Zwei ganze Tage verbringt der Stadtrat ab Donnerstag wieder mit den jährlichen Haushaltsberatungen. Warum sind diese so wichtig?
Robert Scheller: In den Beratungen wird das städtische Arbeitsprogramm des nächsten Jahres festgelegt. Wir entscheiden gemeinsam, was angegangen wird und was nicht. Der Haushalt einer Stadt ist in Zahlen gegossene Kommunalpolitik.
Und die Aufgabe des Kämmerers ist das Sparen?
Scheller: Die Aufgabe des Kämmerers ist das Haushalten. Dazu kann auch das Sparen gehören. Wenn wir im Haushalt alle Wünsche der Verwaltung und der Politik berücksichtigen würden, könnten wir ihn nie ausgleichen. Mit den Referaten hat sich die Kämmerei im September bereits abgestimmt. Auch der Stadtrat hat die wesentlichen Projekte für die nächsten Jahre grundsätzlich beschlossen.
Dabei wurde ein 500-Millionen-Euro-Paket geschnürt. Was muss man dann noch beraten?
Scheller: Die Fraktionen und Gruppierungen bringen zusätzliche Themen in die Debatte, mit denen sie ihre politische Handschrift zeigen.
Sie beantragen Mittel für konkrete kulturelle, soziale oder verkehrliche Projekte, für Schulen oder Radwege – je nach ihren politischen Schwerpunkten. Die Stadträte haben auch direkten Kontakt zu Bürgern, Verbänden oder Vereinen. Aus diesem Bürgerwillen entstehen verschiedene Anträge, über die wir bei den Haushaltsberatungen entscheiden. Das ist gelebte Demokratie.
Heuer fordern zum Beispiel mehrere Fraktionen,
im nächsten Jahr den Greinberg auszubauen, mehr Stadtbäume zu pflanzen oder einen Park&Ride-Standort zu bauen. Wovon hängt es ab, ob Sie Geld für einen Vorschlag locker machen?
Scheller: Als erstes geht es um die Frage, ob wir als Kommune überhaupt dafür zuständig sind und ob diese Aufgabe zu unseren Pflichten gehört. Zweitens müssen wir die Maßnahme natürlich finanzieren können. Drittens hat der Kämmerer immer den Gesamthaushalt im Blick und versucht entsprechend der Prioritäten ausgleichend zu wirken. Da geht es dann darum, abzuwägen zwischen Feuerwehr, Sport, Verkehr, Kultur oder Soziales. Wenn wir zum Beispiel jetzt erst einmal Geld in den Ausbau von weiteren Kindertagesstätten stecken, müssen Sanierungen vielleicht noch etwas warten.
Ich warne besonders vor Ausgaben, die andere nach sich ziehen, indem man zum Beispiel einen Präzedenzfall schafft, der Begehrlichkeiten anderer weckt. Andererseits kann eine Investition auch langfristig Kosten sparen, indem zum Beispiel durch Sanierung die Energiekosten gesenkt werden.
Erwarten Sie hitzige Debatten bei den Beratungen?
Scheller: Ich weiß nicht, welche Anträge noch kommen werden. In der Vergangenheit haben wir immer erfolgreich um einen Konsens gerungen und den Haushalt einstimmig verabschiedet. Das sollte uns auch dieses Mal wieder gelingen.
Wieviel Luft hat der Haushalt 2018 noch für Extrawünsche?
Scheller: Bei einem 500-Millionen-Euro-Volumen wie 2018 ist natürlich immer etwas Luft. Erfahrungsgemäß wird das eine oder andere Projekt doch nicht nächstes Jahr abgeschlossen. Wir planen ja auch vorsichtig. Insofern kann man von einem Spielraum von cirka 1,5 Millionen Euro ausgehen.
Die Steuereinnahmen sprudeln. Warum soll die Stadt dennoch sparen?
Scheller: Die Konjunkturprognosen sind tatsächlich weiter günstig. Aber es gibt auch Stimmen, die mahnen, dass auch ein historisch anmutender Aufschwung irgendwann wieder aufhören wird. Jedes wirtschaftliche Verhalten ist zyklisch. Ich bin 2002 zur Stadt Würzburg gekommen, als wir für mehrere Jahre aufgrund der schlechten Konjunktur keinerlei finanziellen Spielraum hatten. So eine Situation will ich vermeiden. Ambitionierte Langzeit-Projekte wie Theatersanierung, Schulsanierungsprogramm oder die Anschaffung neuer Straßenbahnen binden uns langfristig. Deshalb warne ich davor, unseren Handlungsspielraum der Zukunft noch weiter einzuschränken.
2008 hat die Stadt 57 Millionen Euro Gewerbesteuer eingenommen, nächstes Jahr erwartet man 89 Millionen Euro. Was passiert mit den zusätzlichen 30 Millionen?
Scheller: Leider steigen die Ausgaben mit den Einnahmen. In den vergangenen zehn Jahren sind alleine die Personalkosten um 42 Millionen auf 146 Millionen Euro angestiegen. Und wir investieren wieder. In den vergangenen vier Jahren haben wir zwischen 40 und 55 Millionen Euro jährlich für Bauinvestitionen ausgeben.
Was sind die wichtigsten Investitionen im nächsten Jahr?
Scheller: Schulsanierungen, Kindertagesstätten, Quellenbachparkhaus, Weiterbau der Nürnberger Straße und vor allem des Hublands. Im wesentlichen werden wir angefangene Projekte weiterführen.
Der rund 233 Millionen Euro hohe Schuldenberg der Stadt ist heute höher als 2005. Müsste man nicht in konjunkturell guten Zeiten als erstes mal die Schulden abbauen?
Scheller: Das Plus auf der Einnahmenseite noch mehr zum Schuldenabbau zu nutzen, wäre in der Tat wünschenswert. Das Problem liegt aber, neben den schon erwähnten steigenden Ausgaben, im Investitionsstau. In den „schlechten Zeiten“ Anfang des Jahrtausends mussten wir vieles aufschieben. Die Sanierung von Schulen oder Straßen zum Beispiel. Das arbeiten wir seit einigen Jahren ab. Zudem bauen wir unsere Rücklagen auf, um ein Polster für künftige Investitionen zu haben.
Vielleicht fehlt ja auch einfach der Druck zum Abbau der Schulden? Anders als ein Privathaushalt, kann ja eine Kommune nicht pleite gehen.
Scheller: Das nicht, aber sie kann von ihrer Schuldenlast erdrückt werden. Städte in Nordrhein-Westfalen können keine Investitionen tätigen, weil sie so viele Zinsen zahlen müssen.
Als Extrabonus bitte einmal Kämmererdeutsch für Anfänger: Was ist die Zuführung des Verwaltungshaushaltes an den Vermögenshaushalt?
Scheller: Das ist der Betrag, den wir für die Tilgung von Schulden sowie Investitionen verwenden können, weil unsere laufenden Einnahmen, z. B. aus Steuern, Gebühren oder Beiträgen, höher sind als unsere laufenden Ausgaben, z. B. für Personal- und Geschäftsausgaben oder für die Sozialhilfe.