Auch die Diözese Würzburg kennt das Problem: Personalknappheit. Immer weniger junge Priester kommen in der katholischen Kirche nach, die verbliebenen müssen immer mehr Aufgaben übernehmen, und auch Ehrenamtliche sind nicht mehr so leicht zu finden. Mit den bestehenden Strukturen ist diesem Wandel nicht beizukommen, hat die Diözese erkannt. Deshalb läuft schon seit einiger Zeit ein Neuordnungsprozess: Statt der bisherigen Dekanate wird das Bistum in sogenannte pastorale Räume gegliedert. Einer davon entsteht derzeit im Raum Ochsenfurt. Die Pfarrer Oswald Sternagel aus Ochsenfurt und Franz Schmitt aus Frickenhausen erklären, was das für die Katholiken vor Ort bedeutet.
Die zentrale Botschaft, mag sie in diesem Zusammenhang auch fast ein wenig seltsam klingen, lautet: weg vom Kirchturmdenken. Die Verantwortlichen in den einzelnen Kirchengemeinden werden nicht nur ihre eigenen Pfarreien oder Pfarreiengemeinschaften im Blick haben, sondern den gesamten pastoralen Raum. Und der hat flächenmäßig eine erhebliche Ausdehnung, denn er ist in etwa identisch mit dem bisherigen Dekanat Ochsenfurt. Der Prozess der Neuordnung sei noch nicht abgeschlossen, betont Franz Schmitt. Deshalb können die beiden Pfarrer aktuell noch kein fertiges Konzept vorstellen, wie die Organisation künftig genau aussehen wird. Es gibt aber schon viele Ideen.
Eine zentrale Hotline für alle Gläubigen wäre denkbar
Oswald Sternagel hat ein Beispiel: Wenn in einem Dorf jemand stirbt, aber der Pfarrer krank ist oder anderweitig verhindert, muss bislang improvisiert werden, indem etwa der Geistliche aus der Nachbarpfarrei einspringt. Im pastoralen Raum könnte beispielsweise ein Bereitschaftsdienst eingerichtet werden, der die Beerdigungen im gesamten Gebiet koordiniert. Das, sagt Sternagel, sei eine neue Herangehensweise in der Kirche, wo die Territorialstruktur sehr ausgeprägt sei.
Vorstellbar ist zudem die Einrichtung einer zentralen Hotline, bei der alle Gläubigen anrufen können, wenn sie ein Anliegen haben. Bislang ist das jeweilige Pfarrbüro die richtige Anlaufstelle. Auch ein gemeinsamer Terminkalender für alle wäre denkbar. Dazu brauche es freilich die entsprechenden technischen Voraussetzungen, Schulungen und das Know How der Hauptberuflichen, sagt Oswald Sternagel.
Für viele ist die Kirche ein Stück Heimat und Tradition
Die beiden Pfarrer beschreiben einen Wandel in den Lebensgewohnheiten wie auch in den Erwartungen, die die Menschen heutzutage an die Kirche haben. Der klassische Sonntagsgottesdienst sei nicht mehr für alle wichtig, sagt Oswald Sternagel. Oder werde, weit über den Heimatort hinaus, den eigenen Vorlieben angepasst. Viele betrachteten das kirchliche Angebot eher aus der Event-Perspektive. Man greift an hohen kirchlichen Festen darauf zurück, oder wenn bedeutende Lebensereignisse wie Taufe oder Hochzeit anstehen.
Andererseits sei gerade in kleinen Ortschaften die Pfarrei ein Stück Heimat und Tradition und ebenso ein Treffpunkt, erklärt Sternagel. Die Einwohner sind im Sportverein aktiv, in der Feuerwehr - und eben auch in der Kirchengemeinde. Dass ihnen das genommen werden könnte, muss niemand befürchten. Aber es wird etwas anders werden. Schon jetzt findet nicht in jedem Dorf an jedem Sonntag eine Messe statt. Dass es dennoch Wortgottesfeiern und andere Angebote gibt, sei in ganz erheblichem Maße den Ehrenamtlichen zu verdanken, sagen die beiden Geistlichen.
Die Ehrenamtlichen sind eine Bereicherung und sollen nicht überfordert werden
Sie sollen genauso wie die Hauptamtlichen in die Abläufe im pastoralen Raum eingebunden werden. Wenn nicht zu jedem Ereignis der Pfarrer komme, sondern ein ehrenamtlich engagiertes, ausgebildetes Kirchenmitglied, sei das als absolut gleichwertig zu verstehen, macht Oswald Sternagel deutlich. "Das sind keine Lückenbüßer, sondern ein Schatz, der gehoben wurde, eine Bereicherung." Die Gottesdienstbeauftragten seien ganz wertvolle Mitarbeiter, ergänzt Franz Schmitt. Umso wichtiger ist es den Hauptamtlichen, ihre ehrenamtlichen Kollegen im neuen pastoralen Raum nicht zu überfordern. Wer etwa in Kaltensondheim wirke, müsse nicht befürchten, nun auch in Tauberrettersheim eingesetzt zu werden, sagt Schmitt.
"In den kommenden Jahren werden die Haupt- und die Ehrenamtlichen gemeinsam einen guten Weg suchen", sagt der Pfarrer aus Frickenhausen. Im pastoralen Raum Ochsenfurt wollen sich die Akteure diesem Wandel aufgeschlossen stellen, wie Oswald Sternagel erklärt. Das bedeute einen Abschied von Manchem, aber auch Mut für Neues. Anfang Mai soll der pastorale Raum in einer kirchlichen Feier offiziell errichtet werden.
Pastoraler Raum Ochsenfurt
17 600 Katholiken in 39 Pfarreien, fünf Kuratien und zwei Filialen. Diese gehören den sieben Pfarreiengemeinschaften Aub-Gelchsheim, Emmaus-Frickenhausen, Giebelstadt-Bütthard, Ochsenfurt, Tauber-Gau, Röttingen, Tückelhausen und Zu den Schutzengeln im Gau-Gaukönigshofen an. Diese bleiben auch im pastoralen Raum bestehen.