Der Bayerische Brauerbund schlägt Alarm: Die Corona-Pandemie bringt viele Brauereien in nackte Existenznot. Die Brauwirtschaft fordert deshalb zielgerichtete Hilfspakete und Planungssicherheit. Wie geht es den Brauereien in der Region? Wir haben nachgefragt.
Eigentlich, so heißt es in der Pressemitteilung des Bauerbundes, weiß die bayerische Brauwirtschaft durch die strategische Aufgliederung der Absatzwege Export, Gastronomie, Veranstaltungen, Volksfeste, Vereine und das Handelsgeschäft, gekoppelt mit der serviceorientierten, mittelständischen Struktur der Branche, oft besser mit widrigen Umständen des Getränkemarktes umzugehen. Mit der Schließung der Gastronomie, der Absage tausender von Volksfesten und Veranstaltungen sowie mit einem drastischen Einbruch des Exports zum Anfang der Pandemie trifft die Krise jetzt insbesondere die Betriebe, die ihre Absatzstrategie auf diese Kanäle fokussiert haben. Und davon sind auch Brauereien in der Region betroffen.
"Eine Handvoll Privatfeiern konnten wir im vergangenen Jahr beliefern", berichtet Peter-Michael Himmel von der Brauerei Kesselring in Marktsteft. Vielleicht sind solche heuer wieder möglich, hofft Himmel, denn er geht auch in diesem Jahr davon aus, dass die großen Volks- und Vereinsfeste ausfallen müssen.
Zwei Standbeine weg
Der Absatz der Kesselring-Biere hat laut Himmel im Handel leicht zugelegt. "Der Biergenuss verlagert sich in die eigenen vier Wände." Doch die beiden anderen Standbeine der Brauerei - die Belieferung von Festen und der Gastronomie - sind komplett weggefallen.
"Die derzeitige Situation ist definitiv existenzbedrohend", sagt Caroline Düll von der Krautheimer Brauerei Düll. Als regionaler Familienbetrieb sei man bewusst nicht im externen Handel aktiv, sondern setze auf Nachhaltigkeit mit der Zusammenarbeit mit Landwirten aus der Region und eigener Mälzerei.
Mit einem "mulmigen Gefühl" blickt Caroline Düll auf dieses Jahr. Wie ihre Kollegen befürchtet sie nämlich, dass alle Feste ausfallen. Sie hofft auf die Gastronomie. Doch manche Kunden hätten ihr schon signalisiert, nach dem Lockdown nicht mehr aufmachen zu wollen. Auch bei den Vereinen spürt sie Veränderungen in den Strukturen. Sie sieht es als schwierig an, stärker in den Handel zu gehen, weil "es da die großen schon über den Preis versuchen". "Wir wollen stabil bleiben."
Durch das Raster gefallen
Wie viele seiner Kollegen, die eine Brauereigaststätte betreiben, die laut Brauerbund gerade in Bayern einen großen Teil der bierkulturellen Prägung ausmachen, ärgert Karl Wolf von der Brauerei Wolf in Rüdenhausen, dass diese als "Mischbetrieb" gelten und durchs Förderraster fallen. "Man steht auf eigenen Beinen und kommt ins Soll." Was da gerade gemacht werde, sei geschäftsschädigend. Seine Brauerei lebt von der Selbstabholung, vom Eigenausschank und von Gruppen, die Fassbier benötigen. Feste beliefert er nicht, außer das Kellerfest und die Kirchweih.
Mit den größeren Brauereien könne man die Brauerei Düll in Gnodstadt nicht vergleichen, meint Martin Rank. Sein Schwerpunkt liege auf der Gastronomie. Derzeit werde Flaschenbier zum Daheimtrinken verkauft. Sein Wunsch: Mit Hygienekonzept alles wieder hochfahren. Er denkt, dass dies an Ostern so weit ist. Ob es wieder einen Tag des Bieres mit einem hochkarätigen Politiker bei ihm gibt? Vorerst nicht, aber vielleicht im Sommer, sagt er unter Vorbehalt.
Mit einem "Tja" beginnt Karl-Heinz Pritzl, angesprochen auf die Situation seiner Kauzen-Brauerei in Ochsenfurt. "Ein Drittel der Kunden können wir nicht mehr beliefern", bilanziert er sachlich. Das könne auch der Flaschenbierverkauf, der besser laufe, bei weitem nicht auffangen.
Und dann wird er deutlich: "Ich finde es unsäglich, dass es keine Perspektive gibt." Damit meint er die "willkürliche Herabsetzung" der Grenzwerte und insbesondere die Situation in der Gastronomie, die "vorbildliche Hygienekonzepte" habe. Viele hätten die angekündigten Hilfen noch nicht einmal bekommen. "Hier wird vieles an die Wand gefahren", ärgert sich Karl-Heinz Pritzl. Abgesehen davon, dass auch er gebrautes Fassbier wegen des Ablaufdatums bald wegschütten muss.
Der Betrieb bei Kauzen läuft derzeit in Kurzarbeit. "Wir können es schon noch ein wenig durchhalten," sagt der Brauereichef, aber: "Wie lange unsere Kunden?", fügt er sorgenvoll hinzu.
"Es trifft uns sehr hart"
Denn normalerweise sei man für Feste von Mai bis August ausgebucht. Aber ein halbvolles Bierzelt, mit zwei Meter Abstand sitzen, eine Musik, die keine Stimmung machen darf – nein, das kann sich Pritzl nicht vorstellen. "Das Bierzelt lebt von der Nähe der Menschen."
Ein "Covid-Null" werde es nicht geben. "Wir müssen lernen, mit dem Virus zu leben", ist sich Pritzl sicher. Trotz der schwierigen Situation schaut er optimistisch in die Zukunft: "Wir werden es schaffen, aber es trifft uns sehr hart."
Sein Ochsenfurter Kollege Dietrich Oechsner von der Privatbrauerei Oechsner schlägt ähnliche Töne an. Er spricht vom Wegfall eines bedeutenden Teils des Umsatzes wegen der Schließung der Gastronomie. Er wünscht sich eine Differenzierung nach Regionen. Zum Glück habe man in der Vergangenheit solide gewirtschaftet. Denn auch für heuer seien eigentlich keine großen Feste seriös planbar.
Vergangenes Jahr hätte die Sternbräu in Albertshofen eigentlich ihr zehnjähriges Bestehen gefeiert. Ausgefallen. Wie auch zuvor das Starkbierfest. Die Brauerei werde zwar "nur" im Nebenerwerb betrieben, erzählt Erik Löschner, aber Investitionen müssten trotzdem abbezahlt werden. Zumal jetzt ein neues Flaschenformat kommt. Seine bisherige Bilanz: "Wir sind nochmal mit einem blauen Auge davongekommen."
Eher gestern als morgen sollte der Lockdown zu Ende sein. Das meint jedenfalls Pascal Gedrat von der noch jungen Brauerei Mainstockheim. Da er direkt verkauft, ist er mit dem vergangenen Jahr zufrieden: "Ich hätte nicht gedacht, dass es so gut läuft." Sein Ziel für 2021: "Mehr Werbung machen und die Leute aus dem Sofa holen."
Seit August vergangenen Jahres hat die Kellerbräu in Seinsheim geschlossen. "Es gibt noch keinen Plan, wann wir wieder öffnen", sagt Petra Engelhardt. Nach dem ersten Lockdown habe man nur noch Flaschen verkauft. Die Leute konnten dann kein Bier mehr vor der Brauerei trinken. "Das war nicht mehr die gewohnte Atmosphäre", bedauert Petra Engelhardt.
Eigentlich erschreckend, dass Feste feiern (was eben jetzt nicht mehr so möglich ist) mit dem verstärkten Konsum von Alkohol gleichzusetzen ist.
Aber ganz ehrlich - ich vermisse die Feste!