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WÜRZBURG
Warum das Kopftuch ein hochexplosives Symbol ist
Kopftuch       -  Kopftücher sorgen für Diskussionen - nicht nur am Arbeitsplatz oder in Schulen, sondern kürzlich erst in der Uni Würzburg.
| Kopftücher sorgen für Diskussionen - nicht nur am Arbeitsplatz oder in Schulen, sondern kürzlich erst in der Uni Würzburg.
Gisela Rauch
 |  aktualisiert: 07.04.2020 11:30 Uhr

Wenn ein Text kurz nach seinem Erscheinen von vielen anderen Medien weiterverbreitet wird und im Laufe der nächsten Stunden deutschlandweit tausendfach kommentiert wird, dann heißt das in Zeiten des Online-Journalismus nicht notwendigerweise, dass der Text einen bedeutenden Vorfall beschreibt.

Sicher aber behandelt er ein Thema, das starke Emotionen hervorruft. Das ist passiert bei dem Bericht über den Kopftuch-Streit an der Würzburger Uni. Man muss kein Hellseher sein, um vorherzusagen, dass dem Würzburger Kopftuch-Streit in den nächsten Jahren viele ähnliche Debatten folgen werden.

Mehr als ein Stück Stoff

Denn das Kopftuch ist ja nicht nur ein Stück Stoff. Sondern ein mächtiges, hochexplosives Symbol. Hochexplosiv ist es deshalb, weil es nicht eine einzige klare Bedeutung transportiert, sondern, je nach Blickwinkel, gleichzeitig viele verschiedene Bedeutungen zulässt – Bedeutungen, die sich widersprechen. Jeder kennt wohl dieses irritierende Kippbild, das manchen eine alte Hexe, manchen eine junge Frau sehen lässt. Aber nicht beide gleichzeitig. Ein Blickwinkel schließt den anderen aus.

Genauso ist es mit dem Kopftuch. Für tolerante, gutmeinende Liberale steht es fürs Recht auf freie Religionsausübung, das in einer multikulturellen Gesellschaft keinerlei Problem darstellen sollte. Aus Sicht konservativer Rechter ist diese Einschätzung arglos und naiv. Sie deuten das Kopftuch als Unwillen zur Integration, für ihre aggressiv rechtspolitischen Cousins etwa von der AfD steht das Stück Stoff in Zeiten der Masseneinwanderung symbolisch für die Bedrohung durch Überfremdung.

Feministinnen gegen die Kopfbedeckung

Feministinnen halten diese Sichtweise für rassistisch, bekämpfen das Kopftuch aber ebenfalls. Für sie ist das Kopftuch, das es einer Frau verwehrt, sich frei und mit schöner Haarpracht zu zeigen, ein Symbol der Unterdrückung – tatsächlich wird ja in vielen islamischen Ländern immer noch das Erscheinungbild der Frau von Männern kontrolliert, werden dort Verstöße gegen archaische Kleidungsvorschriften strengstens bestraft. Und als ob das alles noch nicht kompliziert genug wäre, gibt es neben diesen drei verbreiteten Sichtweisen auch noch die Sichtweise von Professorin Müller-Brandeck-Bocquet.

Müller-Brandeck-Bocquet begründet die Aufforderung an die Studentin nach Abnehmen des Kopftuchs mit dem Argument, die Universität sei ein säkularer Raum, religiöse Bekenntnisse hätten dort nichts zu suchen. Auch wenn diese Haltung Akademikern sympathisch sein dürfte, ist die Argumentation nicht wohl überlegt. Nicht angemessen einer Professorin, die an einer Uni lehrt, die sich immer noch Konkordatslehrstühle leistet – also Lehrstühle, bei deren Besetzung die katholische Kirche mitbestimmt. Säkular?

Harte Debatten sind zu erwarten

Von wegen. Auch die Gesetzeslage spricht gegen Müller-Brandeck-Bocquet. Das Grundgesetz erlaubt freie Religionsausübung. Das Bundesverfassungsgericht hat in letzter Zeit überwiegend Muslimas, die das Recht aufs Kopftuchtragen auch im öffentlichen Raum oder in öffentlichen Ämtern einklagten, Recht gegeben. Das sollte eine Politikprofessorin wissen.

Nichtsdestotrotz weist das kleine Würzburger Kopftuch-Scharmützel über sich hinaus. Es lässt uns ahnen, welche harten Islam-Debatten auf uns zukommen. Es zeigt, dass es dabei keine „richtige“ Sichtweise gibt, sondern nur gesetzeswidrige und gesetzeskonforme. Seine Sichtweise anderen aufdrücken kann nur, wer übers Parlament oder übers Bundesverfassungsgericht Gesetzesänderungen erwirkt. Wäre ein schönes Langzeitprojekt für eine Politikprofessorin.

 
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  • kerstin.celina@gmx.de
    Liebe Frau Rauch, danke für Ihren Hinweis auf die Konkordatslehrstühle, die zeigen, dass Unis eben kein völlig säkularer Raum sind. Wichtig ist, dass an Unis frei gelehrt und geforscht und diskutiert werden kann, dieser Geist muss an den Unis vorgelebt werden. Und um das umzusetzen, ist es völlig egal, ob eine erwachsene Studentin freiwillig ein Kopftuch trägt oder nicht, das gehört einfach zur grundsätzlich gelebten Toleranz dazu. Sie, Frau Rauch, haben auch Recht damit, dass das Kopftuch verschiedene Bedeutungen transportiert. Ein Kopftuch einer Studentin an der Uni Würzburg steht eben nicht für Zwang und Unterdrückung, während das bei einerVerhüllung andernorts und unter anderen Lebensumständen ja durchaus der Fall ist. Wenn die Debatte über den Vorfall an der Uni Würzburg generell und Ihr Kommentar dazu beitragen könnten, dass manche der Leser und Kommentatoren in Zukunft eher den Einzelfalls als das Symbol betrachten, wäre das ein positives Ergebnis.
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  • rid.cully
    Naja, wahrscheinlich eh wieder vergebene Liebesmüh, weil ein Zensor daszwischenhockt, aber den Versuch ist's wert. Das Kopftuch ist auch ein Symbol der Überlegenheit über die "Kuffar". Mein mit einigem Wissen verbundenes Bild des Islam hat sich, bezogen auf sein Wirken in Deutschland, doch sehr verändert, seit ich mich mit aktuellen Fatwen beschäftige, speziell mit den Fragen von Muslimen aus unserem Sprachraum an die Gelehrten. Eine interessante, durchaus moderate Quelle: islamfatwa.de, dort besonders der Bereich "Soziale Angelegenheiten". Für mich gibt die junge Frau kein gutes Bild ab.
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  • Helmut_Faul_HF2017
    Frau Rauch hat recht: Es werden harte Debatten über den Islam auf uns zukommen. Hart und dringend notwendig, denn die letzten Jahre waren geprägt von Anbiederung an den Islam durch die etablierte Politik, durch die Medien und auch durch die Kirchen. Anbiederung ist die Vorstufe der Unterwerfung. Viele unserer Mitbürger erkennen verblended durch ihre Multi-Kulti-Fantastereien nicht, dass der Hauptfeind unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung der Islam ist und nicht ein paar vereinzelte Nazi-Hanseln.
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  • Lebenhan1965
    Das Posting verstößt gegen unsere Netiquette und wurde daher gesperrt.
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