Die Sorge vor einer Sperrzeitverlängerung treibt Gastronomen und Nachtschwärmer weiter um. Ein Missverständnis hatte eine ungenaue Berichterstattung dieser Redaktion ausgelöst. Der falsche Eindruck war entstanden, die Sperrzeitverlängerung komme automatisch, sollten die Gastronomen nicht bis Juni für ausreichend nächtliche Stille vor ihren Betrieben sorgen.
Ein Vierteljahr, so beschloss der Bau- und Ordnungsausschuss Mitte März, haben die Gastronomen Zeit, ein Bündel von Maßnahmen umzusetzen. Dann wertet die Stadt aus, was es gebracht hat. Sollte der städtische Ordnungsreferent Wolfgang Kleiner meinen, die Maßnahmen hätten ihren Zweck nicht erfüllt, würde der Stadtrat über den früheren Schankschluss entscheiden.
Probezeit wird nicht ausgedehnt
Dem Antrag von Michael Gerr (Grüne), die Probezeit auf ein Jahr auszudehnen, widersprach Kommunalreferent Wolfgang Kleiner – der "Themenkreis" dürfe nicht aufgeschoben werden. Der Ausschuss stimmte mit elf gegen fünf Stimmen für die kurze Variante. Abschließend stimmten 15 Ratsmitglieder für Kleiners Plan, nur Gerr war dagegen.
Carsten Schmitt, Chef des "Loma" und ein Sprecher der Gastronomen in der Sanderstraße, sagte dazu im Gespräch mit dieser Redaktion: "Das ist unmöglich in einem Vierteljahr." Was jetzt ist, habe sich in mehr als zehn Jahren entwickelt. "Diese Kultur zu verändern und zu verbessern" benötige Überzeugungsarbeit und mehr Zeit.
Kleiner hat mehrfach erklärt, er wolle keine Sperrzeitverlängerung, er wolle das Problem einvernehmlich mit den Gastronomen lösen. Aber: "Letztendlich genießt für mich der Schutz der Anwohner höchste Priorität." Wenn "alles reißen sollte, wollen wir es nicht auf die lange Bank schieben". Er verwies auf bayerische Städte wie Passau und Deggendorf, "die alle Mittel ausgeschöpft haben, da hat eine Sperrzeitverlängerung zu Besserungen geführt".
Polizei unterstützt Sperrzeitverlängerung
In derselben Ausschusssitzung sagte Klaus Böhm, ein Leitender Polizeidirektor, "eine Sperrzeitverlängerung würde einen positiven Effekt erzielen, nicht nur für Anwohner, auch für Nachtschwärmer", die dann seltener Opfer von Gewalttaten würden. Die Polizei unterstütze das.
Im Gespräch mit dieser Redaktion erklärte dazu Tilman Horsinka, der Sprecher von #nachtfüralle, einem Zusammenschluss von Gastronomen und dem studentischen Sprecherrat der Uni: "Was nicht zur Sprache kommt ist, dass da die Innenstädte tot sind." Er zweifle, ob es sinnvoll sei, dass Würzburg sich an Städten wie Deggendorf orientiere.
Gastronomen und Studierende gegen Sperrzeit
Gastronomen und Studierenden hielten "grundsätzlich die verlängerte Sperrzeit für kein geeignetes Mittel, um die Ziele zu erreichen". Eine Sperrzeit von drei Uhr am Wochenende würde bedeuten, dass "alle Leute aus jeder Gastro um drei Uhr auf der Straße sind, anstatt wie bisher nach Hause zu tröpfeln".
Es gebe "nicht nur den restriktiven Weg, sondern komplett konträre Ansätze, um das gleiche Ziel zu erreichen" – er verweist auf Studien der TU Dresden und der Uni Bamberg (wir berichteten). Diese Argumente, meint Horsinka, würden bisher vernachlässigt.
Petition gegen Sperrzeit
In einer gemeinsamen Pressemitteilung schreiben Gastronomen und Sprecherrat, eine nachhaltige Verbesserung für Bürgerinnen und Bürger, die "sich bedauernswerterweise in ihrer Nachtruhe gestört fühlen", gebe es nur "in einer wirklich partnerschaftlichen Zusammenarbeit". Die Behörden müssten "einzelne Problemfelder lokal und individuell betrachten, die Gastronomie ihre Verantwortung unmittelbar in und um ihren Lokalitäten" wahrnehmen und die Polizei "ihrer ureigensten Aufgabe" nachkommen, "auf den Straßen auch bei Nacht für Ruhe und Ordnung zu sorgen".
Eine Online-Petition gegen eine Sperrzeitverlängerung wurde binnen drei Wochen rund 7200 Mal unterschrieben.