zurück
Würzburg
Warum fränkische Bauern die Milliardenhilfe kritisieren
Mit einer Milliarde Euro will die Politik die Landwirte unterstützen, damit diese sich auf die neue Düngeverordnung einstellen können. Die Bauern sind wenig begeistert.
Angesichts heftiger Verwerfungen wegen der geplanten Verschärfung der Düngeverordnung plant die Große Koalition eine Milliardenhilfe für die Bauern.
Foto: Getty Images | Angesichts heftiger Verwerfungen wegen der geplanten Verschärfung der Düngeverordnung plant die Große Koalition eine Milliardenhilfe für die Bauern.
Angelika Kleinhenz
 und  dpa
 |  aktualisiert: 07.04.2020 13:10 Uhr

Die Große Koalition reagiert auf die Bauernproteste gegen die geplante Verschärfung der Düngeverordnung. Die Landwirte sollen innerhalb von vier Jahren mit einer Milliarde Euro unterstützt werden. Das Geld solle bei Umstellungen helfen, etwa bei der Anschaffung neuer Gülleanlagen. CSU-Chef Markus Söder sprach von einem "klaren Signal der Wertschätzung und der Unterstützung in schwierigen Zeiten" für die Bauern. Weil Nitratwerte im Grundwasser zu hoch sind, hat die EU-Kommission Deutschland beim Europäischen Gerichtshof verklagt. Daher muss Berlin weitere Düngebeschränkungen angehen.

Landwirte wollen neue Düngeverordnung verhindern

Haben die Proteste der vergangenen Monate, von Berlin bis Iphofen (Lkr. Kitzingen), für die Bauern also etwas gebracht? Landwirt Claus Hochrein, Sprecher der Vereinigung "Land schafft Verbindung" in Unterfranken, zeigt sich enttäuscht. Die Landwirte wollten keine "Almosen" und schon gar nicht "wieder als Subventionsempfänger" dastehen. Die Politik habe nichts verstanden. Man wolle keine neuen Düngelager bauen, sondern die neue Düngeverordnung verhindern. "Sie ist schlecht für unsere Pflanzen und schlecht fürs Grundwasser", so Hochrein.

So soll künftig etwa die Herbstdüngung in nitratbelasteten Gebieten verboten sein. Die Folge, so die Landwirte: Die Zwischenfrüchte, die dafür sorgen, dass über den Winter weniger Nitrat ins Grundwasser ausgewaschen wird, würden eingehen. Darüber hinaus dürfen in belasteten Gebieten Bauern ihre Pflanzen künftig nur noch 20 Prozent unter Bedarf düngen. Die Folge, so die Landwirte: Der Humus, der als CO2-Speicher, Erosionsschutz und Wasserspeicher gedacht sei, werde langfristig aufgezehrt. "Das ist wie beim Abnehmen, irgendwann sterben unsere Böden und Pflanzen den Hungertod", so Hochrein.

15 Grundwasserkörper in Unterfranken gelten als nitratbelastet

Das Problem: Bereits seit Jahren gilt das Grundwasser in Deutschland als nitratbelastet. In Unterfranken sind laut Wasserwirtschaftsamt in Aschaffenburg von 45 Grundwasserkörpern 15 in einem schlechten Zustand, was die Nitratwerte angeht. Davon sind zwei zusätzlich mit Pflanzenschutzmitteln belastet. Ein Grundwasserkörper ist ein, etwa durch Gesteinsschichten, abgegrenztes Grundwasservolumen. In ganz Bayern werden von 257 Grundwasserkörpern 63 als schlecht eingestuft. Insgesamt gelten in Deutschland 27 Prozent der rund 1200 Grundwasserkörper als belastet.

In Unterfranken, wo sich jedes Jahr sehr wenig neues Grundwasser bildet, dauert es zwischen zehn und 30 Jahre, bis die Nitratwerte wieder sinken. Trotzdem sind Erfolge sichtbar: Dort, wo Wasserversorger mit Landwirten freiwillige Kooperationen eingehen, Landwirte weniger düngen und für ihren Minderertrag Ausgleichszahlungen von den Wasserversorgern erhalten, hat sich die Grundwasserqualität verbessert.

60 Kooperationen von Wasserversorgern und Landwirten in Unterfranken

Laut Regierung von Unterfranken gibt es 60 freiwillige Kooperationen zwischen 310 Wasserversorgern und Hunderten von Landwirten in Unterfranken. Als Vorzeigemodell gilt das Werntalprojekt im Trinkwassereinzugsgebiet von Karlstadt, Thüngen und Arnstein. Seit 2002 habe man es dort geschafft, die Nitratgehalte deutlich unter den Grenzwert von 50 Milligramm pro Liter Wasser zu senken.

Die Ausgleichszahlungen der Wasserversorger für die Landwirte werden auf den Wasserpreis umgelegt. In Unterfranken sind das zwischen einem und 20 Cent je Kubikmeter abgegebenes Trinkwasser. Allerdings beschränken sich die Kooperationen auf die Einzugsgebiete der Wasserversorger. Die Grundwasserkörper aber sind wesentlich größer. (Mit Informationen von dpa)

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Würzburg
Angelika Kleinhenz
dpa
Bauernproteste
Deutsche Presseagentur
Europäische Kommission
Europäischer Gerichtshof
Gerichte (Recht)
Große Koalition
Landwirte und Bauern
Markus Söder
Pflanzen und Pflanzenwelt
Pflanzenschutzmittel
Regierung von Unterfranken
Regierungen und Regierungseinrichtungen
Thorsten Glauber
Trinkwasser
Wasser
Wasserwirtschaftsämter
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • sepele
    Die Bauern glauben immernoch, sie könnten die Zeit zurückdrehen und den Mist wie eh und je völlig bedenkenlos auf dem Acker abkippen.

    Das wird nicht passieren. Und das ist gut so.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • p-koch-dettelbach@t-online.de
    Wen trifft eigentlich die Düngerverordnung?
    Die bäuerlichen Landwirte oder die industriell arbeitenden Erzeuger von Billigstfleisch aus Massentierhaltung. Ich sage letzere.
    Und was soll die Herbstdüngung? Da wächst nichts auf dem Acker was die Gülle aufnehmen könnte. Wissenschaftlicher Konsens ist, dass Überdüngung zu Nitrat im Grundwasser führt. Die nicht von Planzen gebrauchten Mineralien, auch Nitrate, versickern mit Regenwasser in Richtung Grundwasser. Der stinkende Rest wird Gott sei Dank auf dem langen Weg zum Grundwasser durch Bodenbakterien entsorgt.
    Ich sage, Herbstdüngung ist Abfallentsorgung auf Kosten der Allgemeinheit. Und diese Allgemeinheit zahlt jetzt noch mal eine Milliarde Euro an die Abfallverklapper. Seltsam.
    Ich, weil kein Landwirt, darf meine Exkremente nicht als Dünger im eigenen Garten verwenden. Ich muss für die Entsorgung in der Kläranlage bezahlen.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • gaugruzi@web.de
    Hallo PKD. Sie haben die Problematik nicht verstanden (so wie viele andere in Deutschland auch leider nicht) Deswegen gehen die Landwirte auf die Strasse und skandieren: Redet mit uns und nicht über uns ! Die Herbstdüngung ist u. a. eine Düngung mit Gülle. Diese durfte man bisher schon ab Juli auf abgeernteten Feldern machen ! Weil dann die Zwischenfrucht bzw. der Raps, der im August gesät wird, schon etwas angedüngt wird und somit auch wachsen kann ! Die Menge an Dünger ist ist begrenzt und man nicht einfach seine Gülle entsorgen ! Durch Wachstum entzieht die Zwischenfrucht bzw. die Pflanze dem Boden Dünger und Reststickstoff. Nebenbei bindet die Pflanze CO 2 ! Also alles im grünen Bereich somit - ausser Ihr Kommentar der so nicht korrekt ist. Wenn in Ihrem Garten eine ausreichende aufnahmefähige Pflanzenvielfalt vorherrscht, dann würden diese Pflanzen auch Ihren Dünger aufnehmen können. Wenn Sie ein Steinbeet oder nur gepflastert haben, dann klappt das leider nicht !
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • gaugruzi@web.de
    @ PKD. Bitte suchen Sie einen Landwirt Ihres Vertrauens auf und reden Sie mit Ihm. Er kann Ihnen viele erklären und weiterhelfen ! In Unterfranken gibt fast keine "Industriell arbeitente Erzeuger" Alles Familienbetriebe, die 2 oder 3 Generationen mit dem Hof ernähren müssen. Da will keiner zum Arbeitsamt / Sozialamt rennen !
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Motorradfahrer83
    Dann schauen sie doch mal was im Herbst auf den Feldern steht und dann denken sie über ihre Aussage nach.
    Ich sage nur: Zwischenfrucht. Und welchen positiven Sinn diese hat, sollten sie sich mal erklären lassen.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • p-koch-dettelbach@t-online.de
    Es gibt Äcker mit Zwischenfrucht, das weiss ich.
    Es gibt aber noch mehr Äcker ohne Zwischenfrucht. Und sogar auf Wiesen wird Gülle abgeladen.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • flyarcus@gmx.de
    @PKD... sie schreiben es ja, sie sind kein Landwirt...und genau deshalb haben sie gleich null oder sogar -minus- Ahnung vom Düngen. Danke trotzdem für die Belustigung am Morgen grinsen
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • p-koch-dettelbach@t-online.de
    Wir haben einen Hinweis zu Ihrem Kommentar. Bitte belegen Sie die Behauptung, dass die Gülle ans Grundwasser gelangt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten