Die Wohngegend macht einen schönen Eindruck: schicke Ein- und Mehrfamilienhäuser, gepflegte Gärten, eine ruhige Atmosphäre. Nur etwas stört die beschauliche Idylle im oberen Frauenland. Nachbarn klagen über laute Musik aus dem Haus der Studentenverbindung Prager Teutonia zu Würzburg. Von volksverhetzendem Rechtsrock ist die Rede. Auch "Sieg Heil"-Rufe sollen die Burschenschaftler nachts ins Wohngebiet grölen.
"Für Ehre, Freiheit, Vaterland ist deutscher Burschen Herz entbrannt...", heißt es auf der Facebook-Seite der Burschenschaft Teutonia Prag zu Würzburg. Von den Mitgliedern werde erwartet "ehrenhaft zu leben, sich für die Heimat einzusetzen, ein Studium abzuschließen, Mensuren zu fechten und ein Leben lang dem Bund treu zu bleiben". Dieses Selbstverständnis verkündet die Vereinigung in den sozialen Medien. Zuhause sind die Teuten im Würzburger Frauenland. Hinter dicht gewachsenen Sträuchern und Büschen ist das größere Wohnhaus in der Lortzingstraße nur schemenhaft zu erkennen.
Nachbarschaftsinitiative "Frauenland Nazifrei" gegründet
Am Donnerstagabend stehen zwei junge Männer auf dem langgezogenen Balkon des Teuten-Hauses. Sie winken freundlich einem Fotografen zu und beobachten aus der Ferne, wie sich nach und nach immer mehr Nachbarn vor ihrem Zaun zu einer friedlichen Kundgebung versammeln. Jonathan Katzer aus der Straße hinter dem Verbindungshaus hat die Anwohner alarmiert und kurzerhand die Initiative "Frauenland Nazifrei" ins Leben und die Nachbarn zum friedlichen Protest gerufen.
Was ist passiert? In der Nacht von Freitag auf Samstag will Katzer laute "rassistische und ekelhafte" Naziparolen gehört haben. Er ortet sie eindeutig der Burschenschaft zu. "Das geht schon eine ganze Weile so", ruft er durchs Megafon seinen Nachbarn zu. Auch laute rechtsextreme Musik will Katzer gehört haben. Einen Liedtext gibt er in eine Internet-Suchmaschine ein. Der Treffer verweist auf die Zillertaler Türkenjäger, eine Neonazi-Band, deren rechtsextreme Lieder auf dem Index stehen.
120 Menschen kommen vor das Verbindungshaus
Viele Nachbarn sind gekommen. Junge Familien nehmen an der Kundgebung teil, auch ältere Menschen sind zu sehen, ebenso die Würzburger Antifa-Szene. Die Polizei schätzt, dass etwa 120 Menschen vor dem Haus der Prager Teuten stehen. Weil es deutlich mehr als 40 sind, wie Demo-Initiator Katzer im Vorgespräch mit den Sicherheitsbehörden vorsichtig schätzte, lässt die Polizei kurz nach 18 Uhr nicht mehr Leute vor das Verbindungshaus.
Unter den Demonstranten ist auch eine Gruppe Senioren. Ein Mann bestätigt, dass es schon häufig hier zu Ruhestörungen kommen würde. Laute Musik sei zu hören. Welche Musik genau, das könne er nicht erkennen, sagt er. Bei der Würzburger Polizei gilt das Verbindungshaus der Prager Teutonia nicht als "Hotspot" für nächtliche Ruhestörungen. "Da gibt es andere Verbindungshäuser, die auffälliger sind", sagt ein Sprecher. In den Aufzeichnungen der vergangenen zwei Jahre findet er exakt drei Einsätze am Haus der Burschenschaft. Zwei Ruhestörungen, einmal sei eine Feuerschale aufgefallen.
Kommissariat für Staatsschutz ermittelt
Rechtsextreme Umtriebe im Zusammenhang mit der Prager Teutonia sind dem Polizeipräsidium Unterfranken in jüngster Vergangenheit nicht aufgefallen. Seit einer Anti-AfD-Demo, die es vor dem Verbindungshaus im November 2016 gegeben hat, sei es ruhig gewesen, sagt Pressesprecher Enrico Ball vom Polizeipräsidium Unterfranken. Erst im Gespräch mit dem Initiator der Kundgebung seien die jüngsten Vorfälle bekannt geworden. Das Kommissariat für Staatsschutz habe daraufhin die Ermittlungen aufgenommen.
"Die sind in den letzten Jahren ziemlich abgetaucht", bestätigt auch Stefan Lutz-Simon vom Würzburger Bündnis für Demokratie und Zivilcourage. Die jüngsten Vorfälle verwundern ihn aber nicht. Denn die Würzburger Burschenschaft in der Lortzingstraße sei vor einigen Jahren, kurz nachdem sich Pegida in Dresden gegründet hatte, erste Anlaufstelle und Ausgangspunkt der Wügida-Demonstrationen in Würzburg gewesen. Daran, dass die schlagende Verbindung einen rechtsextremen Hintergrund hat, zweifelt Lutz-Simon nicht. "Ihre Auftritte in den sozialen Medien und auf der eigenen Homepage legen das nahe", sagt er.
Aufkleber der "Identitären Bewegung" am Briefkasten
Im Verbindungshaus soll derzeit auch ein führendes Mitglied der Jungen Alternative Würzburg wohnen, weiß Katzer. Am Briefkasten habe er auch schon einen Aufkleber der "Identitären Bewegung" kleben sehen, die vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuft wird. Weil dieses Sommersemester kein Aktivenbetrieb der Prager Burschenschaft Teutonia stattfinde, könne sich die Verbindung ohne eigene Nachforschungen zu den Vorwürfen anzustellen nicht äußern, heißt es in einer schriftlichen Stellungnahme der Burschenschaft. "Sollten sich die Vorwürfe auf Mitglieder des Bundes beziehen und bestätigen, so werden wir entsprechende Maßnahmen ergreifen."
Dass es in jüngster Vergangenheit im Rahmen einer Feierlichkeit auf dem Haus der Burschenschaft zu den beschriebenen Vorfällen gekommen sei, ist dem Bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz bekannt. Aber: "Hinsichtlich der Burschenschaft Teutonia Prag zu Würzburg liegen derzeit keine hinreichend gewichtigen tatsächlichen Anhaltspunkte für extremistische Bestrebungen vor", teilt die Pressestelle des Landesamtes für Verfassungsschutz auf Nachfrage dieser Redaktion mit.
"Nazis raus"-Rufe im Frauenland
Die Aktivitäten der Verbindung würden aber "genau im Hinblick auf mögliche Bezüge zur rechtsextremistischen Szene verfolgt". Die Burschenschaft Prager Teutonia ist im Dachverband Deutsche Burschenschaft organisiert, der immer wieder in Verbindung mit der rechtsextremen Szene genannt wird. Ist das auch ein Hinweis auf entsprechende Verstrickungen der Würzburger Burschenschaft Prager Teutonia? Der Dachverband deutschsprachiger Burschenschaften werde derzeit nicht von den Behörden für Verfassungsschutz beobachtet, so der Verfassungsschutz. "Allerdings stehen Einzelobjekte innerhalb der Deutschen Burschenschaft unter Beobachtung von Verfassungsschutzbehörden, so die Aktivitas der Münchner Burschenschaft Danubia oder die Hamburger Burschenschaft Germania", teilt die Pressestelle mit.
Am Donnerstag sind kurz nach 19 Uhr vereinzelt "Nazis raus"-Rufe im oberen Frauenland zu hören. Dann gehen die Anwohner zurück in ihre Häuser. Alles bleibt friedlich.
Die schriftliche Stellungnahme der Prager Burschenschaft Teutonia ging um 17:23 Uhr in der Redaktion ein, so dass es in einer früheren Version dieses Textes noch hieß: "Die Burschenschaft Prager Teutonia ist am Freitag für eine Stellungnahme zu den Vorwürfen nicht zu erreichen."
Und wenn selbst die Polizei sagt, das Verbindungshaus sei seit Jahren unauffällig, dann wird das gewertet als "sie sind abgetaucht"...
Wenn man den Text genau liest, so bleibt als einzig konkreter Vorwurf nur die Lautstärke der Musik. Und laute Musik gibt es ab und zu überall dort zu hören, wo mehrere Studenten zusammen leben, das ist nichts neues unter der Sonne.
Okay, diese Demonstranten hören sicherlich nie laute Musik, sind sie doch durch die Bank wohlerzogene junge Leute, die immer sich an die Regeln halten.
Ein typischer Sommerloch-Artikel der Mainpost.