
Erneut kommt es im Ochsenfurter Stadtrat zu einem Stühlerücken. Nach mehr als 33 Jahren hat CSU-Fraktionssprecher Wolfgang Karl sein Mandat niedergelegt. Nach Gerold Hohe und Paul Hofmann (beide UWG) ist Karl damit bereits der dritte langjährige Stadtrat, der in diesem Jahr aus dem Gremium ausscheidet und Jüngeren Platz macht. In diesem Fall ist es Christiane Brock, die in den Stadtrat nachrückt. Interessant ist aber vor allem die Rochade, die Karl mit seinem Ausstieg auslöst. Seinen Platz an der Fraktionsspitze nimmt künftig Judith Schieblon ein. Kündigt sich damit die Aufstellung der CSU bei der nächsten Kommunalwahl 2026 an?
Als klugen und ausgleichenden Ratgeber lobte SPD-Fraktionssprecher Bert Eitschberger sein bisheriges CSU-Pendant in der jüngsten Stadtratssitzung. "Mit 69 Jahren und nach mehr als 33 im Stadtrat darf man zurücktreten", sagt Wolfgang Karl. In dieser Zeit war der Polizeioberrat a. D. unter anderem zwölf Jahre lang als zweiter und sechs Jahre als dritter Bürgermeister tätig, bevor er 2014 das Amt des Fraktionssprechers übernahm, nachdem Vorgänger Helmuth Gerbig kurz nach der Kommunalwahl sein Mandat niedergelegt hatte.
Karl gibt persönliche Gründe für seinen Rückzug an. "Für mich war das schon länger klar", sagt er. "Mit Judith Schieblon wird die jüngste CSU-Stadträtin Fraktionssprecherin, und ich finde es toll, dass ein Generationswechsel stattfindet und neue Ideen kommen." Nach all den Jahren sei man eben doch etwas eingefahren.
Über die Rathaussanierung wollte Wolfgang Karl noch mitentscheiden
Trotzdem kommt der Zeitpunkt seines Rücktritts nicht von ungefähr. Anders als Teile seiner Fraktion hatte sich Wolfgang Karl bei der geplanten Rathaussanierung stets gegen die Erweiterung und den Kauf eines Nachbargebäudes ausgesprochen. Mit seiner Stimme entschied sich das Gremium in seiner Oktober-Sitzung für die kleine Lösung. "Ich bin der Meinung, dass sich die Stadt das nicht leisten kann", sagt Karl, "deshalb war es mir wichtig, an dieser Entscheidung noch mitzuwirken." Auch gegen ein geplantes kleines Baugebiet in Hohestadt hatte sich Karl vehement ausgesprochen, weil es nach seiner Ansicht zu nahe an der 380-kV-Überlandleitung liegt. Inzwischen wurden die Pläne ad acta gelegt.
Nachrückerin Christiane Brock hat politische Erfahrung bislang unter anderem als Vorsitzende des CSU-Ortsverbands gesammelt. Die 60-jährige Diplom-Betriebswirtin war früher als freiberufliche Immobilienmaklerin tätig und ist heute an der Verwaltungsgemeinschaft Eibelstadt für die Liegenschaftsverwaltung zuständig. "Ich freu mich auf das Amt und finde es toll, mitentscheiden zu dürfen", sagt sie. In die Stadtratsarbeit will Christiane Brock vor allem ihre Erfahrung in der Wohnungswirtschaft, unter anderem als Mitglied im Verwaltungsrat der städtischen Wohnungsbaugesellschaft SWG, einfließen lassen.
Die CSU-Fraktion arbeitet künftig mit einer Doppelspitze
Judith Schieblon, die neue Fraktionsvorsitzender der CSU, wurde 2014 erstmals in den Stadtrat gewählt und ist bis heute das jüngste Mitglied in ihrer Fraktion. Ihre persönlichen Schwerpunkte sieht die 39-jährige Diplom-Kauffrau und Mutter von drei Kindern in den Bereichen Haushalt/Finanzen sowie Kindergärten und Schulen. Als Fraktionsvorsitzende will sie künftig in einer Art Doppelspitze mit ihrem Stellvertreter Stefan Pohl agieren, der die Bereiche Bau und Landwirtschaft besetzt.
Wie sich die Arbeit der Fraktion durch den Personalwechsel verändern wird, dazu will die neue Vorsitzende noch nicht viel sagen. "Jeder hat natürlich einen anderen Stil, aber ich weiß, dass wir uns finden werden", sagt Judith Schieblon. Im Rahmen einer Haushaltsklausur im Januar wolle die Fraktion auch über künftige politische Schwerpunkte beraten, so Schieblon weiter, und stimmt gleichzeitig auf wirtschaftlich schwierige Zeiten ein. "Wir werden uns darauf einstellen müssen, dass die nächsten Jahre härter werden", sagt sie, "deshalb müssen wir uns den Haushalt der Stadt sehr genau anschauen, um zu entscheiden, was überhaupt noch geht."
Wird Judith Schieblon die nächste Herausforderin von Bürgermeister Juks?
Der Zeitpunkt des Führungswechsels lässt die Frage aufkommen, ob die CSU damit bereits die Weichen für den Bürgermeisterwahlkampf 2026 stellt. Immerhin hat Judith Schieblon nun mehr als zwei Jahre Zeit, um sich als mögliche Herausforderin von Bürgermeister Peter Juks in Stellung zu bringen. Auf mögliche strategische Überlegungen angesprochen, gibt sich der scheidende Fraktionschef vieldeutig. "Das kann eine Überlegung sein, aber es war nicht meine vorrangige", sagt Wolfgang Karl. "Da ist noch nichts entschieden", antwortet Judith Schieblon.