"Nein ...!", entfährt es Hartwig Brönner. Es ist ein erstauntes "Nein ...!", das dem Vogelschützer da auskommt, als er die Kunde aus Neustadt erfährt: Am Hang des Hornungsbergs, am Unteren Sandweg, wurde ein Wiedehopf gesichtet, ein höchst seltener Gast im Landkreis Main-Spessart. "Interessant!"
Kaum einer weiß das besser einzuschätzen als Brönner, der seit 13 Jahren Vorsitzender der Kreisgruppe Main-Spessart des Landesbunds für Vogelschutz (LBV) ist. Der Fotograf habe ihn "bestimmt auf dem Durchzug erwischt", so seine Vermutung. Denn Deutschland ist auf der Verbreitungskarte des Zugvogels weitgehend ein weißer Fleck. Seine Brutgebiete sind nördlich des Mains nur in den sandigen, waldarmen Regionen Brandenburgs und Meckelburg-Vorpommerns ausgewiesen. Von dort aus machen sich die drosselgroßen Vögel mit den langen Säbelschnabel und der markanten Federhaube im August auf die Reise gen Süden.
Flug gen Süden: einzeln und nachts
Nicht in Schwärmen wie Schwalben oder Feldlerchen, sondern einzeln und nachts seien die Wiedehopfe unterwegs, erklärt Brönner. Durchzügler würden "immer mal wieder gemeldet", so der Vogelkundige aus Lohr. Doch dass sich ein Brutpaar bei Retzbach niedergelassen hatte, liege jetzt auch schon rund sieben Jahre zurück. Die Nistkästen, die der LBV im Naturschutzgebiet Rammersberg bei Karlstadt angeboten hat, hätten die Vögel bisher nicht genutzt.
Doch die Sichtung bei Neustadt stimmt Brönner nicht nur begeistert, sie macht ihm auch Mut. Denn bei ihren Flugpausen sondieren die Wiedehopfe sehr wohl auch möglichen Lebensraum für ihre Sommerfrische. Er werde sich den Hornungsberg einmal genauer anschauen, versichert er. "Vielleicht bringen wir auch mal ein oder zwei Nistkästen aus ..."
Traumwohnungen: Astlöcher und Felshöhlen
Wiedehopfe bevorzugen offene Landschaften. Denn ihre Nahrung besteht hauptsächlich aus Grillen, Käfern, Engerlingen und Raupen. Ihre Eier brüten sie in Astlöchern oder Felshöhlen aus – weshalb Brönner auch auf die gut gepflegten Kontakte zu Heidelberg Zement baut, die ein wichtiger Partner sind bei der Renaturierung der Steinbrüche bei Lengfurt. Auch dort könnte sich der Wiedehopf wohl fühlen, mutmaßt er.
Dabei kommt dem Vogel des Jahres 1976 die Klimaerhitzung entgegen: Er liebt es warm, weshalb Brönner davon ausgeht, dass der Wiedehopf auch in diese Region zurückkehrt: "Das ist zu erwarten." Am Rande des Spessarts gedeiht Wein und finden sich Streuobstwiesen – eigentlich gute Voraussetzungen zur Wiederansiedlung. Nach Angaben des Naturschutzbunds Deutschland brüten in ganz Deutschland derzeit zwischen 310 und 460 Paare.
Nistkästen sind nur zweite Wahl
Eigentümer von Streuobstwiesen können einen Beitrag dazu leisten, dass sich Vögel wie der Wiedehopf eingeladen fühlen. Dafür brauchen sie nicht einmal viel tun – im Gegenteil: Sie brauchen lediglich alte, vielleicht hohle Obstbäume stehen lassen, statt sie zu entfernen. Das erspart es den Vogelfreunden, Nistkästen aufzustellen.
Hoch oben in luftiger Höhe braucht mal solche jedoch nicht zu suchen: "In Österreich werden sie auf Kniehöhe angebracht", weiß Brönner. Schließlich pickt der Vogel mit dem Federschopf seine Nahrung überwiegend vom Boden auf. Und Weibchen wie Junge wissen sich auf ganz hinterlistige Art zu verteidigen: Sie können mit dem Kot ein übelriechendes Sekret ausstoßen, das mögliche Feinde fern hält. Von daher rührt laut Brönner auch die fast vergessene Redensart: "Du stinkst wie ein Wiedehopf."