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REGION WÜRZBURG
Der Polizei-Karl vom Land geht
Heute ist sein letzter Arbeitstag: Nach 40-jähriger Dienstzeit geht mit einem lachenden und einem weinenden Auge Wolfgang Karl, bislang Chef der Polizei-Inspektion Würzburg-Land, am Donnerstag in den Ruhestand.
Foto: Theresa Müller | Heute ist sein letzter Arbeitstag: Nach 40-jähriger Dienstzeit geht mit einem lachenden und einem weinenden Auge Wolfgang Karl, bislang Chef der Polizei-Inspektion Würzburg-Land, am Donnerstag in den Ruhestand.
Günther Hillawoth
Günther Hillawoth
 |  aktualisiert: 22.04.2015 18:31 Uhr

Er hat in keinster Weise etwas mit dem Frotzler der Main-Post-Glosse „Karl vom Land“ zu tun, aber irgendwie passt es doch: Beide kennen sich berufsbedingt seit über 30 Jahren. Der Polizei-Karl geht zum 30. April in den Ruhestand, der Zeitungs-Karl vom Land folgt im nächsten Jahr. Wolfgang Karl ist bis einschließlich Mittwoch noch Chef der Polizeiinspektion Würzburg-Land in der Weißenburger Straße. Dann geht er zunächst in den Urlaub, so dass sein Titel danach Polizeioberrat a. D. lautet.

Nach 40-jähriger Dienstzeit beginnt für Wolfgang Karl der dritte Lebensabschnitt. Allerdings will er nicht gleich in Jubel ausbrechen. Natürlich geht er mit einem lachenden und weinenden Auge. Zum einen muss er „seine Familie“ verlassen. Damit sind die rund 120 Inspektionsmitarbeiter gemeint. „Ich hatte ein Superteam, das ich vermissen werde“, sagte er im Abschlussgespräch mit der Main-Post.

„Ich hatte ein Superteam, das ich vermissen werde.“
Wolfgang Karl, Chef der Polizeiinspektion Würzburg-Land

Seine Entscheidung für die Polizei hat der 60-Jährige bis heute nicht bereut. Eigentlich hatte er mit einer Piloten-Ausbildung bei der Bundeswehr geliebäugelt. Doch die Aussicht, bereits mit 40 pensioniert zu werden, schreckte ihn ab. Also habe er „a weng rumgeguckt“. Nach dem Abitur ging's 1975 dann direkt zur Polizei-Fachhochschule nach Fürstenfeldbruck. Nach dem Abschluss wurde er Ende 1978 zur Bereitschaftspolizei Dachau geschickt. Täglich musste ein 30-köpfiger Zug zum Einsatz auf dem Flugplatz Riem in München. 1979 ging's weiter. Der junge Polizeibeamte wurde überraschend zum Lehrer für die Ausbildung im mittleren Dienst berufen. Er unterrichtete Polizeirecht und Bürgerliches Gesetzbuch.

Schließlich zog es Wolfgang Karl nach Unterfranken. Und er hatte Glück: 1981 war in der Polizeiinspektion in seiner Heimatstadt Ochsenfurt noch ein Platz als Dienstgruppenleiter frei. Gleichzeitig wurde er Stellvertreter des damaligen Inspektionsleiters Roland Frank.

Nach fünf Jahren ging's nach Würzburg. Karl übernahm bis 1986 die Leitung der Einsatzzentrale. Zwei Jahre später folgte er dem Ruf aus dem Polizeipräsidium. Seine erste Aufgabe: Planung des „1. Verkehr-Sicherheitstages“ auf dem Viehmarkt-Parkplatz an er Friedensbrücke.

Nachdem diese Aufgabe gemeistert war, brach bei der Polizei 1990 das Computer-Zeitalter an. Beim sogenannten „Ballungsraum-Verfahren“ das über EDV ausgearbeitet wurde, war Wolfgang Karl mit einem C 64 dabei. „Mit einem Commodore, das muss man sich einmal vorstellen“, erzählt er und lacht. Aus dieser vermeintlich „kurzen Aufgabe“ wurden schließlich ganze 13 Jahre im Präsidium.

Doch dann schlug die große Stunden: Wolfgang Karl übernahm als Nachfolger von Walter Meilhammer die Leitung der Polizeiinspektion Würzburg-Land. „Das war der Höhepunkt meiner Arbeit“, schwärmt er angesichts des bevorstehenden Ruhestands. Der Sprung zurück in den aktiven Polizeidienst sei „die“ Herausforderung gewesen.

Plötzlich wird der zuvor noch gelöste, befreite und gut gelaunte Polizeibeamte ernst. In dieser Zeit habe es auch Ereignisse gegeben, „die tief sitzen“. Der Mord in Hettstadt etwa. Teile der Leiche wurden unmittelbar danach im Erlabrunner Badesee entdeckt. Der mutmaßliche Täter stellte sich tags darauf im Tunnel nach Leinach vor einen Intercity. Dadurch wurde der Zug in der Röhre automatisch gestoppt, weil vorne an der Nase ziemlich alles zerstört war. „Diesen Anblick werde ich nie vergessen.“ Zudem mussten noch rund 1000 Zug-Insassen evakuiert werden, was einer Herkules-Aufgabe gleichkam.

Das Gespräch wird wieder lockerer. Selbstverständlich habe es auch Highlights gegeben, erzählt Karl weiter, „Fastnacht in Franken“ etwa. Die Einsatzleitung habe er sich nicht nehmen lassen. Da war Überwaschung und Personenschutz angesagt – eine weitere Herausforderung.

Was aber macht ein Polizeioberrat a. D. mit dem plötzlichen Überschuss an Freizeit, die sich jetzt bietet? Langeweile fürchtet er nicht. Zum einen hat er Familie und „immer noch die richtige Frau“ sowie zwei erwachsene Kinder. Zum andern ist der 60-Jährige ein begeisterter Sportler: Joggen, Fitness-Studio und Radfahren stehen auf seiner Agenda.

Darüber hinaus geht's zweimal im Jahr nach Österreich zum Bergwandern. Die erste Reise ist umsonst, weil er von seinen Kollegen einen entsprechenden Gutschein erhalten hat. Und ein Sportfahrrad haben sie zum Abschied noch mit dazu gelegt.

Ein weiteres Hobby ist für Wolfgang Karl die Kommunalpolitik. Er war er schon Kreisrat, in Ochsenfurt Stadtrat, zwei und dritter Bürgermeister, derzeit CSU-Fraktionssprecher. Und wenn nichts dazwischen kommt, dann kandidiert bei den nächsten Wahlen noch einmal, lautet seine Botschaft.

 
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  • CoupDeGrace
    ... wenn man liest, daß ein deutscher Polizist im hohen Alter von 60 Jahren noch im Dienst befindlich ist.
    Nach 40 Jahren harter Dienstzeit hat der "Polizei-Karl vom Land" (ich zitiere nur den Titel) wirklich den Ruhrstand verdient.
    Daß er nebenher noch die Energie fand für Kreisrat, Stadtrat, CSU-Fraktionssprecher - ich neige den Kopf in Ehrfurcht.
    Das muß der MainPost fürwahr eine halbe Seite Berichterstattung wert sein.

    Ich arbeite selbst in der freien Wirtschaft. Viele meiner Kollegen gehen nach 49 Arbeitsjahren in Rente. Und ich kann ihnen sagen - jedes Jahr ist hart erarbeitet.
    Da erwarte ich dann schon eine Main-Post Sonderausgabe für die nächsten Kollegen die sich mit über 65 Jahren in die Rente verabschieden.
    Ich bereite schon 'mal eine Namensliste vor, die ich Ihnen auf Anfrage gern per mail zusenden kann...
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