädt sein Studium beendet und betrieb den elterlichen Hof im Nebenerwerb, um damit seine Doktorarbeit in Theologie zu finanzieren. Die Idee mit der Schorle reifte weiter. Und weil der Respekt vor der Schöpfung und der Natur für Christoph Jestädt eine wichtige Rolle spielt, kam ihm in den Sinn, damit einen Beitrag zum Schutz seltener Arten und wertvoller Naturräume zu stellen.
Bei Marc Sitkewitz, Bezirksgeschäftsstellenleiter beim Landesbund für Vogelschutz (LBV) und dem jungen Randersackerer Winzer Thomas Schenk rannte er damit offene Türen ein. Unter dem Namen "Lieber Schorli" hat Jestädt seit März dieses Jahres 50 000 Flaschen seiner Weinschorle verkauft. Pro Flasche gehen fünf Cent an den LBV für Maßnahmen, die Lebensraum für den Wiedehopf schaffen sollen.
Nur rund 20 Brutpaare wurden in den letzten Jahren in Bayern registriert, sagt Marc Sitkewitz. Bis zu fünf in Unterfranken. Im August erst war in Neustadt am Main ein Wiedehopf gesichtet worden. "Dadurch, dass wir einzelne Brutpaare haben, ist die Chance groß, dass sich der Wiedehopf hier wieder stärker durchsetzen kann", so Sitkewitz. Ausschlaggebend sei, dem seltenen Vogel passenden Lebensraum und Brutmöglichkeiten zur Verfügung zu stellen.
Der Wiedehopf baut kein eigenes Nest, sondern nutzt verlassene Spechthöhlen oder alte Baumhöhlen zur Brut. Dabei ernährt er sich vorwiegend von Großinsekten wie Heuschrecken oder Grillen. Extensiv genutzte Blühwiesen mit alten Obstbäumen, Steinriegeln und strukturreichen Feldrainen sind deshalb der bevorzugte Lebensraum für die wenigen Monate, die der Zugvogel im Sommer in unseren Breiten verbringt.
Vor der Flurbereinigung verschont geblieben
Solche Strukturen zu erhalten, ist auch ein Anliegen von Winzer Thomas Schenk. Gemeinsam mit einem weiteren Winzer aus dem Raum Kitzingen steuerte er deshalb nicht nur den Wein fürs "Lieber Schorli" bei, sondern stellte auch spezielle Brutkästen für den Wiedehopf auf. In einem Weinberg über dem Gerbrunner Grund, der allen Flurbereinigungen entgangen ist und die Merkmale für ein ideales Wiedehopf-Revier aufweist, warten sie nun auf die ersten Bewohner.
"Lieber Schorli" hat eingeschlagen. "Die Vermarktung ging besser als gedacht", sagt Christoph Jestädt. Vor allem beim jungen Publikum und in der Event-Gastronomie in den Regionen Fulda, Kassel und Frankfurt komme der Wein-Mix gut an. Den dortigen Geschmäckern kommt entgegen, dass es eher liebliche Wein seien, die im Verhältnis 60 zu 40 mit Sprudelwasser gemischt werden. Für die weiße Variante ist es ein Bacchus, für die roséfarbene Schorle ein Rotling.
Höheres Budget für Flächenmanagement
Den Anteil an den ersten 50 000 Flaschen in Höhe von 2500 Euro überreichte Jestädt nun an den LBV. Der will das Geld zweckgebunden in den Schutz des Wiedehopfs investieren, sagt Marc Sitkewitz. Als ersten Schritt hat er vor, bei Böttigheim schützenswerte Flächen zu kaufen. Auch dort ist der Wiedehopf hin und wieder anzutreffen. "Mit einem höheren Budget können wir natürlich ganz anders in Flächenmanagement einsteigen", sagt Sitkewitz.
Genau genommen ist der Wiedehopf dabei vor allem Leitfigur und Werbeträger für Lebensraumverbesserungen, die vielen anderen Arten zugute kommen. "Alle möglichen Arten profitieren davon", sagt Marc Sitkewitz, "Schmetterlinge, Heuschrecken, Schlingnattern oder Rebhühner."
Das Projekt ist ganz nach dem Geschmack von Winzer Thomas Schenk. Mit zwei jungen Kollegen hat er sich zur Winzergruppe "Ethos" zusammengeschlossen, die sich - wie es der Name sagt - zu einem ethisch vertretbaren Umgang mit der Natur verpflichtet haben. "Dazu zählt auch, Lebensräume zu schaffen und zu pflegen", so Schenk.