Nicht nur Facharbeiter sind gesucht: Wer heute an einer Hochschule ein Studium beginnt, hat beste Aussichten, im Anschluss einen passenden Job zu finden. „Der Trend zur Akademisierung ist ungebrochen“, stellte Stefan Beil, Vorsitzender der Geschäftsführung der Würzburger Agentur für Arbeit am Donnerstag im einem Pressegespräch fest.
4000 Schüler bei den Hochschulinformationstagen
Anlass waren die 16. Hochschulinformationstage in Würzburg: Zwei Tage lang kamen rund 4000 Schüler ins Cinemaxx-Kino, wo rund 40 Hochschulen und Studieneinrichtungen ihre Angebote in fast 100 Vorträgen und auf einer Messe vorstellten. Und die Auswahl ist gigantisch: Deutschlandweit gibt es inzwischen einen Dschungel von über 19 000 Studiengängen, Tendenz steigend. Da fällt die Orientierung nicht immer leicht.
Deshalb versuchen Gymnasien, die Abiturienten möglichst gut darauf vorzubereiten, wie die unterfränkische Ministerialbeauftragte Monika Zeyer-Müller erklärt. Dass Schulabgänger heute planloser seien als früher, weist sie vehement zurück. „Sie kümmern sich sehr. Nur der Markt der Möglichkeiten ist viel größer.“
Berufsorientierung: Eigene Koordinatoren an den Gymnasien
Helfen sollen an den Gymnasien jeweils eigene Koordinatoren für die Berufsorientierung. Dann könne man auch zum Schluss kommen, lieber eine Ausbildung zu machen statt ein Studium aufzunehmen– oder dieses erst im Anschluss. Was durchaus Vorteile hat: Studierende mit abgeschlossener Berufsausbildung ziehen – gepolt durch das Arbeitsleben – ein Studium in der Regel zügiger durch als andere, hat Uni-Vizepräsidentin Barbara Sponholz beobachtet.
Umgekehrt hätten Erstsemester nach einem „Bummeljahr“ zwischen Abitur und Studium oft Probleme, in strukturierte Abläufe der Hochschulen hineinzufinden. Nicht selten fehlt es an der nötigen Reife. Das verkürzte achtjährige Gymnasium lässt viele, noch sehr junge Abiturienten nach der Schule zunächst eine Auszeit nehmen.
Auszeit zwischen Abi und Studium nicht nur „verbummeln“
„Dem kann ich grundsätzlich etwas abgewinnen“, sagt die Ministerialbeauftragte für die Gymnasien, warnt aber auch vor dem Schlendrian. Entscheidend ist, was man aus einem Übergangsjahr macht. Wer hier nicht nur „chillt“, sondern Praktika oder einen Freiwilligendienst absolviert, hat – da sind sich die Experten einig – Vorteile beim Werdegang in Studium oder Ausbildung.
Die Zahl der Studierenden steigt bundesweit weiter an, so auch an der Uni Würzburg und der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt (FHWS) mit derzeit rund 37 000 Eingeschriebenen. Mit rund neun Millionen waren in Deutschland noch nie so viele Akademiker beschäftigt wie heute, die Arbeitslosenquote liegt bundesweit bei 2,5 Prozent.
Mediziner und IT-Fachleute händeringend gesucht
Am dringendsten gesucht sind auch auf den Arbeitsmärkten in Mainfranken Mediziner und IT-Fachleute. Stark gefragt sind weiterhin Ingenieure, wenngleich sich hier eine leichte Entspannung abzeichne, wie der Würzburger Agenturchef Beil erklärte. Gute Karten haben auch Wirtschaftswissenschaftler, generell Absolventen technischer Studiengänge und seit einigen Jahren auch Sozialpädagogen.
Nicht ganz so reibungslos läuft es bei den Geistes- und Gesellschaftswissenschaften und in der Biologie: Hier finden Hochschulabsolventen häufig erst über Umwege in ihren Beruf. Dennoch: Es kommen praktisch alle unter. Auch im Bezirk der Arbeitsagentur Schweinfurt sind die Aussichten für Akademiker rosig, und das gilt grundsätzlich auch für Ausbildungsberufe. Einzige Einschränkung laut Agenturchef Thomas Stelzer: Bei kaufmännischen Berufen im weiblichen Sektor gibt es aktuell einen Überhang an Bewerberinnen.
Rechtzeitig Beratungsangebote in Anspruch nehmen
Bei derart guten Berufsaussichten können Abiturienten ihr Studienfach eigentlich komplett nach eigener Neigung und Interesse ausrichten. Doch den richtigen Studiengang zu finden – allein an der Uni Würzburg gibt es 250 – ist meist gar nicht so leicht. Die Studienberatungen von Uni und FHWS können hier wertvolle Tipps geben. Ebenso die Berater der Agentur für Arbeit.
Jörg Bauer, zuständig für die akademischen Berufe und Mitorganisator der Hochschulinformationstag, weiß, dass sich manche Studierende im Fach täuschen. Die Abbrecherquote ist mit rund 30 Prozent relativ hoch – wenngleich hierunter auch Ortswechsel fallen. Wer merkt, dass er auf dem falschen Gleis unterwegs ist, sollte möglichst frühzeitig wechseln.
Studienabbruch ist kein Beinbruch
„Ein Abbruch ist kein persönliches Versagen“, so Henning Rogge-Pott, Dekan der Fakultät Gestaltung der FHWS. Auch Berufsberater Bauer warnt davor, ein ungeliebtes Studium mit aller Gewalt fortzusetzen: „Es gibt keine falschen Zeitpunkt für den Abbruch und immer auch kurzfristige Alternativen.“