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Würzburg/Schweinfurt
Was Menschen aus Unterfranken zum Terroranschlag in Hanau sagen
Menschen mit Migrationshintergrund aus Karlstadt, Schweinfurt und Würzburg verurteilen den rassistischen Anschlag in Hanau und zeigen sich betroffen. Ihre Stimmen.
Blumen und Kerzen stehen am Marktplatz von Hanau - im Gedenken an die Opfer des mutmaßlich rassistischen Anschlags.  hatte ein Mann im hessischen Hanau mehrere Menschen und wohl auch sich selbst erschossen.
Foto: Nicolas Armer, dpa | Blumen und Kerzen stehen am Marktplatz von Hanau - im Gedenken an die Opfer des mutmaßlich rassistischen Anschlags.  hatte ein Mann im hessischen Hanau mehrere Menschen und wohl auch sich selbst erschossen.
Karlheinz Haase
,  Lukas Brand
 und  Lukas Hellmuth
 |  aktualisiert: 07.04.2020 13:13 Uhr

Einen Tag nach dem rassistisch motivierten Terroranschlag von Hanau ist die Betroffenheit nach wie vor groß. Sinan Öztürk, Schweinfurter Stadtrat mit kurdischen Wurzeln, sagte gegenüber dieser Redaktion: "In Hanau wurden keine Kurden umgebracht und auch keine Türken, sondern es wurden Menschen umgebracht." Geschockt ist er dabei insbesondere von der gezielten Auswahl anders aussehender Menschen, die offenbar im Weltbild des Täters keinen Platz hatten. Als eine der Ursachen für derartige Brutalität nennt Öztürk die Verrohung der Sprache, die insbesondere durch das Auftreten "einer gewissen Partei" vorangetrieben werde.

Aynur Scheuring, Vorsitzende des Schweinfurter Integrationsbeirats, erklärte, die aktuellen Vorkommnisse hätten gezeigt , dass Rassismus als Tatmotiv sehr ernst genommen werden müsse. Erst vor wenigen Tagen sei das zehnjährige Bestehen des Gremiums mit einem klaren Bekenntnis zur Demokratie und einem Aufschrei gegen Rassismus und Hass gefeiert und die Kampagne "Zukunft findet gemeinsam statt" gestartet worden. Sie solle klar machen, dass Menschen mit Migrationshintergrund ein wertvoller Teil der Gesellschaft seien, so Scheuring.

"Es gibt überall gute und schlechte Menschen."
Read Saadeh aus Würzburg

Der Ausländer- und Integrationsbeirat der Stadt Würzburg bezieht ebenfalls in einer Pressemittielung Stellung: "Wir können nicht mehr passiv zusehen, dass unschuldige Menschen sterben." Des Weiteren wird vom Vorsitzenden Jeong-Soo Kim und Vorstand Antonino Pecoraro ein politisches Konzept gefordert, das Rechtsextremismus und Rassismus an der Wurzel bekämpft.

Read Saadeh, Inhaber des arabischen Supermarkts "Al Saadeh" in der Würzburger Semmelstraße, sagte, er habe keine Angst nach der Bluttat in Hanau. Er hat Mitgefühl für die Opfer und deren Angehörige, aber sieht auch keinen Sinn darin, sich jetzt verängstigen zu lassen. "Es gibt überall gute und schlechte Menschen."

Auch Mahir Bucak, der den Friseursalon "Barber Mahir" in der Innenstadt führt, will sich von dem Anschlag nicht einschüchtern lassen: "Hätte ich jetzt Angst wegen Hanau, müsste ich schon mein ganzes Leben lang Angst gehabt haben." Viel bedenklicher findet er es, dass jemand wie der 43-jährige Täter so leicht an Waffen kommt.

"Wir leben zusammen, wir sind eins. Was da passiert, geht gar nicht."
Arzu Gümüshan aus Karlstadt

Seyfi Aksar, der in Veitshöchheim ein Restaurant betreibt, sagte: "Dafür gibt es keine Worte, Es ist eine Schande für Deutschland und für alle Menschen." Er könne getrost zitiert werden. "Denn wenn wir jetzt Angst haben, dann haben die Terroristen ihr Ziel erreicht."

Arzu Gümüshan aus Karlstadt kennt Gülay Kaya aus Lohr, deren Freundin die Mutter des jungen Mannes ist, dem der Täter in die Schulter geschossen hat. Arzu Gümüshan hat auf Facebook ihr Mitgefühl ausgedrückt und Beielid gewünscht. Gülay Kaya war selbst in Hanau, um dort ihre Freundin zu unterstützen und das Ergebnis der Operation abzuwarten, die glücklicherweise gut verlaufen ist.

Arzu Gümüshan betonte: "Wir leben zusammen, wir sind eins. Was da passiert ist, geht gar nicht." Sie und ihr Mann Ferhat sehen Parallelen zur Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg. Für Ferhat Gümüshan seien die Probleme seit Jahren bekannt. Es werde aber sehr wenig getan. "Es wurde zu lange weggesehen. Solingen, Mölln und die anderen Anschläge - das schmerzt." Er findet: "Es geht schleichend, dass radikale Aussagen salonfähig werden. Da wird dann einfach hinzugefügt: Aber ich bin kein Nazi." Inhaltlich bleibe es aber dasselbe.

Die Gümüshans betonen aber, dass es auch ganz andere Menschen gibt. Sie seien ergriffen gewesen, als eine Karlstadterin am Tag des Anschlags Rosen an einige Personen mit Migrationshintergrund verteilte, um ihr Mitgefühl auszudrücken. Sie sei in Hanau geboren, sagte die Frau, und es tue ihr so leid, dass so etwas passieren kann.

In der Karlstadter Ditib-Moschee wurde für die Opfer von Hanau gebetet und den Hinterbliebenen viel Kraft gewünscht. Der Imam rief die Gläubigen zur Besonnenheit auf. Es solle sich niemand durch eine Provokation zu irgendwelchen Taten verleiten lassen, sondern ruhig bleiben.

Schweinfurter Initiative gegen das Vergessen verurteilt "dieses feige Verbrechen"

Ebenso wird neben der Betroffenen auch Kritik laut. So verurteilt die Schweinfurter Initiative gegen das Vergessen "dieses feige Verbrechen" massiv. Ihre Kritik richtet sich jedoch auch an Verantwortliche in der Politik. Nicht nur die AfD, die "mit einem ausgefeilten Konzept das Unsagbare ausspricht und aufhetzt und in die Öffentlichkeit streut", sondern auch die CSU habe mit AfD-ähnlichen Parolen und Begriffen wie "Herrschaft des Unrechts", "Anti-Abschiebe-Industrie" oder "Asyltourismus" zu einer Verschlimmerung der Situation beigetragen. Auch die Aufdeckungsarbeit in den zuständigen Bundesbehörden sei sehr undurchsichtig.

Mahnwache in Schweinfurt: Unter dem Motto "Gegenhalten. Rassistischem Hass, Hetze und mörderischer Gewalt" ruft die Initiative "Schweinfurt ist bunt" zur Mahnwache an diesem Samstag, 22. Februar. Sie beginnt um 13 Uhr am Albrecht-Dürer-Platz. Mit der Mahnwache soll ein Zeichen für ein friedliches, solidarisches und tolerantes Schweinfurt gesetzt werden.

 
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  • p-koch-dettelbach@t-online.de
    Ich arbeite täglich mit Menschen zusammen die man bei uns als Migranten bezeichnet (ein abwertend gemeinter Begriff finde ich).
    Und diese Zusammenarbeit und das Zusammenleben funktioniert einwandfrei. Meistens wird gemeinsam fleissig gearbeitet, manchmal hat man Spass miteinander und selten auch mal eine heftige Diskussion.
    So ist es gut und so soll es bleiben. Und wer dabei stört ist mein Feind. Stören tun die AfD mit Anhängern und andere Rechtsradikale. Sollen die doch auswandern (Migranten werden) und sich ein Land suchen das zu ihnen passt. Deutschland ist jedenfalls unser Land und nicht deren Land.
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  • eddipost
    Es ist so verdammt erbärmlich. Es ist mir egal wie die neuen selbst ernannten Herrenmenschen unsere Mitmenschen nennen. Egal ob lila, grün oder schwarz: wir haben alle Hoffnungen, Ängste, lieben, träumen oder wollen schlicht nur überleben. Lasst uns den rechten Feiglingen zeigen, dass Deutschland unser Land ist!
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  • jennifer_weidle@gmx.net
    @PKD
    Können Sie bitte erläutern warum sie den Begriff "Migranten" als abwertend empfinden. Meines Wissens ist dies einer der wenigen politisch korrekten Begriffe.
    Im Gegensatz zu "Flüchtling", der einen Mensch auf die Eigenschaft (auf Grund von Verfolgung, Folter, Hunger, etc.) geflüchtet zu sein, reduziert. Nebst dem unangebracht verniedlichendem -ing am Ende.
    "Ausländer" wird meist inkorrekt verwendet. Viele migrierte Menschen sind Deutsche, da sie einen deutschen Pass besitzen.
    Das Wort Migrant schließt zudem natürlich auch Menschen ein, die freiwillig nach Deutschland gezogen sind.
    "Menschen mit fremden/anderen Wurzeln" ist recht sperrig.

    Was würden Sie verwenden?

    Danke für eine Erläuterung und herzliche Grüsse,
    Jennifer Weidle, Freie Journalistin Mainpost
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